Leo Adler

Verlegeort
Heinrich-Heine-Straße 73
Historischer Name
Prinzenstraße 73
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
16. November 2015
Geboren
09. Juni 1898 in Radymno (Galizien / Österreich)
Beruf
Pelzhändler
Deportation
am 29. Oktober 1938 nach Zbąszyń / Bentschen
Ermordet
16. September 1939 in Dynów / Dünhof

Leo Adler wurde am 9. Juni 1898 in Radymno (Galizien, damals zu Österreich gehörig, seit 1918 zu Polen) geboren und kam um die Jahrhundertwende mit seiner Familie nach Deutschland. Er heiratete die am 3. Dezember 1898 geborene, ebenfalls aus Galizien stammende Sabina Scheinmann. Sie bekamen drei Kinder – Norbert (geb. 1922), Fedor (geb. 1925) und Rita (geb. 1929) – und konnten sich bis 1933 ein gut gehendes Pelzgeschäft in Berlin aufbauen. <br />
Die Kinder genossen eine jüdisch-orthodoxe Erziehung und ein behütetes Zuhause. Im Jahr 1935 mussten die Adlers das Ladengeschäft aufgeben, was wahrscheinlich im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Gesetzgebung für jüdische Kleinhändler und Besitzer stand. Den Verkauf von Pelzen setzten die Adlers dennoch fort, allerdings von nun an in einem Zimmer ihrer Wohnung in der Prinzenstraße 73 (heute Heinrich-Heine-Straße 73).<br />
Die so genannte „Polenaktion“ vom 28. bis 29. Oktober 1938, die erste Massendeportation von Juden aus dem Deutschen Reich, bedeutete den nächsten massiven Eingriff des Nazi-Regimes in das Leben der Familie Adler: Sie riss die Familie für immer auseinander und war der Beginn von jahrelangen Deportationen und Fluchten um die halbe Welt. <br />
In Berlin betraf die „Aktion“, anders als in den anderen Städten, vorwiegend Männer und männliche Jugendliche ab 16 Jahren. Durch einen bei der Polizei beschäftigten Bekannten wurde die Familie rechtzeitig vor der Gefahr gewarnt, so dass Leo und Norbert Adler die Nacht bei einem Verwandten verbrachten. Als sie jedoch am nächsten Tag in ihre Wohnung zurückkamen, fanden sie die verstörte Sabina Adler vor, die von der Polizei gedroht worden war. Um den Rest der Familie nicht in Gefahr zu bringen, entschieden der Vater und der älteste Sohn, sich freiwillig der Polizei zu stellen. Bis auf Unterwäsche und ein Paar Hosen durften sie nichts mitnehmen.<br />
Leo und Norbert Adler wurden mit einem Zug in Richtung Polen deportiert. Überrascht von der massenhaften Ausweisung jüdisch-polnischer Staatsbürger aus Deutschland und nicht willens, diese aufzunehmen, ließ die polnische Regierung tausende Deportierte in der kleinen Grenzstadt Zbąszyń festhalten. <br />
Während Leo Adler hier mehrere Monate zubringen musste, wurde Norbert bereits nach wenigen Tagen mit anderen Kindern unter 16 Jahren aus Zbąszyń weggebracht. Mit der Unterstützung der jüdischen Gemeinde von Gszescow reiste der Junge weiter ins südpolnische Schtetl Dynów zum Onkel seines Vaters. Auf den Rat seiner Eltern, mit denen er in Kontakt bleiben konnte, ging er nach wenigen Wochen nach Warschau, um zu versuchen, ein Visum für die USA zu bekommen. <br />
Am 28. März 1939 wurden auch Sabina, Fedor und Rita Adler aus Berlin ausgewiesen. Der Vorgang ist kaum weniger brutal und kriminell als die Ausweisung vom 28./29. Oktober. Im Jahr 1959 erinnert sich Sabina Adler: „Ich wurde gezwungen, meine Wohnung unter der Bewachung der Polizei abzuschliessen und ihnen die Schlüssel zu übergeben...“<br />
Alle Möbel, Wert- und Haushaltsgegenstände, darunter Pelzwaren im Wert von 7000 bis 8000 Reichsmark, musste die Familie zurücklassen. Mit zwei kleinen Kindern musste Sabina Adler bei Nacht und Nebel über die polnische Grenze. Da der 28. März 1939 ein Samstag war, konnte sie nicht mehr das polnische Konsulat aufsuchen, um einen Einreisestempel zu bekommen.<br />
Die Adlers waren nicht als einzige polnisch-jüdische Familie von den Ausweisungen an diesem Tag betroffen: Nach den Erinnerungen von Rita (später verheiratete Berger) wurden die drei in einer Gruppe von Flüchtlingen in der Nacht über die Grenze bis nach Sosnowiec geschmuggelt. Insgesamt wurden bis zum Kriegsbeginn im September 1939 etwa 32.000 polnische Juden aus Deutschland ausgewiesen. <br />
Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Verwandten in Krakau reisten die Mutter und die beiden Kinder zum Vater nach Zbąszyń weiter. Da die Stadt abgeriegelt war, mussten sie sich hineinschmuggeln. Sabina Adler reiste schon bald zu ihrem ältesten Sohn nach Warschau weiter. Ihre Versuche, im amerikanischen Konsulat Papiere für die Ausreise zu bekommen, blieben ohne Erfolg.<br />
Nach der plötzlichen Auflösung des Lagers in Zbąszyń flüchteten der Vater und die beiden jüngeren Kinder zu Verwandten ins südpolnische Schtetl Dynów. So befanden sich am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf Polen, Sabina und Norbert Adler in Warschau, der Rest der Familie hingegen in Dynów. <br />
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen verließen Norbert Adler und seine Mutter Warschau mit dem Zug. Mit viel Glück überlebten sie die Bombardierung desselben durch die deutsche Luftwaffe.<br />
Dynów wurde bald nach dem Einmarsch der Nazis von der Wehrmacht besetzt. Am 16. September 1939 verübte die Einsatzgruppe Woyrsch ein Massaker an der jüdisch-männlichen Bevölkerung des Schtetls, dem auch der Familienvater, Leo Adler, zum Opfer fiel. Mit anderen männlichen Juden wurde er von zu Hause abgeholt und zur Grundschule des Schtetls gebracht. Erst nach dem Ende des Weltkriegs sollte die Familie mit Sicherheit erfahren, dass der Vater bei dem Massaker umgebracht wurde. Mit rund 200 Toten war es eines der größten dieser frühen Besatzungsmonate. <br />
Wenige Tage später wiesen die Nazis die verbliebenen jüdischen Frauen und Kinder aus dem Schtetl aus und zwangen sie, über den Fluss San in die sowjetische Besatzungszone zu fliehen. Fedor und Rita Adler flohen gemeinsam mit einem Onkel und einer Tante weiter bis nach Przemyśl, das bereits von der Roten Armee besetzt war. Auch Sabina und Norbert Adler trafen bald darauf dort ein. Wie durch ein Wunder fand die Familie hier in den Wirren der ersten Kriegsmonate wieder zusammen. <br />
Nur wenige Wochen später ging die Flucht weiter, dieses Mal nach Lemberg (Lwiw). Von hier aus wurde die Familie schließlich im Frühjahr 1941 vom sowjetischen Geheimdienst NKWD nach Sibirien deportiert. Damit zählte die Familie Adler zu mehreren hunderttausend polnischen Juden, die zwischen Frühjahr 1940 und Sommer 1941 vom NKWD aus Ost-Polen deportiert wurden.<br />
Die Zugfahrt nach Sibirien dauerte mehrere Wochen. Die tägliche Essensration beschränkte sich auf eine Portion Suppe und eine Portion Brei. In der sibirischen Taiga wurden sie zunächst in einem kleinen Dorf untergebracht, wo sie, vollkommen abgeschieden von der Außenwelt, unter ständiger Beobachtung des NKWD standen. Rita Berger schätzt später, dass in dem Dorf insgesamt rund 200 Gefangene lebten.<br />
Die Lebensmittelversorgung war schlecht und beschränkte sich auf 100 Gramm Brot und eine Portion Suppe pro Tag. Während die beiden Brüder Norbert und Fedor arbeiteten, kümmerten sich die Frauen darum, auf den Feldern und im Wald Essen zu beschaffen.<br />
Der historischen Gerechtigkeit halber muss jedoch angemerkt werden, dass die Lebensbedingungen in der Sowjetunion während des Krieges für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (die oberen Schichten der Sowjetbürokratie ausgenommen) insgesamt extrem hart waren. Die Besatzung der westlichen Sowjetrepubliken durch die Wehrmacht führte nicht nur dazu, dass die restliche Sowjetunion von wichtigen Produktionszentren und den Getreidelieferungen der Ukraine abgeschnitten war. Es mussten auch Millionen von Menschen in den Osten der UdSSR umgesiedelt werden. Die Folge in den nicht besetzten Gebieten waren massive Wohnungsnot, Hunger und Krankheiten. <br />
Nach dem Angriff Nazi-Deutschlands auf die UdSSR gab es eine Amnestie für polnische Staatsbürger, die in den vergangenen eineinhalb Jahren in die Sowjetunion deportiert worden waren. Die Familie Adler konnte so im Spätsommer das Gefangenen-Dorf verlassen. Anders als viele andere polnisch-jüdische Deportierte, die nach Zentralasien reisten, wurde die Familie nach Rubzowsk in die sibirische Region Altai umgesiedelt. <br />
Nach Kriegsende, im Sommer 1946, versuchten die Adlers über das vom Bürgerkrieg zerrissene Polen nach Westdeutschland zu gelangen. Diese Reise war alles andere als ungefährlich: In den Monaten Februar bis Juli 1946 fanden viele antisemitische Anschläge in Polen statt. Züge aus der Sowjetunion, die größtenteils polnische Juden zurück nach Westeuropa transportierten, waren in besonderem Maße betroffen. Schließlich gelangten sie von Breslau über Österreich nach Bayern. Von 1947 bis 1949 lebte die Familie dort im DP-Lager in Kulmbach. In den Jahren 1948/49 emigrierte die Familie nach Israel, bevor sie im Laufe der 1950er Jahre in die USA und nach Kanada umsiedelte.

Leo Adler wurde am 9. Juni 1898 in Radymno (Galizien, damals zu Österreich gehörig, seit 1918 zu Polen) geboren und kam um die Jahrhundertwende mit seiner Familie nach Deutschland. Er heiratete die am 3. Dezember 1898 geborene, ebenfalls aus Galizien stammende Sabina Scheinmann. Sie bekamen drei Kinder – Norbert (geb. 1922), Fedor (geb. 1925) und Rita (geb. 1929) – und konnten sich bis 1933 ein gut gehendes Pelzgeschäft in Berlin aufbauen.
Die Kinder genossen eine jüdisch-orthodoxe Erziehung und ein behütetes Zuhause. Im Jahr 1935 mussten die Adlers das Ladengeschäft aufgeben, was wahrscheinlich im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Gesetzgebung für jüdische Kleinhändler und Besitzer stand. Den Verkauf von Pelzen setzten die Adlers dennoch fort, allerdings von nun an in einem Zimmer ihrer Wohnung in der Prinzenstraße 73 (heute Heinrich-Heine-Straße 73).
Die so genannte „Polenaktion“ vom 28. bis 29. Oktober 1938, die erste Massendeportation von Juden aus dem Deutschen Reich, bedeutete den nächsten massiven Eingriff des Nazi-Regimes in das Leben der Familie Adler: Sie riss die Familie für immer auseinander und war der Beginn von jahrelangen Deportationen und Fluchten um die halbe Welt.
In Berlin betraf die „Aktion“, anders als in den anderen Städten, vorwiegend Männer und männliche Jugendliche ab 16 Jahren. Durch einen bei der Polizei beschäftigten Bekannten wurde die Familie rechtzeitig vor der Gefahr gewarnt, so dass Leo und Norbert Adler die Nacht bei einem Verwandten verbrachten. Als sie jedoch am nächsten Tag in ihre Wohnung zurückkamen, fanden sie die verstörte Sabina Adler vor, die von der Polizei gedroht worden war. Um den Rest der Familie nicht in Gefahr zu bringen, entschieden der Vater und der älteste Sohn, sich freiwillig der Polizei zu stellen. Bis auf Unterwäsche und ein Paar Hosen durften sie nichts mitnehmen.
Leo und Norbert Adler wurden mit einem Zug in Richtung Polen deportiert. Überrascht von der massenhaften Ausweisung jüdisch-polnischer Staatsbürger aus Deutschland und nicht willens, diese aufzunehmen, ließ die polnische Regierung tausende Deportierte in der kleinen Grenzstadt Zbąszyń festhalten.
Während Leo Adler hier mehrere Monate zubringen musste, wurde Norbert bereits nach wenigen Tagen mit anderen Kindern unter 16 Jahren aus Zbąszyń weggebracht. Mit der Unterstützung der jüdischen Gemeinde von Gszescow reiste der Junge weiter ins südpolnische Schtetl Dynów zum Onkel seines Vaters. Auf den Rat seiner Eltern, mit denen er in Kontakt bleiben konnte, ging er nach wenigen Wochen nach Warschau, um zu versuchen, ein Visum für die USA zu bekommen.
Am 28. März 1939 wurden auch Sabina, Fedor und Rita Adler aus Berlin ausgewiesen. Der Vorgang ist kaum weniger brutal und kriminell als die Ausweisung vom 28./29. Oktober. Im Jahr 1959 erinnert sich Sabina Adler: „Ich wurde gezwungen, meine Wohnung unter der Bewachung der Polizei abzuschliessen und ihnen die Schlüssel zu übergeben...“
Alle Möbel, Wert- und Haushaltsgegenstände, darunter Pelzwaren im Wert von 7000 bis 8000 Reichsmark, musste die Familie zurücklassen. Mit zwei kleinen Kindern musste Sabina Adler bei Nacht und Nebel über die polnische Grenze. Da der 28. März 1939 ein Samstag war, konnte sie nicht mehr das polnische Konsulat aufsuchen, um einen Einreisestempel zu bekommen.
Die Adlers waren nicht als einzige polnisch-jüdische Familie von den Ausweisungen an diesem Tag betroffen: Nach den Erinnerungen von Rita (später verheiratete Berger) wurden die drei in einer Gruppe von Flüchtlingen in der Nacht über die Grenze bis nach Sosnowiec geschmuggelt. Insgesamt wurden bis zum Kriegsbeginn im September 1939 etwa 32.000 polnische Juden aus Deutschland ausgewiesen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Verwandten in Krakau reisten die Mutter und die beiden Kinder zum Vater nach Zbąszyń weiter. Da die Stadt abgeriegelt war, mussten sie sich hineinschmuggeln. Sabina Adler reiste schon bald zu ihrem ältesten Sohn nach Warschau weiter. Ihre Versuche, im amerikanischen Konsulat Papiere für die Ausreise zu bekommen, blieben ohne Erfolg.
Nach der plötzlichen Auflösung des Lagers in Zbąszyń flüchteten der Vater und die beiden jüngeren Kinder zu Verwandten ins südpolnische Schtetl Dynów. So befanden sich am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf Polen, Sabina und Norbert Adler in Warschau, der Rest der Familie hingegen in Dynów.
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen verließen Norbert Adler und seine Mutter Warschau mit dem Zug. Mit viel Glück überlebten sie die Bombardierung desselben durch die deutsche Luftwaffe.
Dynów wurde bald nach dem Einmarsch der Nazis von der Wehrmacht besetzt. Am 16. September 1939 verübte die Einsatzgruppe Woyrsch ein Massaker an der jüdisch-männlichen Bevölkerung des Schtetls, dem auch der Familienvater, Leo Adler, zum Opfer fiel. Mit anderen männlichen Juden wurde er von zu Hause abgeholt und zur Grundschule des Schtetls gebracht. Erst nach dem Ende des Weltkriegs sollte die Familie mit Sicherheit erfahren, dass der Vater bei dem Massaker umgebracht wurde. Mit rund 200 Toten war es eines der größten dieser frühen Besatzungsmonate.
Wenige Tage später wiesen die Nazis die verbliebenen jüdischen Frauen und Kinder aus dem Schtetl aus und zwangen sie, über den Fluss San in die sowjetische Besatzungszone zu fliehen. Fedor und Rita Adler flohen gemeinsam mit einem Onkel und einer Tante weiter bis nach Przemyśl, das bereits von der Roten Armee besetzt war. Auch Sabina und Norbert Adler trafen bald darauf dort ein. Wie durch ein Wunder fand die Familie hier in den Wirren der ersten Kriegsmonate wieder zusammen.
Nur wenige Wochen später ging die Flucht weiter, dieses Mal nach Lemberg (Lwiw). Von hier aus wurde die Familie schließlich im Frühjahr 1941 vom sowjetischen Geheimdienst NKWD nach Sibirien deportiert. Damit zählte die Familie Adler zu mehreren hunderttausend polnischen Juden, die zwischen Frühjahr 1940 und Sommer 1941 vom NKWD aus Ost-Polen deportiert wurden.
Die Zugfahrt nach Sibirien dauerte mehrere Wochen. Die tägliche Essensration beschränkte sich auf eine Portion Suppe und eine Portion Brei. In der sibirischen Taiga wurden sie zunächst in einem kleinen Dorf untergebracht, wo sie, vollkommen abgeschieden von der Außenwelt, unter ständiger Beobachtung des NKWD standen. Rita Berger schätzt später, dass in dem Dorf insgesamt rund 200 Gefangene lebten.
Die Lebensmittelversorgung war schlecht und beschränkte sich auf 100 Gramm Brot und eine Portion Suppe pro Tag. Während die beiden Brüder Norbert und Fedor arbeiteten, kümmerten sich die Frauen darum, auf den Feldern und im Wald Essen zu beschaffen.
Der historischen Gerechtigkeit halber muss jedoch angemerkt werden, dass die Lebensbedingungen in der Sowjetunion während des Krieges für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (die oberen Schichten der Sowjetbürokratie ausgenommen) insgesamt extrem hart waren. Die Besatzung der westlichen Sowjetrepubliken durch die Wehrmacht führte nicht nur dazu, dass die restliche Sowjetunion von wichtigen Produktionszentren und den Getreidelieferungen der Ukraine abgeschnitten war. Es mussten auch Millionen von Menschen in den Osten der UdSSR umgesiedelt werden. Die Folge in den nicht besetzten Gebieten waren massive Wohnungsnot, Hunger und Krankheiten.
Nach dem Angriff Nazi-Deutschlands auf die UdSSR gab es eine Amnestie für polnische Staatsbürger, die in den vergangenen eineinhalb Jahren in die Sowjetunion deportiert worden waren. Die Familie Adler konnte so im Spätsommer das Gefangenen-Dorf verlassen. Anders als viele andere polnisch-jüdische Deportierte, die nach Zentralasien reisten, wurde die Familie nach Rubzowsk in die sibirische Region Altai umgesiedelt.
Nach Kriegsende, im Sommer 1946, versuchten die Adlers über das vom Bürgerkrieg zerrissene Polen nach Westdeutschland zu gelangen. Diese Reise war alles andere als ungefährlich: In den Monaten Februar bis Juli 1946 fanden viele antisemitische Anschläge in Polen statt. Züge aus der Sowjetunion, die größtenteils polnische Juden zurück nach Westeuropa transportierten, waren in besonderem Maße betroffen. Schließlich gelangten sie von Breslau über Österreich nach Bayern. Von 1947 bis 1949 lebte die Familie dort im DP-Lager in Kulmbach. In den Jahren 1948/49 emigrierte die Familie nach Israel, bevor sie im Laufe der 1950er Jahre in die USA und nach Kanada umsiedelte.