Martha Mathias

Verlegeort
Kaiserdamm 10
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
06. Oktober 2021
Geboren
30. September 1887 in Pasewalk
Beruf
Prokuristin
Deportation
am 25. Januar 1942 nach Riga
Ermordet
1942 in Riga

Martha Mathias wurde am 30. September 1887 in Pasewalk als viertes von insgesamt sechs Kindern geboren. Ihre Eltern waren der Pasewalker Kaufmann Julius Mathias und seine Frau Karoline, geb. Asch, die aus der Stadt Posen (Poznań) stammt.<br />
<br />
Als sich der Vater nach dem wirtschaftlichen Niedergangs seines Geschäfts und der zunehmenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands im Jahre 1901 das Leben nahm, war Martha 14 Jahre alt. Ihre beiden älteren Schwestern Klara und Betty fanden in Berlin eine Anstellung bei Tietz und Wertheim, und so zog die ganze Familie nach Berlin. Im ersten Jahr wohnte Martha vorübergehend bei dem bekannten Sozialdemokraten Eduard Bernstein, der mit einer Cousine ihrer Mutter verheiratet war. Martha erhielt eine erste Ausbildung in einem Mädchenheim für hochgestellte Familien, verarmten Adel und begabte jüdische Mädchen. Die Familie bezog – nach weiteren Zwischenstationen – im Jahre 1913 eine geräumige 5-Zimmer-Wohnung in der Kreuzberger Müllenhoffstraße 18, wo ein enger Zusammenhalt untereinander gepflegt wurde. Die Mutter brauchte nie einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen, und nachdem vier Geschwister sich verheiratet hatten, blieben Martha und ihr Bruder Georg ledig, um ihre Mutter – nicht nur finanziell – unterstützen zu können. Martha war in der Berliner Handelsagentur einer englischen Firma angestellt und dort ab etwa 1918 als Prokuristin tätig.<br />
<br />
Im Jahre 1917 bezog Martha eine eigene Wohnung am Kaiserdamm 10 in Berlin-Charlottenburg. Die Wohnung lag im Parterre des Quergebäudes und hatte drei Zimmer.<br />
Ende der 1930er-Jahre verbrachte sie eine kurze Zeit bei ihrem nach Südafrika ausgewanderten Bruder Sigmund. Allen Warnungen zum Trotz kehrte sie jedoch zurück, um die Mutter, die seit 1932 im Altersheim wohnte, nicht alleine zu lassen. Bruder Georg war mittlerweile ins Exil nach Shanghai geflüchtet.<br />
<br />
Spätestens seit 1939 war Martha Mathias gezwungen, einen Untermieter bei sich aufzunehmen. Ihre Stelle als Prokuristin hatte sie verloren, denn die Firma, bei der sie beschäftigt war, wurde liquidiert. Zuletzt arbeitete sie bei der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums in Berlin-Schöneberg. <br />
<br />
Ende Dezember 1941 wurde Martha Mathias aufgefordert, eine Vermögensaufstellung anzufertigen. Die verbliebenen Bankguthaben und ermittelten Rückkaufswerte der angegebenen Versicherungen wurden später durch die Oberfinanzkasse Berlin-Brandenburg beschlagnahmt. Am 25. Januar 1942 befand sich unter den 1000 ausschließlich Berliner Jüdinnen und Juden, die mit dem „10. Osttransport“ nach Riga deportiert wurden, auch Martha Mathias. Auf den Transportlisten wird sie, zu diesem Zeitpunkt 54-jährig, unter der laufenden Nummer 256 mit ihrer langjährigen Anschrift, Kaiserdamm 10 geführt.<br />
<br />
Am Ende der fünftägigen Fahrt im Deportationszug, in fast gänzlich ungeheizten Waggons, waren bereits viele der Insassen erfroren. Zum Teil steif gewordene, geistig verwirrte und vor allem angsterfüllte Menschen mussten die Waggons verlassen und kilometerweit bis ins Ghetto laufen, wo teils katastrophale Zustände auf sie warteten.<br />
<br />
Fünf Tage nach der Ankunft des Transports, am 5. Februar 1942, wurde die erste sogenannte Dünamünde-Aktion durchgeführt. Juden aus den Berliner und den Wiener Transporten, die im Ghetto (noch) keine Arbeit hatten und deren bisheriger Beruf im Ghetto nicht gebraucht wurde, sollten angeblich in eine Konservenfabrik verlegt werden. Ziel dieser Täuschung war es, jede Form von Panik zu vermeiden. Tatsächlich wurden die Betroffenen jedoch mit Lastwagen in den Biķernieki-Wald gefahren und dort ermordet. Eine weitere solche Aktion erfolgte am 15. März. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Martha Mathias einer dieser beiden Massenliquidationen (insgesamt 3400 Juden, darunter 1700 aus Berlin) zum Opfer gefallen.<br />
<br />
Marthas Mutter Karoline wurde am 17. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb dort zehn Tage darauf, am 27. August. Georg Mathias, Marthas Bruder, konnte zwar nach Shanghai flüchten, kam aber dort im Ghetto am 12. Januar 1945 ums Leben. Auch Marthas Schwester Blanka, ihr Mann Kurt Rosenthal und die Töchter Eva und Ursel wurden Opfer der Shoa. Für sie liegen Stolpersteine in Friedrichshagen vor dem Haus Josef-Nawrocki-Straße 12.<br />

Martha Mathias wurde am 30. September 1887 in Pasewalk als viertes von insgesamt sechs Kindern geboren. Ihre Eltern waren der Pasewalker Kaufmann Julius Mathias und seine Frau Karoline, geb. Asch, die aus der Stadt Posen (Poznań) stammt.

Als sich der Vater nach dem wirtschaftlichen Niedergangs seines Geschäfts und der zunehmenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands im Jahre 1901 das Leben nahm, war Martha 14 Jahre alt. Ihre beiden älteren Schwestern Klara und Betty fanden in Berlin eine Anstellung bei Tietz und Wertheim, und so zog die ganze Familie nach Berlin. Im ersten Jahr wohnte Martha vorübergehend bei dem bekannten Sozialdemokraten Eduard Bernstein, der mit einer Cousine ihrer Mutter verheiratet war. Martha erhielt eine erste Ausbildung in einem Mädchenheim für hochgestellte Familien, verarmten Adel und begabte jüdische Mädchen. Die Familie bezog – nach weiteren Zwischenstationen – im Jahre 1913 eine geräumige 5-Zimmer-Wohnung in der Kreuzberger Müllenhoffstraße 18, wo ein enger Zusammenhalt untereinander gepflegt wurde. Die Mutter brauchte nie einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen, und nachdem vier Geschwister sich verheiratet hatten, blieben Martha und ihr Bruder Georg ledig, um ihre Mutter – nicht nur finanziell – unterstützen zu können. Martha war in der Berliner Handelsagentur einer englischen Firma angestellt und dort ab etwa 1918 als Prokuristin tätig.

Im Jahre 1917 bezog Martha eine eigene Wohnung am Kaiserdamm 10 in Berlin-Charlottenburg. Die Wohnung lag im Parterre des Quergebäudes und hatte drei Zimmer.
Ende der 1930er-Jahre verbrachte sie eine kurze Zeit bei ihrem nach Südafrika ausgewanderten Bruder Sigmund. Allen Warnungen zum Trotz kehrte sie jedoch zurück, um die Mutter, die seit 1932 im Altersheim wohnte, nicht alleine zu lassen. Bruder Georg war mittlerweile ins Exil nach Shanghai geflüchtet.

Spätestens seit 1939 war Martha Mathias gezwungen, einen Untermieter bei sich aufzunehmen. Ihre Stelle als Prokuristin hatte sie verloren, denn die Firma, bei der sie beschäftigt war, wurde liquidiert. Zuletzt arbeitete sie bei der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums in Berlin-Schöneberg.

Ende Dezember 1941 wurde Martha Mathias aufgefordert, eine Vermögensaufstellung anzufertigen. Die verbliebenen Bankguthaben und ermittelten Rückkaufswerte der angegebenen Versicherungen wurden später durch die Oberfinanzkasse Berlin-Brandenburg beschlagnahmt. Am 25. Januar 1942 befand sich unter den 1000 ausschließlich Berliner Jüdinnen und Juden, die mit dem „10. Osttransport“ nach Riga deportiert wurden, auch Martha Mathias. Auf den Transportlisten wird sie, zu diesem Zeitpunkt 54-jährig, unter der laufenden Nummer 256 mit ihrer langjährigen Anschrift, Kaiserdamm 10 geführt.

Am Ende der fünftägigen Fahrt im Deportationszug, in fast gänzlich ungeheizten Waggons, waren bereits viele der Insassen erfroren. Zum Teil steif gewordene, geistig verwirrte und vor allem angsterfüllte Menschen mussten die Waggons verlassen und kilometerweit bis ins Ghetto laufen, wo teils katastrophale Zustände auf sie warteten.

Fünf Tage nach der Ankunft des Transports, am 5. Februar 1942, wurde die erste sogenannte Dünamünde-Aktion durchgeführt. Juden aus den Berliner und den Wiener Transporten, die im Ghetto (noch) keine Arbeit hatten und deren bisheriger Beruf im Ghetto nicht gebraucht wurde, sollten angeblich in eine Konservenfabrik verlegt werden. Ziel dieser Täuschung war es, jede Form von Panik zu vermeiden. Tatsächlich wurden die Betroffenen jedoch mit Lastwagen in den Biķernieki-Wald gefahren und dort ermordet. Eine weitere solche Aktion erfolgte am 15. März. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Martha Mathias einer dieser beiden Massenliquidationen (insgesamt 3400 Juden, darunter 1700 aus Berlin) zum Opfer gefallen.

Marthas Mutter Karoline wurde am 17. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb dort zehn Tage darauf, am 27. August. Georg Mathias, Marthas Bruder, konnte zwar nach Shanghai flüchten, kam aber dort im Ghetto am 12. Januar 1945 ums Leben. Auch Marthas Schwester Blanka, ihr Mann Kurt Rosenthal und die Töchter Eva und Ursel wurden Opfer der Shoa. Für sie liegen Stolpersteine in Friedrichshagen vor dem Haus Josef-Nawrocki-Straße 12.