Gustav Hanff

Location 
Alte Jakobstraße 140
Historical name
Hollmannstraße 26
District
Kreuzberg
Stone was laid
06 April 2022
Born
24 February 1887 in Zielenzig (Brandenburg) / Sulęcin
Occupation
Kaufmann
Deportation
on 26 February 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Gustav Hanff kam am 24. Februar 1887 in Zielenzig in der preußischen Provinz Brandenburg als erstes Kind des jüdischen Kaufmanns Siegfried Hanff und dessen Ehefrau Frieda, geb. Wermuth, zur Welt. Zielenzig (polnisch Sulęcin) liegt etwa 40 km östlich von Frankfurt (Oder). Gustav hatte noch fünf Geschwister: Max (*1888), Gertrud (*1890), Martin (*1892), Erich Moritz (*1896) und Berthold (*1899). Der jüngste Bruder war in der kleinen Stadt Drossen, unweit von Zielenzig gelegen, zur Welt gekommen, möglicherweise war die Familie dorthin verzogen. Um 1902 übersiedelte die Familie Hanff nach Berlin. Sie wohnten im Laufe der Jahre an verschiedenen Adressen in der Gegend um die Lothringer Straße (heute Torstraße), seit 1915 in der Lothringer Straße 31.

Gustav Hanff erlernte den Beruf des Kaufmanns. Er heiratete am 21. Juni 1923 Dina Dolly Abbe, geb. am 14. Januar 1894 in Kempen (Posen). Gustavs Bruder Max hatte 1921 Dollys Schwester Alma geheiratet. Sein Schwiegervater Josef Abbe führte in der Lindenstraße 29 ein Uhren- und Goldwarengeschäft, in dem wohl auch Dolly arbeitete. Gustav Hanff lebte fortan mit seiner Frau, den Schwiegereltern, seinem Bruder Max, dessen Frau und deren 1922 geborenem Sohn Siegfried Arie in der Markgrafenstraße 83 in Kreuzberg. Die Ehe von Gustav und Dolly Hanff blieb kinderlos.

Gustavs Schwiegermutter verstarb im Oktober 1926, sein Schwiegervater im September 1930. Nach seinem Tod führte Dolly Hanff mit ihrer Schwester Alma das Geschäft unter dem Namen des Vaters weiter. Der Laden, dem eine Reparaturwerkstatt für Uhren, Gold- und Silberwaren angeschlossen war, ermöglichte der Familie – zusätzlich zum Einkommen der Ehemänner – ein gutbürgerliches Leben. Gustav Hanff arbeitete als Vertreter oder als kaufmännischer Angestellter, genaueres ist nicht bekannt.

Um 1932 zogen die Hanffs in eine 5 1/2-Zimmer-Wohnung in der Hollmannstraße 26. Diese Straße existiert nicht mehr, sie verlief zwischen der Linden- und der Alexandrinenstraße. Das Haus Nr. 26 stand einst dort, wo sich heute das Gelände des Jüdischen Museums Berlin befindet.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Hanff. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Auch die Uhren- und Goldwarenhandlung der Schwestern Dolly und Alma Hanff litt zunehmend unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in der Lindenstraße 29 die Schaufensterscheiben eingeschlagen und das Geschäft verwüstet. Danach wurde es geschlossen.

Gustavs Neffe Siegfried wanderte Anfang 1939 nach Palästina aus. Sein Bruder Max Hanff verstarb am 18. März 1940 im Alter von 52 Jahren in der Wohnung in der Hollmannstraße 26. Als Todesursache sind auf der Sterbeurkunde „Herzmuskelentzündung, Herzfehler, Herzlähmung“ angegeben.

Gustav Hanff musste Zwangsarbeit bei Blaupunkt in der Köpenicker Straße, Dolly bei AEG in Oberschöneweide leisten. Alma Hanff war bei der Gärtnerei Reinhold Daubitz in Rudow zwangsverpflichtet.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Gustav Hanff, seine Frau Dolly und seine Schwägerin Alma Hanff wurden am 26. Februar 1943 mit dem 30. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Gustavs Schwester Gertrud wurde mit ihrem Ehemann Leo Ebstein und der Tochter Magda am 14. November 1941 von Berlin in das Ghetto Minsk deportiert und zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet. Der Bruder Martin Hanff hatte 1921 die Nicht-Jüdin Margarete, geb. Normann, geheiratet und blieb dadurch von der Deportation verschont.

Die jüngsten Brüder Erich Moritz und Berthold Hanff waren in die Niederlande geflohen, 1941 lebten sie in Amsterdam. Sie wurden am 20. April 1943 vom Durchgangslager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie nach ihrer Ankunft am 23. April ermordet wurden.