Martha Chosch née Bley

Location 
Dietrich-Bonhoeffer-Str. 21
Historical name
Woldenberger Str. 21
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
20 May 2022
Born
18 February 1900 in Gnesen (Posen) / Gniezno
Occupation
Buchhalterin
Deportation
on 28 June 1943 from Berlin to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Die am 18. Februar 1900 in Gnesen/Polen geborene Martha Bley heiratete im August 1929 in Berlin-Prenzlauer Berg den am 4. Dezember 1897 in Rogowo / Polen geborenen Moritz Chosch. In der Eheurkunde wird Martha als eine in der Prenzlauer Allee 34 wohnende Buchhalterin und Moritz Chosch als ein in Mannheim ansässiger Geschäftsführer und genannt. 

Leider finden sich in der Eheurkunde keinerlei Angaben zu den Eltern des Brautpaares, so dass wir keine Hinweise auf deren Wohnsitz haben und daher nicht ermitteln können, wann die beiden Eheleute nach Berlin kamen.

Für die Jahre 1929 bis 1931 konnten keine Berliner Anschriften für sie in den Adressbüchern ermittelt werden.

Im Jahre 1931 muss die Familie Chosch dann in die Woldenberger Straße 21 gezogen sein, denn ab der Ausgabe 1932 wird Moritz Chosch im Berliner Adressbuch als Kaufmann unter dieser Anschrift genannt.  Er zog mit seiner Ehefrau Martha geb. Bley und dem am 20. September 1930 geborenen Sohn Horst in die Wohnung im Vorderhaus 2 Treppen. Am 23. Juni 1935 wurde die Tochter Helga geboren.

Horst wurde Ostern 1937 in die Jüdische Schule in der Rykestraße eingeschult.  Der Vater, Moritz Chosch, war zu diesem Zeitpunkt Angestellter der Jüdischen Gemeinde – wie aus der überlieferten Schulkartei von Horst ersichtlich ist. Die Mutter Martha wird Hausfrau gewesen sein.

Im Mai 1939 wurde im Deutsche Reich eine Volkszählung durchgeführt in deren Rahmen alle Bürger auf einer sogenannten Ergänzungskarte ihre „rassische Abstammung“ offenzulegen hatten. Diese Ergänzungskarten dienten dann den Nazis zur Vorbereitung und Verwaltung ihres planmäßigen Völkermords an der jüdischen Bevölkerung. Anhand dieser heute noch im Bundesarchiv aufbewahrten Unterlagen wissen wir, dass alle vier Mitglieder der Familie Chosch als „jüdisch stämmig“ eingeordnet wurden und damit allen staatlich verordneten Maßnahmen wie Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung unterlagen, die seit Machtantritt der Nazis systematisch in Deutschland eingeführt wurden.  Diese reichten von Berufsverboten über Enteignung des persönlichen Eigentums, von Deportation (beschönigend „Umsiedlung“ oder „Abwanderung“ genannt) bis zur Ermordung durch Hunger, Krankheit, Massenerschießung oder in den Gaskammern der Konzentrationslager (KZ).

Ostern 1941 wurde Helga Cosch in die 3. Jüdische Schule in der Kaiserstraße in Berlin-Mitte eingeschult. Eine staatliche Schule durften jüdische Kinder nicht mehr besuchen.

Hier lernte sie die gleichaltrige Rita Hinkelmann aus der Schieritzstraße 34 kennen. Die Mädchen freundeten sich an und legten ihren täglichen Schulweg – die ganze Greifswalder Straße bis über den Alexanderplatz zur Kaiserstraße – gemeinsam zurück. Die Erinnerung daran hat die Freundin Rita als schriftliche Überlieferung ihrer Familie hinterlassen. 

Ab Oktober 1941 begannen die Nazis mit den planmäßigen Deportationen der jüdischen Bevölkerung.

Zum 30. Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen durch den NS-Staat geschlossen - da hatten die Freundinnen Helga und Rita gerade ihre 1. Klasse beendet.

Die Eltern beider Mädchen waren – wie alle jüdischen Bürger - zu Zwangsarbeit verpflichtet. Wie die Betreuung der Kinder geregelt wurde, ist uns Heutigen nicht mehr vorstellbar.

Am 17. Mai 1943 wurde Moritz Chosch mit seinen beiden Kindern Horst und Helga mit dem 38. Osttransport nach Auschwitz deportiert – ohne die Mutter !

Martha Chosch geb. Bley, lag wohl – so die Erinnerung von Rita Hinkelmann - im Jüdischen Krankenhaus Wedding. Sie wurde 6 Wochen später - am 28. Juni 1943 mit dem 39. Osttransport nach Auschwitz deportiert.

Alle vier Mitglieder der Familie Chosch wurden im KZ Auschwitz ermordet.  Ihre genauen Todesdaten wurden nicht dokumentiert.

Die Schulfreundin, Rita Hinkelmann, überlebte den NS-Terror, weil sie durch ihren „arischen“ Vater von der Deportation verschont blieb.

Aus ihren schriftlichen Lebenserinnerungen erwuchs die Anregung, mit Stolpersteinen für die Erinnerung an das Schicksal der Familie Chosch   zu sorgen.

Für Rita und ihre Familie liegen bereits Stolpersteine in der Schieritzstraße 34.