Erich Minner

Location 
Gubener Straße 36
District
Friedrichshain
Born
31 May 1901 in Berlin
Occupation
Textilkaufmann
Deportation
on 18 October 1941 to Łódź / Litzmannstadt
Murdered
29 June 1943 in Łódź / Litzmannstadt

Erich Minner wurde am 31. Mai 1901 in Berlin als ältester Sohn von Agnes und Simson Minner geboren. Bereits drei Jahre zuvor, am 13. Mai 1898, war seine ältere Schwester Margarete zur Welt gekommen. Im Dezember 1902 und Januar 1909 folgten die jüngeren Brüder Alfred und Kurt. Die Mutter von Erich war vor ihrer Heirat US-amerikanische Staatsbürgerin gewesen. Sie war 1876 im Norden der USA in der Stadt Grand Rapids nahe des Lake Michigan geboren worden. Möglicherweise waren ihre Eltern, Erichs Großeltern, während der großen Auswanderungswelle von Deutschen um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika emigriert und hatten sich in Michigan niedergelassen. In den 1890er Jahren war die junge Agnes Marcuse nach Europa gekommen.

Der Vater von Erich, der Kaufmann Simson Minner, stammte aus einer Familie, die mindestens seit den 1870er Jahren in Berlin ansässig war. Nach der Reichsgründung 1871 war dessen Vater, Herschek Minner, in Berlin als Schuhmacher tätig. Simson Minner sammelte im Geschäft seines Vaters in der Schönhauser Allee 182 sicher früh Erfahrungen im textilverarbeitenden Handwerk. Im Geburtsjahr von Erich bezog er mit seiner Frau und der kleinen Margarete eine gemeinsame Wohnung und machte sich selbstständig. Er war als Mützenmacher in der Linienstraße 16 nahe der Prenzlauer Straße (der heutigen Karl-Liebknecht-Straße) in Mitte ansässig. Im Jahr 1907 zogen Simson und Agnes Minner mit ihren nunmehr drei Kindern in eine größere Wohnung in die Keibelstraße 14, die damals die Linienstraße kreuzte. Im August 1910 folgte der Umzug in die Gubener Straße 36 in Friedrichshain, wo das Ehepaar in den kommenden drei Jahrzehnten und ihre Kinder bis ins Erwachsenenalter wohnten.

Es haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die ein Licht auf die Kindheit von Erich Minner im Kaiserreich, seine Jugendjahre in der Kriegszeit und seine frühen Erwachsenenjahre im Berlin der Weimarer Republik werfen könnten. Es ist wahrscheinlich, dass sein Vater, der zu Beginn des Ersten Weltkriegs 39 Jahre alt war, sich entweder freiwillig meldete oder rekrutiert wurde und an den Kampfhandlungen auf den europäischen Kriegsschauplätzen teilnahm, während Agnes Minner mit der Familie die Hungersnot, den sogenannten „Steckrübenwinter“ 1916/17, in Berlin überdauerte. Im letzten Kriegsjahr eröffnete Simson Minner eine Filiale für Galanteriewaren in Neukölln, in der modische Accessoires erhältlich waren. Diese wurde 1920 seine Hauptgeschäftsadresse, das Geschäft in der Gubener Straße aufgegeben. In der Zeit der Weimarer Republik schlossen Erich und seine Geschwister ihre Ausbildungen ab. Erich war in Berlin als Textilkaufmann tätig. Seine Schwester Margarete arbeitete als Buchhalterin und Stenotypistin. Alfred, der die 1904 in Mewe (heute Gniew) geborene Gertrude Lindenstrauss heiratete, war als Verkäufer angestellt und Kurt Minner wurde wie sein Bruder Erich Kaufmann.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Minner. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Erlasse und Sondergesetze drängten sie in die Position von Rechtlosen.

Obwohl in Berlin geboren, hatte Erichs Vater, Simson Minner, keine deutsche Staatsangehörigkeit, sondern war offiziell als „staatenlos“ geführt. Mit der Hochzeit hatte auch Agnes Minner ihre amerikanische Staatsangehörigkeit verloren und wurde genauso wie Erich und seine Geschwister als „staatenlos“ eingestuft. Als Geschäftsinhaber waren die Eltern von Erich seit 1933 von antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Mai und November 1938 in Berlin erfuhren. Bis 1938/39 hielten sie am Geschäftsbetrieb ihrer Galanteriewarenhandlung fest, bevor sie aufgaben. Im September 1939 konnte Erichs Bruder Kurt das Land verlassen und emigrierte nach Großbritannien. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die übrigen Familienangehörigen eine Ausreise vorbereiteten oder zumindest planten, dies sollte aber scheitern. Im Frühjahr 1941 starb Simson Minner im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße. Erich Minner wohnte mit seiner verwitweten Mutter und seiner Schwester Margarete weiter in der Wohnung Gubener Straße 36. Im Herbst 1941 musste Margarete Minner als Zwangsarbeiterin beim Betrieb Wagner & Wolff in der Hagelberger Straße 50 arbeiten. Erich war zuletzt bei der Müllbeseitigungsanstalt Berlin-Schöneberg beschäftigt.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 18. Oktober 1941 begannen die Massendeportationen aus Berlin, die den Auftakt zur systematischen Vernichtung der deutschen Juden bildeten. Der damals 40-jährige Erich Minner, seine 65-jährige Mutter und seine Schwester gehörten zu dem von der Gestapo als „Welle I“ bezeichneten ersten Transport aus der Stadt. Am 18. Oktober 1941 wurden Erich, Agnes und Margarete Minner vom Bahnhof Grunewald in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert. Zuvor waren sie von Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei aus ihrer Wohnung in die als Sammellager missbrauchte ehemalige Synagoge Levetzowstraße 7-8 verschleppt worden. Nach knapp einem Jahr im Ghetto Litzmannstadt wurden die drei getrennt: Agnes Minner wurde im September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort unmittelbar nach der Ankunft ermordet.

Erich Minner überlebte bis zum 29. Juni 1943 die katastrophalen Lebensbedingungen im Ghetto, die auf Ermordung durch Überarbeitung, Mangelversorgung und Kälte zielten – seine Schwester Margarete bis zum 5. Oktober 1943. Kaum verlässlich sind die angegebenen Todesursachen „Herzschlag“ (Erich) und „Gehirnhautentzündung“ (Margarete), da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesumstände direkter und indirekter Gewalteinwirkung im Ghetto durch verschleiernde Sammelbegriffe kaschierten. Erichs Bruder, Alfred Minner, hatte mit seiner Frau Gertrude noch bis November 1942 in der Lippehner Straße (heute Käthe-Niederkirchner-Straße) im Prenzlauer Berg gelebt. Am 29. November 1942 wurden beide mit dem 23. Osttransport in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort vermutlich unmittelbar nach der Ankunft ermordet. Kurt Minner überlebte die NS-Verfolgung und Kriegszeit im Exil in London.

Erich Minner wurde am 31. Mai 1901 in Berlin als ältester Sohn von Agnes und Simson Minner geboren. Bereits drei Jahre zuvor, am 13. Mai 1898, war seine ältere Schwester Margarete zur Welt gekommen. Im Dezember 1902 und Januar 1909 folgten die jüngeren Brüder Alfred und Kurt. Die Mutter von Erich war vor ihrer Heirat US-amerikanische Staatsbürgerin gewesen. Sie war 1876 im Norden der USA in der Stadt Grand Rapids nahe des Lake Michigan geboren worden. Möglicherweise waren ihre Eltern, Erichs Großeltern, während der großen Auswanderungswelle von Deutschen um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika emigriert und hatten sich in Michigan niedergelassen. In den 1890er Jahren war die junge Agnes Marcuse nach Europa gekommen.

Der Vater von Erich, der Kaufmann Simson Minner, stammte aus einer Familie, die mindestens seit den 1870er Jahren in Berlin ansässig war. Nach der Reichsgründung 1871 war dessen Vater, Herschek Minner, in Berlin als Schuhmacher tätig. Simson Minner sammelte im Geschäft seines Vaters in der Schönhauser Allee 182 sicher früh Erfahrungen im textilverarbeitenden Handwerk. Im Geburtsjahr von Erich bezog er mit seiner Frau und der kleinen Margarete eine gemeinsame Wohnung und machte sich selbstständig. Er war als Mützenmacher in der Linienstraße 16 nahe der Prenzlauer Straße (der heutigen Karl-Liebknecht-Straße) in Mitte ansässig. Im Jahr 1907 zogen Simson und Agnes Minner mit ihren nunmehr drei Kindern in eine größere Wohnung in die Keibelstraße 14, die damals die Linienstraße kreuzte. Im August 1910 folgte der Umzug in die Gubener Straße 36 in Friedrichshain, wo das Ehepaar in den kommenden drei Jahrzehnten und ihre Kinder bis ins Erwachsenenalter wohnten.

Es haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die ein Licht auf die Kindheit von Erich Minner im Kaiserreich, seine Jugendjahre in der Kriegszeit und seine frühen Erwachsenenjahre im Berlin der Weimarer Republik werfen könnten. Es ist wahrscheinlich, dass sein Vater, der zu Beginn des Ersten Weltkriegs 39 Jahre alt war, sich entweder freiwillig meldete oder rekrutiert wurde und an den Kampfhandlungen auf den europäischen Kriegsschauplätzen teilnahm, während Agnes Minner mit der Familie die Hungersnot, den sogenannten „Steckrübenwinter“ 1916/17, in Berlin überdauerte. Im letzten Kriegsjahr eröffnete Simson Minner eine Filiale für Galanteriewaren in Neukölln, in der modische Accessoires erhältlich waren. Diese wurde 1920 seine Hauptgeschäftsadresse, das Geschäft in der Gubener Straße aufgegeben. In der Zeit der Weimarer Republik schlossen Erich und seine Geschwister ihre Ausbildungen ab. Erich war in Berlin als Textilkaufmann tätig. Seine Schwester Margarete arbeitete als Buchhalterin und Stenotypistin. Alfred, der die 1904 in Mewe (heute Gniew) geborene Gertrude Lindenstrauss heiratete, war als Verkäufer angestellt und Kurt Minner wurde wie sein Bruder Erich Kaufmann.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Minner. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Erlasse und Sondergesetze drängten sie in die Position von Rechtlosen.

Obwohl in Berlin geboren, hatte Erichs Vater, Simson Minner, keine deutsche Staatsangehörigkeit, sondern war offiziell als „staatenlos“ geführt. Mit der Hochzeit hatte auch Agnes Minner ihre amerikanische Staatsangehörigkeit verloren und wurde genauso wie Erich und seine Geschwister als „staatenlos“ eingestuft. Als Geschäftsinhaber waren die Eltern von Erich seit 1933 von antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Bis 1938/39 hielten sie am Geschäftsbetrieb ihrer Galanteriewarenhandlung fest, bevor sie aufgaben. Im September 1939 konnte Erichs Bruder Kurt das Land verlassen und emigrierte nach Großbritannien. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die übrigen Familienangehörigen eine Ausreise vorbereiteten oder zumindest planten, dies sollte aber scheitern. Im Frühjahr 1941 starb Simson Minner im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße. Erich Minner wohnte mit seiner verwitweten Mutter und seiner Schwester Margarete weiter in der Wohnung Gubener Straße 36. Im Herbst 1941 musste Margarete Minner als Zwangsarbeiterin beim Betrieb Wagner & Wolff in der Hagelberger Straße 50 arbeiten. Erich war zuletzt bei der Müllbeseitigungsanstalt Berlin-Schöneberg beschäftigt.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 18. Oktober 1941 begannen die Massendeportationen aus Berlin, die den Auftakt zur systematischen Vernichtung der deutschen Juden bildeten. Der damals 40-jährige Erich Minner, seine 65-jährige Mutter und seine Schwester gehörten zu dem von der Gestapo als „Welle I“ bezeichneten ersten Transport aus der Stadt. Am 18. Oktober 1941 wurden Erich, Agnes und Margarete Minner vom Bahnhof Grunewald in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert. Zuvor waren sie von Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei aus ihrer Wohnung in die als Sammellager missbrauchte ehemalige Synagoge Levetzowstraße 7-8 verschleppt worden. Nach knapp einem Jahr im Ghetto Litzmannstadt wurden die drei getrennt: Agnes Minner wurde im September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort unmittelbar nach der Ankunft ermordet.

Erich Minner überlebte bis zum 29. Juni 1943 die katastrophalen Lebensbedingungen im Ghetto, die auf Ermordung durch Überarbeitung, Mangelversorgung und Kälte zielten – seine Schwester Margarete bis zum 5. Oktober 1943. Kaum verlässlich sind die angegebenen Todesursachen „Herzschlag“ (Erich) und „Gehirnhautentzündung“ (Margarete), da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesumstände direkter und indirekter Gewalteinwirkung im Ghetto durch verschleiernde Sammelbegriffe kaschierten. Erichs Bruder, Alfred Minner, hatte mit seiner Frau Gertrude noch bis November 1942 in der Lippehner Straße (heute Käthe-Niederkirchner-Straße) im Prenzlauer Berg gelebt. Am 29. November 1942 wurden beide mit dem 23. Osttransport in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort vermutlich unmittelbar nach der Ankunft ermordet. Kurt Minner überlebte die NS-Verfolgung und Kriegszeit im Exil in London.