Margarete Minner

Location 
Gubener Straße 36
District
Friedrichshain
Born
13 May 1898 in Berlin
Occupation
Buchhalterin
Deportation
on 18 October 1941 to Łódź / Litzmannstadt
Murdered
05 October 1943 in Łódź / Litzmannstadt

Margarete Minner wurde am 13. Mai 1898 in Berlin als Tochter von Agnes und Simson Minner geboren. Im Mai 1901, Dezember 1902 und Januar 1909 kamen ihre jüngeren Brüder Erich, Alfred und Kurt zur Welt. Die Mutter von Margarete war vor ihrer Heirat US-amerikanische Staatsbürgerin gewesen. Sie war 1876 im Norden der USA in der Stadt Grand Rapids nahe des Lake Michigan geboren worden. Möglicherweise waren ihre Eltern, Margaretes Großeltern, während der großen Auswanderungswelle aus Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika emigriert und hatten sich in Michigan niedergelassen. In den 1890er Jahren war die junge Agnes Marcuse nach Europa gekommen.

Der Vater von Margarete, der Kaufmann Simson Minner, stammte aus einer Familie, die mindestens seit den 1870er Jahren in Berlin ansässig war. Seit 1871 war Margaretes Großvater väterlicherseits, Herschek Minner, in Berlin als Schuhmacher tätig. Simson Minner sammelte im Geschäft seines Vaters in der Schönhauser Allee 182 sicher früh Erfahrungen im textilverarbeitenden Handwerk. 1901 bezog er mit seiner Frau und der kleinen Margarete eine gemeinsame Wohnung und machte sich selbstständig. Er war als Mützenmacher in der Linienstraße 16 nahe der Prenzlauer Straße (der heutigen Karl-Liebknecht-Straße) in Mitte ansässig. Im Jahr 1907 zogen Simson und Agnes Minner mit ihren nunmehr drei Kindern in eine größere Wohnung in die Keibelstraße 14, die damals die Linienstraße kreuzte. Im August 1910 folgte der Umzug in die Gubener Straße 36 in Friedrichshain, wo das Ehepaar in den kommenden drei Jahrzehnten und ihre Kinder bis ins Erwachsenenalter wohnten.

Es haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die ein Licht auf die Kindheit von Margarete Minner im Kaiserreich, ihre Jugendjahre in der Kriegszeit und ihre frühen Erwachsenenjahre im Berlin der Weimarer Republik werfen könnten. Es ist wahrscheinlich, dass ihr Vater, der zu Beginn des Ersten Weltkriegs 39 Jahre alt war, sich entweder freiwillig meldete oder rekrutiert wurde und an den Kampfhandlungen auf den europäischen Kriegsschauplätzen teilnahm, während Agnes Minner mit der Familie die Hungersnot, den sogenannten „Steckrübenwinter“ 1916/17, in Berlin überdauerte. Im letzten Kriegsjahr eröffnete Simson Minner eine Filiale für Galanteriewaren in Neukölln, in der modische Accessoires erhältlich waren. Diese wurde 1920 die Hauptgeschäftsadresse, die Niederlassung in der Gubener Straße aufgegeben. In der Zeit der Weimarer Republik schlossen Margarete und ihre Brüder ihre Ausbildungen ab. Margarete arbeitete in Berlin als Buchhalterin und Stenotypistin. Erich war als Textilkaufmann tätig. Alfred, der die 1904 in Mewe (heute Gniew) geborene Gertrude Lindenstrauss heiratete, war als Verkäufer angestellt und Kurt Minner wurde wie Erich Kaufmann.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Minner. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Erlasse und Sondergesetze drängten sie in die Position von Rechtlosen.

Obwohl in Berlin geboren, hatte Margaretes Vater, Simson Minner, keine deutsche Staatsangehörigkeit, sondern war offiziell als „staatenlos“ geführt. Mit der Hochzeit hatte auch Agnes Minner ihre amerikanische Staatsangehörigkeit verloren und wurde genauso wie später Margarete und ihre Geschwister als „staatenlos“ eingestuft. Als Geschäftsinhaber waren die Eltern von Margarete seit 1933 von antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Mai und November 1938 in Berlin erfuhren. Bis 1938/39 hielten sie am Geschäftsbetrieb ihrer Galanteriewarenhandlung fest, bevor sie aufgaben. Im September 1939 konnte Margaretes Bruder Kurt das Land verlassen und emigrierte nach Großbritannien. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die übrigen Familienangehörigen eine Ausreise vorbereiteten oder zumindest planten, dies sollte aber scheitern. Im Frühjahr 1941 starb Simson Minner im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße. Margarete Minner wohnte mit ihrer verwitweten Mutter und ihrem Bruder Erich weiter in der Wohnung Gubener Straße 36. Im Herbst 1941 musste Margarete Minner als Zwangsarbeiterin beim Betrieb Wagner & Wolff in der Hagelberger Straße 50 in Kreuzberg arbeiten. Erich war zuletzt bei der Müllbeseitigungsanstalt Berlin-Schöneberg beschäftigt.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 18. Oktober 1941 begannen die Massendeportationen aus Berlin, die den Auftakt zur systematischen Vernichtung der deutschen Juden bildeten. Die damals 43-jährige Margarete Minner, ihre 65-jährige Mutter und ihr Bruder gehörten zu dem von der Gestapo als „Welle I“ bezeichneten ersten Transport aus der Stadt. Am 18. Oktober 1941 wurden Margarete, Agnes und Erich Minner vom Bahnhof Grunewald in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert. Zuvor waren sie von Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei aus ihrer Wohnung in die als Sammellager missbrauchte ehemalige Synagoge Levetzowstraße 7-8 verschleppt worden. Nach knapp einem Jahr im Ghetto Litzmannstadt wurden die drei getrennt: Agnes Minner wurde im September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.

Margarete Minner überlebte bis zum 5. Oktober 1943 die katastrophalen Lebensbedingungen im Ghetto, die auf Ermordung durch Überarbeitung, Mangelversorgung und Kälte zielten – ihr Bruder Erich war am 29. Juni 1943 im Ghetto gestorben. Kaum verlässlich sind die angegebenen Todesursachen „Gehirnhautentzündung“ (Margarete) und „Herzschlag“ (Erich), da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesumstände direkter und indirekter Gewalteinwirkung im Ghetto durch verschleiernde Sammelbegriffe kaschierten. Margaretes Bruder, Alfred Minner, hatte mit seiner Frau Gertrude bis November 1942 in der Lippehner Straße (heute Käthe-Niederkirchner-Straße) im Prenzlauer Berg gelebt. Am 29. November 1942 waren beide mit dem 23. Osttransport in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und vermutlich unmittelbar nach der Ankunft ermordet worden. Kurt Minner überlebte die NS-Verfolgung und Kriegszeit im Exil in London.

Margarete Minner wurde am 13. Mai 1898 in Berlin als Tochter von Agnes und Simson Minner geboren. Im Mai 1901, Dezember 1902 und Januar 1909 kamen ihre jüngeren Brüder Erich, Alfred und Kurt zur Welt. Die Mutter von Margarete war vor ihrer Heirat US-amerikanische Staatsbürgerin gewesen. Sie war 1876 im Norden der USA in der Stadt Grand Rapids nahe des Lake Michigan geboren worden. Möglicherweise waren ihre Eltern, Margaretes Großeltern, während der großen Auswanderungswelle aus Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika emigriert und hatten sich in Michigan niedergelassen. In den 1890er Jahren war die junge Agnes Marcuse nach Europa gekommen.

Der Vater von Margarete, der Kaufmann Simson Minner, stammte aus einer Familie, die mindestens seit den 1870er Jahren in Berlin ansässig war. Seit 1871 war Margaretes Großvater väterlicherseits, Herschek Minner, in Berlin als Schuhmacher tätig. Simson Minner sammelte im Geschäft seines Vaters in der Schönhauser Allee 182 sicher früh Erfahrungen im textilverarbeitenden Handwerk. 1901 bezog er mit seiner Frau und der kleinen Margarete eine gemeinsame Wohnung und machte sich selbstständig. Er war als Mützenmacher in der Linienstraße 16 nahe der Prenzlauer Straße (der heutigen Karl-Liebknecht-Straße) in Mitte ansässig. Im Jahr 1907 zogen Simson und Agnes Minner mit ihren nunmehr drei Kindern in eine größere Wohnung in die Keibelstraße 14, die damals die Linienstraße kreuzte. Im August 1910 folgte der Umzug in die Gubener Straße 36 in Friedrichshain, wo das Ehepaar in den kommenden drei Jahrzehnten und ihre Kinder bis ins Erwachsenenalter wohnten.

Es haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die ein Licht auf die Kindheit von Margarete Minner im Kaiserreich, ihre Jugendjahre in der Kriegszeit und ihre frühen Erwachsenenjahre im Berlin der Weimarer Republik werfen könnten. Es ist wahrscheinlich, dass ihr Vater, der zu Beginn des Ersten Weltkriegs 39 Jahre alt war, sich entweder freiwillig meldete oder rekrutiert wurde und an den Kampfhandlungen auf den europäischen Kriegsschauplätzen teilnahm, während Agnes Minner mit der Familie die Hungersnot, den sogenannten „Steckrübenwinter“ 1916/17, in Berlin überdauerte. Im letzten Kriegsjahr eröffnete Simson Minner eine Filiale für Galanteriewaren in Neukölln, in der modische Accessoires erhältlich waren. Diese wurde 1920 die Hauptgeschäftsadresse, die Niederlassung in der Gubener Straße aufgegeben. In der Zeit der Weimarer Republik schlossen Margarete und ihre Brüder ihre Ausbildungen ab. Margarete arbeitete in Berlin als Buchhalterin und Stenotypistin. Erich war als Textilkaufmann tätig. Alfred, der die 1904 in Mewe (heute Gniew) geborene Gertrude Lindenstrauss heiratete, war als Verkäufer angestellt und Kurt Minner wurde wie Erich Kaufmann.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Minner. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Erlasse und Sondergesetze drängten sie in die Position von Rechtlosen.

Obwohl in Berlin geboren, hatte Margaretes Vater, Simson Minner, keine deutsche Staatsangehörigkeit, sondern war offiziell als „staatenlos“ geführt. Mit der Hochzeit hatte auch Agnes Minner ihre amerikanische Staatsangehörigkeit verloren und wurde genauso wie später Margarete und ihre Geschwister als „staatenlos“ eingestuft. Als Geschäftsinhaber waren die Eltern von Margarete seit 1933 von antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Bis 1938/39 hielten sie am Geschäftsbetrieb ihrer Galanteriewarenhandlung fest, bevor sie aufgaben. Im September 1939 konnte Margaretes Bruder Kurt das Land verlassen und emigrierte nach Großbritannien. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die übrigen Familienangehörigen eine Ausreise vorbereiteten oder zumindest planten, dies sollte aber scheitern. Im Frühjahr 1941 starb Simson Minner im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße. Margarete Minner wohnte mit ihrer verwitweten Mutter und ihrem Bruder Erich weiter in der Wohnung Gubener Straße 36. Im Herbst 1941 musste Margarete Minner als Zwangsarbeiterin beim Betrieb Wagner & Wolff in der Hagelberger Straße 50 in Kreuzberg arbeiten. Erich war zuletzt bei der Müllbeseitigungsanstalt Berlin-Schöneberg beschäftigt.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 18. Oktober 1941 begannen die Massendeportationen aus Berlin, die den Auftakt zur systematischen Vernichtung der deutschen Juden bildeten. Die damals 43-jährige Margarete Minner, ihre 65-jährige Mutter und ihr Bruder gehörten zu dem von der Gestapo als „Welle I“ bezeichneten ersten Transport aus der Stadt. Am 18. Oktober 1941 wurden Margarete, Agnes und Erich Minner vom Bahnhof Grunewald in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert. Zuvor waren sie von Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei aus ihrer Wohnung in die als Sammellager missbrauchte ehemalige Synagoge Levetzowstraße 7-8 verschleppt worden. Nach knapp einem Jahr im Ghetto Litzmannstadt wurden die drei getrennt: Agnes Minner wurde im September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.

Margarete Minner überlebte bis zum 5. Oktober 1943 die katastrophalen Lebensbedingungen im Ghetto, die auf Ermordung durch Überarbeitung, Mangelversorgung und Kälte zielten – ihr Bruder Erich war am 29. Juni 1943 im Ghetto gestorben. Kaum verlässlich sind die angegebenen Todesursachen „Gehirnhautentzündung“ (Margarete) und „Herzschlag“ (Erich), da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesumstände direkter und indirekter Gewalteinwirkung im Ghetto durch verschleiernde Sammelbegriffe kaschierten. Margaretes Bruder, Alfred Minner, hatte mit seiner Frau Gertrude bis November 1942 in der Lippehner Straße (heute Käthe-Niederkirchner-Straße) im Prenzlauer Berg gelebt. Am 29. November 1942 waren beide mit dem 23. Osttransport in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und vermutlich unmittelbar nach der Ankunft ermordet worden. Kurt Minner überlebte die NS-Verfolgung und Kriegszeit im Exil in London.