Lieselotte Riesenburger

Location 
Jablonskistr. 26
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
07 October 2023
Born
29 September 1920 in Berlin
Occupation
Krankenschwester
Escape
1940 Shanghai
Survived

Lieselotte Riesenburger wurde am 29. September 1920 als älteste von zwei Töchtern des Kaufmanns Isidor Riesenburger und dessen Ehefrau Hertha geb. Heidemann in Berlin geboren. Die Familie Isidor Riesenburger wohnte ab 1921 in Berlin-Charlottenburg in der Augsburger Straße 23. Hier kam am 1. Juni 1925 die Schwester Ruth zur Welt. Zwischen 1927 und 1929 dann ein erneuter Umzug nach Berlin-Kaulsdorf in die Friedrichstraße 26 II. Etage (2 Treppen – wie der Berliner sagt). Möglicherweise wurde Lieselotte Ostern 1927 bereits in Kaulsdorf eingeschult. Belegt ist die Einschulung der Schwester Ruth – Ostern 1931- in Kaulsdorf. Der Haushaltsvorstand Isidor wird bis 1933 im Berliner Adressbuch unter dieser Anschrift – mit Telefon genannt. Im Jahre 1934 dann der nächste Umzug der Familie– dieses Mal nach Berlin-Prenzlauer Berg. Ab der Ausgabe 1935 des Adressbuchs von Berlin wird Vater Isidor nun mit der Anschrift Jablonskistraße 26 als Kaufmann mit Telefon genannt. In den Telefonbüchern der Jahre 1935 bis 1939 ist er als Versicherungsvertreter dokumentiert.

Lieselotte beendete Ostern 1935 die 8-klassige Volksschule und nahm danach eine Ausbildung zur Krankenschwester auf.

Aus den Unterlagen der Volkszählung vom Mai 1939 wissen wir, dass Vater Isidor, Mutter Hertha und Schwester Ruth Riesenburger am 17. Mai 1939 in der Jablonskistraße 26 wohnten, während Lieselotte im Israelitischen Krankenheim in der Elsässer Straße 85 (heute Torstr. 146) wohnte und arbeitete.

Vermutlich hat auch Isidor Riesenburger versucht, für seine Familie eine Ausreise aus Nazi-Deutschland zu organisieren. Dazu waren außer Visa von Drittstaaten auch entsprechende Finanzmittel notwendig. Vermutlich an beidem scheiterte dieses Vorhaben.

Für die Tochter Lieselotte tat sich dann über ihre Berufstätigkeit eine Möglichkeit zum Verlassen von Nazi-Deutschland auf. Sie lernte an ihrem Arbeitsort den Sohn einer Patientin kennen, der ihr anbot, sie mit nach Shanghai / China zu nehmen. Sicher nach vielen schlaflosen Nächten beschlossen ihre Eltern, die 19-Jährige auf diese unwägbare Reise zu schicken. Da durch den Kriegsbeginn im September 1939 eine direkte Reise mit dem Schiff nicht mehr möglich war, konnte Lieselotte im Juli 1940 nur mit dem Zug – der Transsibirischen Eisenbahn - quer durch Europa bis nach Asien, Shanghai fahren. Die Reise dauerte mehrere Wochen. Später heiratete sie in Shanghai Heinrich Marcus, den Sohn ihrer (verstorbenen) Patientin.

In Berlin blieben Eltern, Schwester, Großeltern, Onkel und Tanten zurück, deren Leben sich seit der Machtübernahme der Nazis bereits dramatisch verändert hatte und sich in den Folgejahren auf eine nicht vorstellbare Weise weiter verändern sollte.

Bereits seit Oktober 1941 setzten die Nazis ihr Vernichtungsprogramm mit der planmäßigen Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung fort.

Lieselottes Eltern, Isidor und Hertha, wurden am 17. Mai 1943 gemeinsam mit der Schwester Ruth Riesenburger aus der Christburger Straße 48 – wohin sie im Mai 1942 zwangsweise umziehen mussten- mit dem 38. Osttransport ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Von dort wurden sie im Oktober 1944 nach Auschwitz „verlegt“. Isidor und Hertha Riesenburger wurden ebendort ermordet. Ihre genauen Todesdaten sind nicht dokumentiert.

Die 19-jährige Schwester Ruth wurde im November 1944 ins KZ Mauthausen „verlegt“. Dort wurde sie im Außenlager Lenzing zur Zwangsarbeit in der Kunstfaserproduktion der Lenzing Zellwolle AG eingesetzt. Am 8. Mai 1945 wurde dieses KZ samt Außenlager von der 3. US-Army befreit – Ruth hat überlebt!

Lieselotte und ihrem Ehemann Heinrich Marcus gelangs es 1947 von Shanghai in die USA zu immigrieren, wohin die Schwester Ruth bereits im August 1946 aus Deutschland emigriert war. Dort sahen sich die Schwestern erstmals nach dem Krieg wieder.