Margarethe Berg née Hirsch

Location 
Mommsenstr. 18
District
Charlottenburg
Stone was laid
08 November 2021
Born
03 May 1872 in Rügenwalde (Pommern) / Darłowo
Deportation
on 20 August 1942 to Theresienstadt
Later deported
on 26 September 1942 to Treblinka
Murdered
in Treblinka

Margarethe Hirsch wurde am 3. Mai 1872 in Rügenwalde/Pommern geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann David Hirsch und seine Frau Bertha geb. Menchau. Margarethe war die Älteste von vier Geschwistern. 1878 oder 1879 wurde Ester Else geboren, sie starb 21jährig am 11. März 1900. Rosa Rifke kam am 31. März 1882 auf die Welt und der Bruder Lester Hannes am 3. Februar 1884.

Im Alter von 21 Jahren heiratete Margarethe am 3. Oktober 1893 den Kaufmann Siegfried Berg (*5. Januar 1867). Das Ehepaar wohnte anfangs in der Alten Schönhauser Straße 3.
Die erste Tochter Irma Charlotte (Lotte) kam am 26. Juli 1894 auf die Welt. Damals war das Ehepaar Berg in die Schlegelstraße 10 umgezogen. 
Am 15. Juli 1899 wurde Lola Irene geboren. Die Familie hatte inzwischen wieder die Wohnung gewechselt und wohnte nun in der Lothringer Straße 55. Lola starb am 3. Januar 1918 im Virchow Krankenhaus. Sie war erst 19 Jahre alt. Sie hatte nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zur Krankenpflegerin gemacht. In der Sterbeurkunde ist als Adresse die Weddinger Brunnenstraße 41 angegeben. Dort befand sich das Mutter- und Kinderheim des Frauen–Vereins der Berliner Logen, sowie das Schwesternheim der Großloge, in dem Lola ihre Unterkunft hatte. Margarethe und Siegfried waren zum Zeitpunkt des Todes ihrer Tochter schon lange geschieden. Laut Lolas Sterbeurkunde war Siegfried Berg in Amerika wohnhaft - „näheres nicht bekannt“.

Am 12. Februar 1905 hatte Margarethe in zweiter Ehe Arthur Woog geheiratet. Am 6. Dezember desselben Jahres kam der gemeinsame Sohn Cornelius Maximilian auf die Welt. Es schien auch in dieser Ehe zu Zerwürfnissen gekommen zu sein, die für Margarethe gravierende Folgen hatten und so wurde auch ihre zweite Ehe zu einem nicht bekannten Zeitpunkt geschieden.

Im Entschädigungsverfahren von 1960 heißt es: „Diese Ehe soll jedoch auf Antrag des Ehemannes für nichtig erklärt worden sein. Das aus dieser Ehe stammende Kind Kornelius Woog soll dem Vater zugesprochen worden sein.“

Die gemeinsamen Einträge in den Berliner Adressbüchern für Arthur und Cornelius Woog unterstützen diese Aussage. Arthur Woog, kaufmännischer Direktor – er war in den 20-er Jahren im Aufsichtsrat der Buttelawerke Hannover - und Cornelius Woog, Ingenieur und später Vertreter waren seit 1933 bis 1938 unter mehreren gemeinsamen Schöneberger Adressen gemeldet.

Nach der Scheidung legte Margarethe den Ehenamen Woog ab, sie nannte sich von da an wieder Margarethe Berg. Durch den häufig vorkommenden Namen ist nicht nachzuverfolgen, wo Margarethe Berg gewohnt hat und wann sie in die Mommsenstraße 18 gezogen ist. Da ihre Tochter Charlotte (Lotte) in die USA ausgewandert war – sie heiratete dort und trug den Ehenamen Fertig – und Cornelius bei seinem Vater lebte, kann davon ausgegangen werden, dass Margarethe Berg keine eigene Wohnung hatte, sondern bei jemandem in der Mommsenstraße zur Untermiete wohnte. In der Sonderkartei für Juden, die im Zusammenhang mit der Volkszählung im Mai 1939 angefertigt wurde, ist lediglich ihr Name erwähnt, nicht aber bei wem sie lebte.

Im Herbst 1941 – die ersten Deportationen in die Ghettos im Osten Europas waren angelaufen – wurden jüdische Berliner zwangsweise aus ihren Wohnungen aus- und in andere Unterkünfte eingewiesen. Teilweise pferchte man sie in sogenannten „Judenhäusern“ zusammen oder quartierte sie bei anderen jüdischen Mietern ein. Es sollten bevorzugt große „Judenwohnungen“ freigemacht werden, um Wohnraum für Funktionäre des NS-Regimes und für Bombengeschädigte zu schaffen.

So erging es auch Margarethe Berg, die ihre Wohnung oder ihr Zimmer in der Mommsenstraße verlassen musste und bei Seligsohn in der Eisenzahnstraße 6 zur Untermiete in eine Parterrewohnung einquartiert wurde. Sie hatte noch einige Möbelstücke aus dem Mommsenstraße 18 mitnehmen können – offenbar bewohnte sie bei Seligsohn ein Leerzimmer. Der Wert dieses Mobiliars (Messingbettstelle mit Federboden, Nachttisch Marmor, Ruhebett, Frisierkommode, Kleiderschrank mit Spiegel, kleiner Tisch und 3 Stühle, 2 Vorleger, Koffer, Plättbrett, Wäscheschlucker, Nähmaschine unbrauchbar) wurde nach ihrer Deportation vom Obergerichtsvollzieher eingezogen und auf lediglich 50 Reichsmark taxiert.

Cornelius Woog hatte inzwischen, wie auch seine Halbschwester Charlotte, Nazideutschland verlassen. Er war zunächst nach England gegangen, von wo aus er versuchte, seiner Mutter durch einen Freund der Familie zu helfen. Dieser erklärte später: „Seit meinem letzten Zusammensein mit Herrn C. Woog vor dem Krieg in England, habe ich regelmäßig Frau Berg in der Eisenzahnstraße 6 besucht und sie im Namen des Sohnes unterstützt. … Im Jahr 1942 war es Frau Berg klar, dass sie eines Tages – wie alle Juden – abgeholt würde und sie bat mich zu einer letzten Besprechung, um ihr nach einer evt. Abholung helfen zu können. Dies gelang mir selbstverständlich nicht. ...“.

Cornelius war von England weiter in die USA ausgereist. 1940 wurde er dort zusammen mit seiner Frau Nina in der Volkszählung erfasst. Margarethe kannte seine Adresse, sie schickte ihm am 10. April 1940 über das Rote Kreuz eine verzweifelte Nachricht: „Euer langes Schweigen beunruhigt mich sehr. Lieber Cornel bist du noch dort? Hoffe, dass Ihr gesund. Erwarte Lebenszeichen. Bin sehr deprimiert. Tausend Grüsse Mutter“.

Vier Monate später, am 20. August 1942 wurde Margarethe Berg mit dem 100 Menschen umfassenden, sogenannten 46. Alterstransport in das böhmische Ghetto Theresienstadt deportiert.

Ihre Schwester Rosa Rifke Herrmann geb. Hirsch hatte zuvor am 21. Juli 1942 den gleichen Weg nach Theresienstadt antreten müssen. Ob sich die beiden Schwestern im Ghetto noch getroffen haben, wissen wir nicht. Rosa starb zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in Theresienstadt, während Margarethe nur einen Monat nach ihrer Ankunft nach Treblinka weiterdeportiert wurde. Treblinka war als reines Vernichtungslager erschaffen worden. Die dort ankommenden Menschen wurden nicht registriert, sondern mussten sich sofort nach ihrer Ankunft entkleiden, um unmittelbar darauf in die Gaskammern getrieben zu werden.

Cornelius Woog stellte zusammen mit seiner Halbschwester Charlotte Fertig in den 1950er Jahren von den USA aus einen Antrag auf Entschädigung. Er starb 1996 in Wethersfield Connecticut. Sein Vater Arthur Woog war bereits am 20. Mai 1940 in seiner Schöneberger Wohnung an den Folgen einer Zuckererkrankung und Herzschwäche gestorben.

 

Margarethe Hirsch wurde am 3. Mai 1872 in Rügenwalde/Pommern geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann David Hirsch und seine Frau Bertha geb. Menchau. Margarethe war die Älteste von vier Geschwistern. 1878 oder 1879 wurde Ester Else geboren, sie starb 21-jährig am 11. März 1900. Rosa Rifke kam am 31. März 1882 auf die Welt und der Bruder Lester Hannes am 3. Februar 1884.

Im Alter von 21 Jahren heiratete Margarethe am 3. Oktober 1893 den Kaufmann Siegfried Berg (*5. Januar 1867). Das Ehepaar wohnte anfangs in der Alten Schönhauser Straße 3.
 Die erste Tochter Irma Charlotte (Lotte) kam am 26. Juli 1894 auf die Welt. Damals war das Ehepaar Berg in die Schlegelstraße 10 umgezogen. 
Am 15. Juli 1899 wurde Lola Irene geboren. Die Familie hatte inzwischen wieder die Wohnung gewechselt und wohnte nun in der Lothringer Straße 55. Lola starb am 3. Januar 1918 im Virchow-Krankenhaus. Sie war erst 19 Jahre alt. Nach dem Schulabschluss hatte sie eine Ausbildung zur Krankenpflegerin gemacht. In der Sterbeurkunde ist als Adresse die Weddinger Brunnenstraße 41 angegeben. Dort befand sich das Mutter- und Kinderheim des Frauen-Vereins der Berliner Logen sowie das Schwesternheim der Großloge, in dem Lola ihre Unterkunft hatte. Margarethe und Siegfried waren zum Zeitpunkt des Todes ihrer Tochter schon lange geschieden. Laut Lolas Sterbeurkunde war Siegfried Berg in Amerika wohnhaft – „näheres nicht bekannt“.

Am 12. Februar 1905 hatte Margarethe in zweiter Ehe Arthur Woog geheiratet. Am 6. Dezember desselben Jahres kam der gemeinsame Sohn Cornelius Maximilian auf die Welt. Es schien auch in dieser Ehe zu Zerwürfnissen gekommen zu sein, die für Margarethe gravierende Folgen hatten und so wurde auch ihre zweite Ehe zu einem nicht bekannten Zeitpunkt geschieden.

Im Entschädigungsverfahren von 1960 heißt es: „Diese Ehe soll jedoch auf Antrag des Ehemannes für nichtig erklärt worden sein. Das aus dieser Ehe stammende Kind Kornelius Woog soll dem Vater zugesprochen worden sein.“

Die gemeinsamen Einträge in den Berliner Adressbüchern für Arthur und Cornelius Woog unterstützen diese Aussage. Arthur Woog, kaufmännischer Direktor – er war in den 1920er Jahren im Aufsichtsrat der Buttelawerke Hannover – und Cornelius Woog, Ingenieur und später Vertreter, waren von 1933 bis 1938 unter mehreren gemeinsamen Schöneberger Adressen gemeldet.

Nach der Scheidung legte Margarethe den Ehenamen Woog ab, sie nannte sich von da an wieder Margarethe Berg. Durch den häufig vorkommenden Namen ist nicht nachzuverfolgen, wo Margarethe Berg gewohnt hat und wann sie in die Mommsenstraße 18 gezogen ist. Da ihre Tochter Charlotte (Lotte) in die USA ausgewandert war – sie heiratete dort und trug den Ehenamen Fertig – und Cornelius bei seinem Vater lebte, kann davon ausgegangen werden, dass Margarethe Berg keine eigene Wohnung hatte, sondern bei jemandem in der Mommsenstraße zur Untermiete wohnte. In der Sonderkartei für Juden, die im Zusammenhang mit der Volkszählung im Mai 1939 angefertigt wurde, ist lediglich ihr Name erwähnt, nicht aber, bei wem sie lebte.

Im Herbst 1941 – die ersten Deportationen in die Ghettos im Osten Europas waren angelaufen – wurden jüdische Berlinerinnen und Berliner zwangsweise aus ihren Wohnungen aus- und in andere Unterkünfte eingewiesen. Teilweise pferchte man sie in sogenannten „Judenhäusern“ zusammen oder quartierte sie bei anderen jüdischen Mietern ein. Es sollten bevorzugt große „Judenwohnungen“ freigemacht werden, um Wohnraum für Funktionäre des NS-Regimes und für Bombengeschädigte zu schaffen.

So erging es auch Margarethe Berg, die ihre Wohnung oder ihr Zimmer in der Mommsenstraße verlassen musste und bei Seligsohn in der Eisenzahnstraße 6 zur Untermiete in einer Parterrewohnung einquartiert wurde. Sie hatte noch einige Möbelstücke aus der Mommsenstraße 18 mitnehmen können – offenbar bewohnte sie bei Seligsohn ein Leerzimmer. Der Wert dieses Mobiliars (Messingbettstelle mit Federboden, Nachttisch Marmor, Ruhebett, Frisierkommode, Kleiderschrank mit Spiegel, kleiner Tisch und 3 Stühle, 2 Vorleger, Koffer, Plättbrett, Wäscheschlucker, Nähmaschine unbrauchbar) wurde nach ihrer Deportation vom Obergerichtsvollzieher eingezogen und auf lediglich 50 Reichsmark taxiert.

Cornelius Woog hatte inzwischen, wie auch seine Halbschwester Charlotte, das nationalsozialistische Deutschland verlassen. Er war zunächst nach England gegangen, von wo aus er versuchte, seiner Mutter durch einen Freund der Familie zu helfen. Dieser erklärte später: „Seit meinem letzten Zusammensein mit Herrn C. Woog vor dem Krieg in England, habe ich regelmäßig Frau Berg in der Eisenzahnstraße 6 besucht und sie im Namen des Sohnes unterstützt. […] Im Jahr 1942 war es Frau Berg klar, dass sie eines Tages – wie alle Juden – abgeholt würde und sie bat mich zu einer letzten Besprechung, um ihr nach einer evt. Abholung helfen zu können. Dies gelang mir selbstverständlich nicht. [...]“

Cornelius war von England weiter in die USA ausgereist. 1940 wurde er dort zusammen mit seiner Frau Nina in der Volkszählung erfasst. Margarethe kannte seine Adresse, sie schickte ihm am 10. April 1940 über das Rote Kreuz eine verzweifelte Nachricht: „Euer langes Schweigen beunruhigt mich sehr. Lieber Cornel bist du noch dort? Hoffe, dass Ihr gesund. Erwarte Lebenszeichen. Bin sehr deprimiert. Tausend Grüsse Mutter“.

Vier Monate später, am 20. August 1942, wurde Margarethe Berg mit dem 100 Menschen umfassenden, sogenannten 46. Alterstransport in das böhmische Ghetto Theresienstadt deportiert.

Ihre Schwester Rosa Rifke Herrmann geb. Hirsch hatte zuvor am 21. Juli 1942 den gleichen Weg nach Theresienstadt antreten müssen. Ob sich die beiden Schwestern im Ghetto noch getroffen haben, wissen wir nicht. Rosa starb zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in Theresienstadt, während Margarethe nur einen Monat nach ihrer Ankunft nach Treblinka weiterdeportiert wurde. Treblinka war als reines Vernichtungslager erschaffen worden. Die dort ankommenden Menschen wurden nicht registriert, sondern mussten sich sofort nach ihrer Ankunft entkleiden, um unmittelbar darauf in die Gaskammern getrieben zu werden.

Cornelius Woog stellte zusammen mit seiner Halbschwester Charlotte Fertig in den 1950er Jahren von den USA aus einen Antrag auf Entschädigung. Er starb 1996 in Wethersfield Connecticut. Sein Vater Arthur Woog war bereits am 20. Mai 1940 in seiner Schöneberger Wohnung an den Folgen einer Zuckererkrankung und Herzschwäche gestorben.