Pauline Rosenberg geb. Cohn

Verlegeort
Planufer 93 A
Historischer Name
Planufer 93
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
08. Dezember 2006
Geboren
25. November 1877 in Neustadt (Posen)
Deportation
am 28. Mai 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 18. Mai 1944 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Pauline Cohn wurde am 25. November 1877 in Neustadt bei Pinne (dem heutigen Lwówek) geboren. Sie war die Tochter des Schneiders Ferdinand Cohn und seiner Frau Dorothea Cohn, geborene Marcus. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Pauline haben sich keine Informationen erhalten. Es ist auch nicht bekannt, ob sie im Kreis von Geschwistern aufwuchs. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur Jüdischen Gemeinde Neustadts, zu der zur Zeit der Geburt von Pauline etwa 500 der circa 2.600 Einwohner der Kleinstadt in der damaligen Provinz Posen zählten. Vermutlich besuchte Pauline in ihrer Kindheit die 1834 gegründete, jüdische Elementarschule des Ortes, an der unter anderem Michaelis Roeder, Jakob Nürnberg und Isidor Plonsk als Lehrer unterrichtet hatten und die 1878 wegen einem Rückgang der Einschulungen von einer zweiklassigen auf eine einklassige Schule umgestellt worden war. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte im Zuge von Pauperismus, Landflucht und Überseemigration ein vermehrter Wegzug jüdischer Familien aus Neustadt und der Umgebung eingesetzt – vor allem mit dem Ziel größerer Metropolen. Auch die Familie Cohn wurde zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Teil dieser Bewegung, verließ Paulines Geburtsstadt und siedelte sich vor der Jahrhundertwende in Berlin an. Pauline Cohn war in der Hauptstadt als Blumenarbeiterin beschäftigt und wohnte mit ihren Eltern in der Alexanderstraße 30 in Mitte.<br />
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Am 24. April 1900 heiratete sie den aus der ostfriesischen Hafenstadt Emden stammenden Abraham Rosenberg. Der Sohn des gleichnamigen Kolporteurs Abraham Rosenberg und der Betty Rosenberg, geborene Neumann, war vier Jahre älter als Pauline und wohnte zum Zeitpunkt der Hochzeit in einer Wohnung in der Neuen Königstraße 25 (der heutigen Otto-Braun-Straße) nahe des Alexanderplatzes. Abraham Rosenberg arbeitete in der Hauptstadt als Kaufmann und war später, ab Ende der 1920er-Jahre, als Kastellan einer Synagoge mit der Aufsicht des Religionshauses betraut. Pauline Rosenberg brachte in den Jahren zwischen 1901 und 1918 sechs Söhne und zwei Töchter zur Welt: 1901 und 1902 wurden Arnold und Herbert Rosenberg geboren; drei Jahre später ihre Tochter Betty; in den Jahren 1910, 1913 und 1916 kamen die Söhne Bernhard, Kurt und Ernst zur Welt und schließlich 1918 Ewald Rosenberg. Das Geburtsjahr von Paulines zweiter Tochter Ilse Rosenberg ist unbekannt.<br />
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Die Familie lebte in den 1910er-Jahren in einer Wohnung in der damaligen Landsberger Straße 85 (heute überbaut) in Mitte. Die Kinder besuchten eine der Volksschulen der Umgebung. Von Kurt Rosenberg ist bekannt, dass er nach seinem Schulabschluss für drei Jahre von 1927 bis 1930 an einer Berufsschule eingeschrieben war und dort das Handwerk eines Schäftemachers erlernte, sich also auf die Anfertigung von Schuhoberteilen spezialisierte. Auch andere Kinder von Pauline wurden im Bereich des Textilhandwerks ausgebildet: Ernst Rosenberg war als Futtermacher auf das Weben von Stoffen für das Unterfüttern von Kleidungsstücken spezialisiert und Betty Rosenberg war als Näherin beschäftigt. Andere Kinder von Pauline wie etwa Arnold Rosenberg orientierten sich nach der Schule in den Bereich des Handels und absolvierten in Berlin Lehren in kaufmännischen Betrieben. Im Jahr 1926 zog das Ehepaar Rosenberg mit den noch in ihrem Haushalt lebenden Kindern in eine Wohnung in der Barnimstraße 39 unweit des Volksparks Friedrichshain. 1933/1934 zogen Pauline und Abraham Rosenberg noch einmal um. Dieses Mal nach Kreuzberg in eine Wohnung am Planufer 93a (heute 93) mit Blick auf den Landwehrkanal. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Pauline Rosenberg und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Als Synagogenkastellan sah sich Paulines Ehemann unmittelbar konfrontiert mit den Auswirkungen der staatlichen Terror- und Propagandamaßnahmen. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Erlasse und Sondergesetze drängten die Rosenbergs zunehmend in die Position von Rechtlosen.<br />
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Paulines Tochter Ilse Rosenberg (später verheiratete Felman) gelang es, Deutschland zu verlassen und sich nach Südamerika einzuschiffen. Ihr Sohn Kurt hatte seit 1934 keine Stelle mehr finden können und sich daraufhin als Schuhmacher selbstständig gemacht. 1937 musste er das Geschäft wieder schließen, weil er gezwungen war seinen Gewerbeschein aufzugeben. Im letzten Jahr vor seiner Auswanderung lebte er bei seinen Schwiegereltern, die ihn auch unterhielten, in einer Wohnung in der Alten Schönhauser Straße 31. Im August 1939 flüchtete er mit seiner Ehefrau Emmi, geborene Feldmesser, die er 1935 geheiratet hatte, und der 1937 geborenen Tochter Gerda aus Berlin nach Shanghai. Dort angekommen, bemühte sich Kurt Rosenberg Anfang 1940 mit den letzten ihm verbliebenen Mitteln Visa für seine in Berlin zurückgebliebenen Eltern, Schwiegereltern und Geschwister zu erhalten. Auch wenn es ihm im April schließlich gelang, die Papiere zu bekommen, konnte keiner der dreizehn Personen, für die sie ausgestellt waren, diese noch zur Ausreise aus Deutschland nutzen.<br />
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In Berlin verblieben Anfang der 1940er-Jahre neben dem Ehepaar Pauline und Abraham Rosenberg ihre Kinder Arnold, Herbert, Bernhard, Ewald und Ernst sowie Betty Rosenberg und deren Familien: Herbert Rosenberg lebte mit seiner Ehefrau Elly Rosenberg, geborene Schindler, und dem 1939 geborenen Bela in der Landsberger Straße 87; Bernhard Rosenberg mit seiner Frau Frieda, geborene Ascher, und der ebenfalls 1939 geborenen Judis (auch Judith) Rosenberg bei seinen Schwiegereltern Alphons und Jeanette Ascher am Braunen Weg 92 in Friedrichshain (heutige Singerstraße), bevor sie Anfang der 1940er-Jahre in die Allensteiner Straße 38 (heute Liselotte-Herrmann-Straße) zogen. Ewald Rosenberg heiratete 1939 Gerda Ascher und lebte mit ihr sowie der 1942 geborenen Tochter Gittel zuletzt in einer Wohnung in der Kleinen Hamburger Straße 17 in Mitte. Im Oktober 1939 fand die Hochzeit von Ernst Rosenberg mit der Hausgehilfin Hella Chilmann statt. Das Ehepaar lebte mit ihrer 1941 geborenen Tochter Denny in der Greifswalder Straße 210. Betty Rosenberg, verheiratete Simon, zog mit ihrem Ehemann Joachim zuletzt in eine Wohnung in der Skalitzer Straße 20. Arnold Rosenberg heiratete im Oktober 1940 Elli (auch Elly) Löwenstein und lebte mit ihr in der Schönleinstraße 30 in Kreuzberg. 1939/1940 mussten Pauline und Abraham Rosenberg ihre Wohnung am Planufer 93a aufgeben und zogen in eine Wohnung am Kottbusser Damm 64. Für die Familienmitglieder wurde das Leben in Berlin spätesten in den 1940er-Jahren zum täglichen Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Seit 1938/1939 mussten viele der Familienmitglieder Zwangsarbeit in Berliner Unternehmen leisten. So waren etwa Ernst und Ewald Rosenberg Zwangsarbeiter bei der Theaterschuh-Manufaktur „W. Striska“ am Tempelhofer Ufer 1a, Arnold Rosenberg bei der Reichsbahn und anderen Unternehmen eingesetzt, dessen Frau Elli bei der Elektro- und Glimmerwarenfabrik „Scherb & Schwer“ und Hella Rosenberg Arbeiterin im ehemals jüdischen Wäscheverleihgeschäft „Robert Gohlke“ in der Wusterhauser Straße 15 (heute überbaut). Abraham Rosenberg hatte zuletzt eine Stelle als Ordner der Jüdischen Gemeinde und erhielt außerdem eine geringfügige Invalidenrente.<br />
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Der Entrechtung folgte die Deportation: Pauline und Abraham Rosenberg erhielten den Deportationsbescheid im Frühjahr 1943. Im Mai 1943 wurden sie aus ihrer letzten Wohnung am Kottbusser Damm 64 in eines der Berliner Sammellager verschleppt, von wo aus sie am 28. Mai 1943 mit dem 90. „Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden. Sie überlebten die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt knapp ein Jahr, bevor die 66-jährige Pauline und ihr 70-jähriger Ehemann am 18. Mai 1944 weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden.<br />
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Ein Großteil der Familie von Abraham und Pauline Rosenberg war bereits im Februar und März 1943 deportiert worden: Bernhard und Frieda Rosenberg mit ihrer Tochter Judis am 3. Februar 1943; Betty Simon, geborene Rosenberg, mit ihrem Ehemann Joachim am 19. Februar 1943. Am 1. März 1943 wurde Ewalds Ehefrau Gerda, geborene Ascher deportiert und am 2. März 1943 Herbert Rosenberg mit seiner Frau Elli, geborene Schindler, und dem dreijährigen Bela. In dem gleichen Transport befand sich auch Hella, die Ehefrau von Ernst Rosenberg, und ihr einjähriger Sohn Denny. Ernst Rosenberg selbst wurde einen Tag später am 3. März 1943 zusammen mit seinem Bruder Ewald und der acht Monate alten Gittel aus Berlin verschleppt. Sie alle wurden nach Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach der Ankunft der jeweiligen Transporte – ermordet. Keiner der genannten Familienmitglieder gehörte zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.<br />
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Drei von Pauline und Abraham Rosenbergs Kindern überlebten die NS-Zeit: Ilse, verheiratete Felman, im Exil in Südamerika; Kurt Rosenberg, seine Ehefrau Emmi, geborene Feldmesser, und ihr Kind Gerda wurden zwischen 1943 und 1945 auf Grund der Proklamation der japanischen Militärbehörden im Shanghaier Ghetto im Stadtteil Hongkou interniert und konnten 1947 weiter in die USA emigrieren; Arnold Rosenberg überlebte die NS-Verfolgung mit seiner Ehefrau Elly Rosenberg, geborene Löwenberg, in Berlin. Nach der rassenideologischen NS-Terminologie handelte es sich bei Elly um eine „Geltungsjüdin“ mit „arischem“ Elternteil. Das Ehepaar war auf der Liste der Berliner Gestapo für den „4. großen Alterstransport“ verzeichnet, mit welchem Mitte März 1943 1.342 Menschen nach Theresienstadt deportiert wurden. Sie wurden aber aus der Liste gestrichen. Aus späteren Angaben an die Internationale Flüchtlingsorganisation, bei der sie um Hilfe zur Ausreise baten, geht hervor, dass sie stattdessen im August 1943 in das Berliner Sammellager Schulstraße im Wedding verbracht wurden, wo sie bis zum Kriegsende interniert waren und am 21. April 1945 befreit wurden. Das Ehepaar konnte nach Kriegsende über Bremerhaven in die USA ausreisen.

Pauline Cohn wurde am 25. November 1877 in Neustadt bei Pinne (dem heutigen Lwówek) geboren. Sie war die Tochter des Schneiders Ferdinand Cohn und seiner Frau Dorothea Cohn, geborene Marcus. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Pauline haben sich keine Informationen erhalten. Es ist auch nicht bekannt, ob sie im Kreis von Geschwistern aufwuchs. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur Jüdischen Gemeinde Neustadts, zu der zur Zeit der Geburt von Pauline etwa 500 der circa 2.600 Einwohner der Kleinstadt in der damaligen Provinz Posen zählten. Vermutlich besuchte Pauline in ihrer Kindheit die 1834 gegründete, jüdische Elementarschule des Ortes, an der unter anderem Michaelis Roeder, Jakob Nürnberg und Isidor Plonsk als Lehrer unterrichtet hatten und die 1878 wegen einem Rückgang der Einschulungen von einer zweiklassigen auf eine einklassige Schule umgestellt worden war. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte im Zuge von Pauperismus, Landflucht und Überseemigration ein vermehrter Wegzug jüdischer Familien aus Neustadt und der Umgebung eingesetzt – vor allem mit dem Ziel größerer Metropolen. Auch die Familie Cohn wurde zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Teil dieser Bewegung, verließ Paulines Geburtsstadt und siedelte sich vor der Jahrhundertwende in Berlin an. Pauline Cohn war in der Hauptstadt als Blumenarbeiterin beschäftigt und wohnte mit ihren Eltern in der Alexanderstraße 30 in Mitte.

Am 24. April 1900 heiratete sie den aus der ostfriesischen Hafenstadt Emden stammenden Abraham Rosenberg. Der Sohn des gleichnamigen Kolporteurs Abraham Rosenberg und der Betty Rosenberg, geborene Neumann, war vier Jahre älter als Pauline und wohnte zum Zeitpunkt der Hochzeit in einer Wohnung in der Neuen Königstraße 25 (der heutigen Otto-Braun-Straße) nahe des Alexanderplatzes. Abraham Rosenberg arbeitete in der Hauptstadt als Kaufmann und war später, ab Ende der 1920er-Jahre, als Kastellan einer Synagoge mit der Aufsicht des Religionshauses betraut. Pauline Rosenberg brachte in den Jahren zwischen 1901 und 1918 sechs Söhne und zwei Töchter zur Welt: 1901 und 1902 wurden Arnold und Herbert Rosenberg geboren; drei Jahre später ihre Tochter Betty; in den Jahren 1910, 1913 und 1916 kamen die Söhne Bernhard, Kurt und Ernst zur Welt und schließlich 1918 Ewald Rosenberg. Das Geburtsjahr von Paulines zweiter Tochter Ilse Rosenberg ist unbekannt.

Die Familie lebte in den 1910er-Jahren in einer Wohnung in der damaligen Landsberger Straße 85 (heute überbaut) in Mitte. Die Kinder besuchten eine der Volksschulen der Umgebung. Von Kurt Rosenberg ist bekannt, dass er nach seinem Schulabschluss für drei Jahre von 1927 bis 1930 an einer Berufsschule eingeschrieben war und dort das Handwerk eines Schäftemachers erlernte, sich also auf die Anfertigung von Schuhoberteilen spezialisierte. Auch andere Kinder von Pauline wurden im Bereich des Textilhandwerks ausgebildet: Ernst Rosenberg war als Futtermacher auf das Weben von Stoffen für das Unterfüttern von Kleidungsstücken spezialisiert und Betty Rosenberg war als Näherin beschäftigt. Andere Kinder von Pauline wie etwa Arnold Rosenberg orientierten sich nach der Schule in den Bereich des Handels und absolvierten in Berlin Lehren in kaufmännischen Betrieben. Im Jahr 1926 zog das Ehepaar Rosenberg mit den noch in ihrem Haushalt lebenden Kindern in eine Wohnung in der Barnimstraße 39 unweit des Volksparks Friedrichshain. 1933/1934 zogen Pauline und Abraham Rosenberg noch einmal um. Dieses Mal nach Kreuzberg in eine Wohnung am Planufer 93a (heute 93) mit Blick auf den Landwehrkanal. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Pauline Rosenberg und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Als Synagogenkastellan sah sich Paulines Ehemann unmittelbar konfrontiert mit den Auswirkungen der staatlichen Terror- und Propagandamaßnahmen. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Erlasse und Sondergesetze drängten die Rosenbergs zunehmend in die Position von Rechtlosen.

Paulines Tochter Ilse Rosenberg (später verheiratete Felman) gelang es, Deutschland zu verlassen und sich nach Südamerika einzuschiffen. Ihr Sohn Kurt hatte seit 1934 keine Stelle mehr finden können und sich daraufhin als Schuhmacher selbstständig gemacht. 1937 musste er das Geschäft wieder schließen, weil er gezwungen war seinen Gewerbeschein aufzugeben. Im letzten Jahr vor seiner Auswanderung lebte er bei seinen Schwiegereltern, die ihn auch unterhielten, in einer Wohnung in der Alten Schönhauser Straße 31. Im August 1939 flüchtete er mit seiner Ehefrau Emmi, geborene Feldmesser, die er 1935 geheiratet hatte, und der 1937 geborenen Tochter Gerda aus Berlin nach Shanghai. Dort angekommen, bemühte sich Kurt Rosenberg Anfang 1940 mit den letzten ihm verbliebenen Mitteln Visa für seine in Berlin zurückgebliebenen Eltern, Schwiegereltern und Geschwister zu erhalten. Auch wenn es ihm im April schließlich gelang, die Papiere zu bekommen, konnte keiner der dreizehn Personen, für die sie ausgestellt waren, diese noch zur Ausreise aus Deutschland nutzen.

In Berlin verblieben Anfang der 1940er-Jahre neben dem Ehepaar Pauline und Abraham Rosenberg ihre Kinder Arnold, Herbert, Bernhard, Ewald und Ernst sowie Betty Rosenberg und deren Familien: Herbert Rosenberg lebte mit seiner Ehefrau Elly Rosenberg, geborene Schindler, und dem 1939 geborenen Bela in der Landsberger Straße 87; Bernhard Rosenberg mit seiner Frau Frieda, geborene Ascher, und der ebenfalls 1939 geborenen Judis (auch Judith) Rosenberg bei seinen Schwiegereltern Alphons und Jeanette Ascher am Braunen Weg 92 in Friedrichshain (heutige Singerstraße), bevor sie Anfang der 1940er-Jahre in die Allensteiner Straße 38 (heute Liselotte-Herrmann-Straße) zogen. Ewald Rosenberg heiratete 1939 Gerda Ascher und lebte mit ihr sowie der 1942 geborenen Tochter Gittel zuletzt in einer Wohnung in der Kleinen Hamburger Straße 17 in Mitte. Im Oktober 1939 fand die Hochzeit von Ernst Rosenberg mit der Hausgehilfin Hella Chilmann statt. Das Ehepaar lebte mit ihrer 1941 geborenen Tochter Denny in der Greifswalder Straße 210. Betty Rosenberg, verheiratete Simon, zog mit ihrem Ehemann Joachim zuletzt in eine Wohnung in der Skalitzer Straße 20. Arnold Rosenberg heiratete im Oktober 1940 Elli (auch Elly) Löwenstein und lebte mit ihr in der Schönleinstraße 30 in Kreuzberg. 1939/1940 mussten Pauline und Abraham Rosenberg ihre Wohnung am Planufer 93a aufgeben und zogen in eine Wohnung am Kottbusser Damm 64. Für die Familienmitglieder wurde das Leben in Berlin spätesten in den 1940er-Jahren zum täglichen Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Seit 1938/1939 mussten viele der Familienmitglieder Zwangsarbeit in Berliner Unternehmen leisten. So waren etwa Ernst und Ewald Rosenberg Zwangsarbeiter bei der Theaterschuh-Manufaktur „W. Striska“ am Tempelhofer Ufer 1a, Arnold Rosenberg bei der Reichsbahn und anderen Unternehmen eingesetzt, dessen Frau Elli bei der Elektro- und Glimmerwarenfabrik „Scherb & Schwer“ und Hella Rosenberg Arbeiterin im ehemals jüdischen Wäscheverleihgeschäft „Robert Gohlke“ in der Wusterhauser Straße 15 (heute überbaut). Abraham Rosenberg hatte zuletzt eine Stelle als Ordner der Jüdischen Gemeinde und erhielt außerdem eine geringfügige Invalidenrente.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Pauline und Abraham Rosenberg erhielten den Deportationsbescheid im Frühjahr 1943. Im Mai 1943 wurden sie aus ihrer letzten Wohnung am Kottbusser Damm 64 in eines der Berliner Sammellager verschleppt, von wo aus sie am 28. Mai 1943 mit dem 90. „Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden. Sie überlebten die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt knapp ein Jahr, bevor die 66-jährige Pauline und ihr 70-jähriger Ehemann am 18. Mai 1944 weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden.

Ein Großteil der Familie von Abraham und Pauline Rosenberg war bereits im Februar und März 1943 deportiert worden: Bernhard und Frieda Rosenberg mit ihrer Tochter Judis am 3. Februar 1943; Betty Simon, geborene Rosenberg, mit ihrem Ehemann Joachim am 19. Februar 1943. Am 1. März 1943 wurde Ewalds Ehefrau Gerda, geborene Ascher deportiert und am 2. März 1943 Herbert Rosenberg mit seiner Frau Elli, geborene Schindler, und dem dreijährigen Bela. In dem gleichen Transport befand sich auch Hella, die Ehefrau von Ernst Rosenberg, und ihr einjähriger Sohn Denny. Ernst Rosenberg selbst wurde einen Tag später am 3. März 1943 zusammen mit seinem Bruder Ewald und der acht Monate alten Gittel aus Berlin verschleppt. Sie alle wurden nach Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach der Ankunft der jeweiligen Transporte – ermordet. Keiner der genannten Familienmitglieder gehörte zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Drei von Pauline und Abraham Rosenbergs Kindern überlebten die NS-Zeit: Ilse, verheiratete Felman, im Exil in Südamerika; Kurt Rosenberg, seine Ehefrau Emmi, geborene Feldmesser, und ihr Kind Gerda wurden zwischen 1943 und 1945 auf Grund der Proklamation der japanischen Militärbehörden im Shanghaier Ghetto im Stadtteil Hongkou interniert und konnten 1947 weiter in die USA emigrieren; Arnold Rosenberg überlebte die NS-Verfolgung mit seiner Ehefrau Elly Rosenberg, geborene Löwenberg, in Berlin. Nach der rassenideologischen NS-Terminologie handelte es sich bei Elly um eine „Geltungsjüdin“ mit „arischem“ Elternteil. Das Ehepaar war auf der Liste der Berliner Gestapo für den „4. großen Alterstransport“ verzeichnet, mit welchem Mitte März 1943 1.342 Menschen nach Theresienstadt deportiert wurden. Sie wurden aber aus der Liste gestrichen. Aus späteren Angaben an die Internationale Flüchtlingsorganisation, bei der sie um Hilfe zur Ausreise baten, geht hervor, dass sie stattdessen im August 1943 in das Berliner Sammellager Schulstraße im Wedding verbracht wurden, wo sie bis zum Kriegsende interniert waren und am 21. April 1945 befreit wurden. Das Ehepaar konnte nach Kriegsende über Bremerhaven in die USA ausreisen.