Wolfgang Neumann

Verlegeort
Ritterstraße 19
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
07. Oktober 2020
Geboren
07. November 1933 in Berlin
Deportation
am 17. Mai 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Wolfgang Neumann wurde am 7. November 1933 in Berlin geboren. Er lebte mit seinen Eltern Käthe und Hans in der Kreuzberger Ritterstraße 19. Sein Vater betrieb im selben Haus ein Lederwarengeschäft, das gut lief. Der gerade vierjährige Wolfgang musste den Tod seines Großvaters erleben, was insofern einschneidend war, als dass seine Eltern beschlossen, seine Großmutter Flora bei sich aufzunehmen. 

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde Wolfgangs Familie Opfer der Reichspogromnacht. Seine Großmutter Flora gab im später gestellten Wiedergutmachungsantrag detailliert Auskunft über die Geschehnisse: Gegen zwei Uhr wurde die Familie von Lärm auf der Straße geweckt. SA-Leute rannten durch die Straßen, schlugen Türen und Fenster jüdischer Geschäfte und Wohnungen ein. Wir können uns nur vorstellen, wie diese Ereignisse auf Wolfgang gewirkt haben, die Angst und Hilflosigkeit der Erwachsenen muss er miterlebt haben. Als seine Eltern am Morgen in das Geschäft gingen, entdeckten sie, dass die Fensterscheiben zerschlagen waren, die Maschinen gestohlen und die Waren zerschnitten worden waren. Ein kurz darauf erscheinender SA-Mann teilte ihnen mit, dass sie innerhalb von 48 Stunden die Fenster reparieren müssten, sonst drohe Haft. Großmutter Flora gab all ihre Ersparnisse dazu, so dass die Familie die erforderliche Geldsumme knapp aufbringen konnte. 

Mit dem Einschnitt des Novemberpogroms verschärfte sich die antisemitische Ausgrenzungs- und Verfolgungspraxis der Nationalsozialisten zunehmend. Wie allen jüdischen Geschäftsinhabern wurde es seinem Vater Hans verboten, sein zerstörtes Geschäft wieder zu eröffnen. Bald darauf wurden Wolfgangs Eltern wie die meisten Berliner Juden und Jüdinnen zur Zwangsarbeit eingezogen. 

Wolfgangs Onkel Hermann versuchte nun, Großmutter Flora nach Argentinien zu holen, was im Ende 1940 auch gelang. Hermann selbst war schon 1938 nach Argentinien ausgewandert. Über ihn ist wenig bekannt. Für Wolfgang und seine Eltern reichte das Geld zur Flucht nach Argentinien nicht. 

Mit sechs Jahren wurde Wolfgang am 1. April 1940 in die erste Klasse an der Knabenvolksschule der Jüdischen Gemeinde in Berlin in der damaligen Kaiserstr. 29/30 (heute Jacobystraße, nahe dem Alexanderplatz) eingeschult. Als jüdisches Kind durfte er nur noch eine jüdische Schule besuchen. Als Wolfgang gerade in die 3. Klasse gekommen war, wurde die Schule am 30. Juni 1942 geschlossen. Fortan ist Wolfgang wohl nicht mehr zur Schule gegangen.

Im Frühjahr 1943 musste die Familie Neumann ihr zu Hause verlassen und wurde in ein ‚Judenhaus‘ in die Stallschreiberstraße 26 zwangseingewiesen. Von dort aus wurden sie am 17. Mai 1943 nach Auschwitz deportiert. 

Es ist davon auszugehen, dass Wolfgang und seine Eltern direkt nach der Ankunft in die Gaskammern geschickt und ermordet wurden, denn sie erhielten keine Häftlingsnummern. Wolfgang hat seinen zehnten Geburtstag nicht mehr erlebt.