Elise Loewenthal geb. Blau

Verlegeort
Luckauer Straße 4
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
11. Mai 2023
Geboren
21. März 1877 in Berlin
Deportation
am 03. Oktober 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
30. März 1943 in Theresienstadt

Elise Blau kam am 21. März 1877 in Berlin als Tochter des jüdischen Lederwarenfabrikanten Max Blau und seiner Ehefrau Fanny, geb. Salingré, zur Welt. Sie hatte noch fünf Geschwister: Rosalie Mathilde (*1871), Gertrud Mathilde (*1872), Käthi (*1875), Gustav (*1878) und Curt (1880–1882). Zum Zeitpunkt von Elises Geburt wohnte die Familie in der Sebastianstraße 61. Ihrem Vater war es gelungen, in den Gründerjahren eine ansehnliche Leder- und Galanteriewarenfabrik aufzubauen. Anfang der 1880er Jahre erwarb er das Wohngrundstück Luckauer Straße 7, wo die Familie dann auch lebte. Außerdem besaßen sie eine Sommervilla in Grünau, das damals noch nicht zu Berlin gehörte.

Elise Blau besuchte bis zum 16. Lebensjahr das Viktoria-Lyzeum in der Prinzenstraße. Laut ihrem Sohn wurde sie anschließend als Konzertsängerin ausgebildet, hat diesen Beruf aber nie ausgeübt. Da ihre Mutter längere Zeit krank war, leitete sie dann den Haushalt ihrer Eltern.

Am 5. August 1905 heiratete Elise Blau den Kaufmann Paul Jakob Loewenthal, geb. am 8. April 1868 in Berlin. Er gehörte ebenfalls der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Paul Loewenthal war Mitinhaber und Vertreter einer Teppichfabrik in Chemnitz, für die er viele Jahre im In- und Ausland reiste. Das junge Ehepaar lebte zunächst in der Sebastianstraße 88. Am 11. Juni 1906 kam die gemeinsame Tochter Hildegard zur Welt, am 15. Januar 1911 wurde Sohn Hans geboren. Kurz danach bezog die Familie eine 5-Zimmer-Wohnung in der Luckauer Straße 4. 

Da Paul Loewenthal des vielen Umherreisens müde geworden war, hatte er seinen Anteil an der Teppichfabrik verkauft und im März 1910 das „Wäscheverleihgeschäft Richard Bach“ erworben, das er in der Luckauer Straße 3 betrieb. Er beschäftigte mehrere Angestellte und belieferte u.a. Druckereien, Betriebe, Hotels und Friseure. Das Geschäft florierte und ermöglichte der Familie einen hohen Lebensstandard: Sie hatten zwei Dienstmädchen und noch eine Extrahilfe für die Kinder. Sie konnten sich jedes Jahr längere Auslandsreisen leisten und ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen.

1923 erlitt Paul Loewenthal einen schweren Schlaganfall, der ihn vollkommen arbeitsunfähig machte. Er verstarb schließlich am 23. Dezember 1926 im Alter von 58 Jahren. 

Elise Loewenthal hatte ihrem Mann schon seit einigen Jahren im Geschäft geholfen und sich inzwischen so gut eingearbeitet, dass sie nach der Erkrankung und dem Tod ihres Ehemanns die Leitung übernehmen und das Geschäft weiterführen konnte. Mitte der 1920er Jahre zog das Wäscheverleihgeschäft in das Haus Luckauer Straße 7 um, das Elise Loewenthal und ihren Geschwistern gehörte. 

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Loewenthal. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Elises Tochter Hildegard verlor ihre Anstellung als Kinderhortnerin bei der Stadt Berlin, die sie jahrelang innegehabt hatte.

Ihr Sohn Hans hatte 1930 begonnen, an der Berliner Universität Philologie zu studieren und wechselte nach zwei Jahren auf Medizin über, bis ihm 1933 als Juden die Zulassung zur Universität entzogen wurde. Danach wurde er Angestellter und 1935 Juniorpartner im Wäscheverleihgeschäft seiner Mutter, bis dieses Ende 1938 geschlossen werden musste. Hans Loewenthal wanderte Ende Februar 1939 mit seiner Frau Lilli, geb. Sachs, die er 1935 geheiratet hatte, nach England aus. Von dort übersiedelten sie im November 1940 in die USA, wo Hans seinen Namen in John Lowental änderte.

Hildegard war inzwischen als Hortnerin bei der Jüdischen Gemeinde Berlin angestellt worden. Im September 1941 war sie im Kindertagesheim Thielschufer (heute Fraenkelufer) tätig. Zuletzt arbeitete sie in der Wäscherei der Reichsvereinigung der Juden.

Elise und Hildegard Loewenthal wohnten noch immer in der Luckauer Straße 4, hatten von ihren drei Zimmern allerdings zwei an andere Juden untervermietet. 

Der Entrechtung folgte die Deportation: Elise Loewenthal wurde am 3. Oktober 1942 vom Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 mit dem 3. großen Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Dort kam sie am 30. März 1943 ums Leben.

Ihre Tochter Hildegard lebte bis zu ihrer eigenen Deportation am 12. März 1943 weiter in der Luckauer Straße 4. Sie wurde mit dem 36. Osttransport nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

Elises Schwester Gertrud Mathilde, verheiratete Bock, war bereits 1929, die Schwester Käthi, verheiratete Klonower, 1930 gestorben. Ihr Bruder Gustav Blau starb 1935. Das Schicksal der Schwester Rosalie ist unbekannt.