Martha Frankenstein geb. Fein

Verlegeort
Ettaler Str. 10
Historischer Name
Passauer Straße 18
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
30. Juli 2005
Geboren
28. Oktober 1885 in Waldenburg (Schlesien)
Zwangsarbeit
Monteurin für Rundfunkgeräte (Radiofabrik Seibt)
Deportation
im März 1943 von der Radiofabrik Seibt nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Martha Frankenstein geb. Fein wurde am 28. Oktober 1885 in Waldenburg (Schlesien) geboren. Eines Tages zog sie mit ihrem Mann, über dessen Leben nichts bekannt ist, nach Berlin in die Pappelallee 11 im Stadtteil Prenzlauer Berg. Später zog sie in die Passauer Straße 18 nach Schöneberg, dieser Teil wurde 1957 in Ettaler Straße umbenannt, das Haus wurde zur Nummer 10 und gehörte zu Wilmersdorf.

Am 1. März 1943, wenige Tage nach der „Fabrikaktion“, während der alle jüdischen Zwangsarbeiterinnen vom Arbeitsplatz weg verhaftet und in die Sammellager verschleppt wurden, ist Martha Frankenstein, die 57 Jahre alt war, vom Güterbahnhof Moabit direkt ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet worden.
 

Martha Frankenstein wurde als Martha Fein am 28. Oktober 1885 in Waldenburg (Schlesien) geboren. Sie hatte zwei namentlich bekannte Geschwister: Johanna heiratete den nichtjüdischen Mediziner Walter Schmidt und überlebte das GhettoTheresienstadt - und Benno Fein, der zusammen mit seiner Ehefrau bei Minsk ermordet wurde.
Martha stammte aus einer Rabbinerfamilie.
1923 heiratete sie den 1873 geborenen Max Frankenstein. Max war schon zuvor verheiratet gewesen mit Emma Klein, deren Eltern in Flatow einen Landhandel mit angegliedertem Gasthaus betrieben. Nach dem Tod der Schwiegereltern führte Max das Geschäft weiter – auch noch nachdem Emma 1917 an den Folgen einer Blutvergiftung gestorben war.

Max Frankenstein brachte 2 Söhne aus der Verbindung mit Emma in die Ehe mit Martha ein, Manfred, geb. 1910 und Martin, geb. 1914.
Am 30. Juni 1924 kam der gemeinsame Sohn Walter auf die Welt. Trotz des Altersunterschiedes verstanden sich die drei Jungen sehr gut.
Max Frankenstein starb 1929 an den Folgen einer Lungenentzündung.

Zwar wurde nun Max’ Bruder, der in Berlin ansässige Arzt Dr. Selmar Frankenstein der Vormund für Walter, Martha sorgte aber mit Unterstützung eines Kindermädchens streng und liebevoll für ihren Sohn und die beiden Stiefsöhne. Sie betrieb auch weiter mit einigen Angestellten Landhandel und Gasthof. Da sie sowohl Jiddisch als auch Polnisch sprach, konnte sie sich mit den Bauern der Umgebung, die bei ihr einkauften, bestens verständigen.

Ab 1933 änderte sich die Situation mit dem Boykott des Geschäfts. Am 1. April beschmierten SA Männer die Hausfassade, einer von ihnen schoss sogar mit seiner Pistole in die Ladenräume. Bald darauf zogen sich die nichtjüdischen Kunden zurück und zahlten ihre Schulden, die sie bei Martha Frankenstein gemacht hatten, nicht ab. Die Einnahmen gingen so drastisch zurück, dass Martha einige ihrer Angestellten entlassen musste.

Die folgenden Jahre waren geprägt von der zunehmenden Diskriminierung der jüdischen Familie.
Martin Frankenstein wanderte 1934 nach Palästina aus und Walter musste als 12-jähriger Junge die Schule in Flatow verlassen. Er wurde nach Berlin geschickt, wo ihn sein Onkel und Vormund Dr. Selmar Frankenstein im Auerbachschen Waisenhaus in der Schönhauser Allee unterbrachte.

1938 musste Martha Frankenstein das Geschäft in Flatow zwangsveräußern. Sie kam nach Berlin und wohnte zunächst in Prenzlauer Berg, Pappelallee 11, später dann zusammen mit Flora Hirschfeld in der Passauer Straße 18 (heute Ettaler Straße 10). Flora Hirschfeld war die Schwester von Emma Klein, der ersten Ehefrau Max Frankensteins. Die beiden Frauen waren miteinander befreundet.
Im Jahr zuvor war auch der Stiefsohn Manfred nach Palästina ausgewandert. Er und sein Bruder Martin versuchten Martha zur Emigration zu überreden, sie lehnte jedoch ab.

Walter, dessen Frau Leonie und Flora Hirschfelds Sohn Fritz sowie Stiefsohn Kurt tauchten in Berlin unter.  Edith Berlow, die nicht jüdische enge Freundin von Kurt bot Martha für den Fall einer Deportation Hilfe an, sie lehnte jedoch mit den Worten ab: „Solange ich mich selbst ernähren kann und niemandem zur Last fallen muss, will ich keine Hilfe.“


Martha wurde zur Zwangsarbeit eingesetzt. Zusammen mit 80 jüdischen Frauen und Männern arbeitete sie in der Radiofabrik Seibt und musste dort für einen Hungerlohn Rundfunkgeräte montieren.

Anfang März 1943 wurden mehr als 7000 jüdische Menschen verhaftet und in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, darunter auch Martha Frankenstein. Sie wurde am 1. März an ihrem Arbeitsplatz in der Radiofabrik gefangen genommen und vom Bahnhof Grunewald aus in einem 1722 Menschen umfassenden Transport (31. Osttransport) in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.
Martha Frankenstein wurde 57 Jahre alt.


Ihr Sohn Walter Frankenstein, seine Frau Leonie und die Kinder Peter-Uri und Michael überlebten durch die Hilfe vieler mutiger Menschen in Berlin, Leipzig und Gröningen in unterschiedlichen Verstecken. Sie emigrierten nach Palästina und ließen sich später in Schweden nieder.

Für Dr. Selmar und Ottilie Frankenstein wurden 2005 Stolpersteine vor dem Haus Meierottostraße 6 Stolpersteine verlegt. https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/stolpersteine/artikel.179260.php

Für Flora Hirschfelds Sohn Fritz Hirschfeld wurde 2011 ein Stolperstein vor dem Haus Giesebrechtstraße 11 verlegt. https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/stolpersteine/artikel.179657.php