Dolly Hanff geb. Abbe

Verlegeort
Alte Jakobstraße 140
Historischer Name
Hollmannstraße 26
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
06. April 2022
Geboren
14. Januar 1894 in Kempen (Posen) / Kępno
Deportation
am 26. Februar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Dina Dolly Abbe kam am 14. Januar 1894 in Kempen in der preußischen Provinz Posen als Tochter des jüdischen Uhrmachers Josef Abbe und dessen Ehefrau Helene, geb. Honig, zur Welt. Die Stadt Kempen (polnisch Kępno) liegt etwa 80 km nordöstlich von Breslau. Dolly hatte noch eine Schwester, Alma Emma, die 1893 geboren wurde.

Dolly absolvierte wahrscheinlich eine kaufmännische Ausbildung. Um 1911 übersiedelte die Familie nach Berlin. Dort wohnten sie zunächst in der Blumenstraße 35, das Geschäft des Vaters lag in unmittelbarer Nachbarschaft in der Krautstraße 3-3a. Beide Adressen befanden sich südöstlich des heutigen Strausberger Platzes. Ab 1915 ist die Familie im Berliner Adressbuch in der Markgrafenstraße 83 in Kreuzberg verzeichnet. Etwa zur selben Zeit eröffnete Josef Abbe in der Lindenstraße 29 ein Uhren- und Goldwarengeschäft, in dem Dolly vermutlich auch mitarbeitete.

Dolly Abbe heiratete am 21. Juni 1923 den Kaufmann Gustav Hanff, geb. am 24. Februar 1887 in Zielenzig (Brandenburg). Dollys Schwester Alma hatte 1921 Gustavs Bruder Max geheiratet. Gustav Hanff lebte fortan mit seiner Frau, den Schwiegereltern, seinem Bruder Max, dessen Frau Alma und deren 1922 geborenem Sohn Siegfried Arie in der Markgrafenstraße 83 in Kreuzberg. Die Ehe von Gustav und Dolly Hanff blieb kinderlos.

Dollys Mutter verstarb im Oktober 1926, ihr Vater im September 1930. Nach seinem Tod führte Dolly mit ihrer Schwester Alma das Geschäft unter dem Namen des Vaters weiter. Der Laden, dem eine Reparaturwerkstatt für Uhren, Gold- und Silberwaren angeschlossen war, ermöglichte der Familie – zusätzlich zum Einkommen der Ehemänner – ein gutbürgerliches Leben.

Dollys Neffe Siegfried schildert nach dem Krieg in den Entschädigungsakten: „Im Grunde genommen war die Tätigkeit zwischen den beiden Schwestern fast gleichmäßig verteilt, jedoch bestand eine leichte Verschiebung in der Weise, dass meine Mutter sich etwas mehr um den Haushalt und meine Tante sich etwas mehr um das Geschäft kümmerte.“ Dollys Mann Gustav arbeitete als Vertreter oder als kaufmännischer Angestellter, genaueres ist nicht bekannt.

Um 1932 zogen die Hanffs in eine 5 1/2-Zimmer-Wohnung in der Hollmannstraße 26. Diese Straße existiert nicht mehr, sie verlief zwischen der Linden- und der Alexandrinenstraße. Das Haus Nr. 26 stand einst dort, wo sich heute das Gelände des Jüdischen Museums Berlin befindet.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Hanff. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Auch die Uhren- und Goldwarenhandlung der Schwestern Dolly und Alma Hanff litt zunehmend unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in der Lindenstraße 29 die Schaufensterscheiben eingeschlagen und das Geschäft verwüstet. Danach wurde es geschlossen.

Dollys Neffe Siegfried wanderte Anfang 1939 nach Palästina aus. Ihr Schwager Max Hanff verstarb am 18. März 1940 im Alter von 52 Jahren in der Wohnung in der Hollmannstraße 26.

Dolly Hanff musste Zwangsarbeit bei AEG in Oberschöneweide, Gustav bei Blaupunkt in der Köpenicker Straße leisten. Alma Hanff war bei der Gärtnerei Reinhold Daubitz in Rudow zwangsverpflichtet.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Dolly Hanff, ihr Mann Gustav und ihre Schwester Alma wurden am 26. Februar 1943 mit dem 30. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet.