Margot Dehn

Verlegeort
Dahlmannstr. 10
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
12. Mai 2023
Geboren
19. Oktober 1860 in Posen
Beruf
Kindergärtnerin
Deportation
am 19. Oktober 1942 nach Riga
Ermordet
22. Oktober 1942 in Riga

Margot Dehn kam am 19. Oktober 1912 in Posen als jüngste Tochter des Kaufmanns Moritz Bick und seiner Frau Dorothea (Dora) geb. Warschauer zur Welt. Sie hatte die in Kosten geborenen älteren Geschwister: Heinz, der am 8. April 1906 das Licht der Welt erblickte und schon vor 1933 nach Mexiko emigrierte, und Resi, geb. am 24. Januar 1908, die nach Chile fliehen konnte.

Margot Bick erlernte den Beruf der Kindergärtnerin. Ab Anfang der 1930er-Jahre wohnte sie mit der Mutter und den Schwestern in der Dahlmannstraße 33. Sie lernte den Kaufmann Heinz Dehn (geb. am 23. September 1905) kennen, der im gleichen Charlottenburger Kiez zwischen Stadtbahn und Kurfürstendamm aufgewachsen war und dort lebte. Sie heirateten am 1. April 1937 und wohnten in einem möblierten Zimmer in der Clausewitzstraße. Ihre Tochter Monika Ruth wurde am 22. September 1937 in Berlin geboren.

Heinz Dehns Versuch, Ende 1936 eine „Web- und Wirkwarenfabrikation“ aufzubauen, hatte keinen Bestand: Am 5. November 1937 wurde er von der Gestapo wegen des angeblichen Besitzes verbotener oppositioneller Publikationen und „Verdachts staatsf. (staatsfeindlicher) Gesinnung nach einem eingestellten Verfahren w. Vorber. zum Hochver. (wegen Vorbereitung zum Hochverrat)" verhaftet.

Obwohl ihm auch dies nicht nachgewiesen werden konnte, kerkerte die Gestapo ihn ohne Gerichtsverfahren zunächst im Polizeipräsidium am Alexanderplatz, seit 1933 Sitz der Gestapo, und danach bis zum 13. Februar 1939 in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald ein. Daher scheiterte das Vorhaben der jungen Familie, nach Mexiko zu fliehen; obwohl die Schiffspassage gebucht war.

Mitte August 1939, kurz bevor Hitler den Zweiten Weltkrieg begann, konnte nur Heinz mithilfe jüdischer Organisationen nach England fliehen. Er musste die Familie, zu der am 12. April 1940 der Sohn Denny hinzukam, in Berlin im Ungewissen zurücklassen. Heinz Dehn wurde Mitte 1940 aus England nach Australien abgeschoben. Dort war er bis 1942 interniert, leistete bis 1946 Militärdienst in einer Arbeitseinheit und siedelte sich dann in Melbourne an. 1957 kehrte er nach Deutschland zurück. Er starb am 1. Januar 1977. (Stolperstein für seine Mutter Clara Dehn vor dem Haus Sybelstr. 54).

Margot zog nach der Flucht ihres Ehemannes Heinz mit den Kindern zu ihrer Mutter Dora Hartmann verw. Bick in die Dahlmannstraße 10. Sie wurden zuletzt gezwungen, in eine kleine Wohnung in einem Hinterhaus der Kantstraße 129a zu ziehen. Dann wurde ihnen die „Reise“ angekündigt. Margot schrieb eine Postkarte an Heinz, gestempelt am 16. Oktober 1942, die für Heinz Dehn das letzte Lebenszeichen seiner Familie war:

„Schnell noch will ich Dir vor unserer Reise schreiben wie es uns zumute ist. Ach Liebling ich weiß nicht mehr zu berichten. Bete für uns alle, besonders für die Kinder. Hab Kraft und denke immer an Deine dich sehr liebende und unglückliche Frau. Von den Kindern 1000 Küsse und von Muttel auch.“

Margots letzte Postkarte, abgeschickt kurz vor dem Transport, erreichte Heinz erst nach mehr als fünf Monaten in Australien. Dass seine Familie zu diesem Zeitpunkt ermordet worden war, wusste er nicht.

Margot, Monika Ruth und Denny Dehn wurden am 19. Oktober 1942 – Margots 30stem Geburtstag – zusammen mit Margots Mutter Dora Hartmann von den Nazis vom Güterbahnhof Moabit Gleis 69 aus nach Riga deportiert. Der sog. „21. Osttransport" wurde von Schutzpolizisten bewacht. Die meisten der 963 Deportierten erreichten das Getto nicht. Bis auf wenige arbeitsfähige Männer wurden sie am 22. Oktober 1942 in Wäldern nahe dem Ankunftsbahnhof Skirotava ermordet, ihre Körper wurden verscharrt.