Dr. Gabriel Heimansohn

Verlegeort
Frankfurter Allee 100
Historischer Name
Kronprinzenstraße 1
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
21. Juli 2012
Geboren
28. Juli 1879 in Herrnstadt / Wąsosz
Beruf
Arzt
Flucht in den Tod
02. März 1943 in Berlin

Gabriel Heimannsohn wurde am 28. Juli 1877 in Herrnstadt (dem heutigen Wąsosz) – etwa 40 Kilometer südlich von Lissa in Niederschlesien – geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Samuel Heimannsohn und dessen Frau Eva, geborene Scherer. Über sein Elternhaus, seine Kindheit und Jugend in der Kleinstadt an der Bartsch (Barycz) habe sich keine Zeugnisse erhalten. Es ist auch nicht bekannt, ob Gabriel im Kreis von Geschwistern aufwuchs. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur kleinen, jüdischen Gemeinde der Ortschaft, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Gabriel etwa 50 Personen zählten.<br />
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Gabriel Heimannsohn studierte nach seiner Schulausbildung in Breslau (Wrocław), Berlin und Würzburg Medizin, promovierte 1903 mit einer Arbeit zur Fettverstoffwechselung mit dem Titel: „Ueber das Schicksal des bromhaltigen Fettes (Bromipin) im Stoffwechsel des Säugetieres“ und erhielt im selben Jahr seine Approbation. Gabriel Heimannsohn war Allgemeinmediziner und als Schularzt der 3./4. Gemeindeschule in Berlin-Lichtenberg tätig. Seine Praxis lag in der Kronprinzenstraße 1. Am 10. August 1903 heiratete er die vier Jahre jüngere Berlinerin Johanna Ellson, Tochter des in Berlin ansässigen Kaufmanns Simon Ellson und dessen Frau Leora, geborene Bibo. Zum Zeitpunkt der Hochzeit wohnte Gabriel Heimannsohn im damals noch nicht eingemeindeten Friedrichsberg bei Berlin. Nach der Eheschließung suchte sich das Paar eine Wohnung in der Frankfurter Allee 191–192. Gabriel und Johanna bekamen in den 1900er-Jahren einen Sohn namens Rudolf. Im Ersten Weltkrieg war Gabriel Heimannsohn als Battaillonsarzt an der Front eingesetzt. Leider haben sich keine Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der letzten Kriegsjahre und in der Weimarer Republik vermitteln könnten. Gabriels Sohn studierte nach seinem Schulabschluss Jura, wurde Rechtsanwalt und eröffnete 1932 eine Kanzlei, die neben der Praxis seines Vaters in der Kronprinzenstraße 1 lag, wo dieser seit mehr als 30 Jahren praktizierte.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Gabriel Heimannsohn und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetze schrittweise enger gezogen: So wurden mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassungen entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Rudolf Heimannsohn konnte rechtzeitig nach England auswandern und emigrierte später in die USA. Ob auch seine Eltern in den 1930er-Jahren Pläne verfolgten, das Land zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten konkrete Schritte unternommen worden sein, so scheiterten diese. Am 30. September 1938 wurde Gabriel Heimannsohn wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Er durfte noch 1938 als Wohlfahrtsarzt und zwischen 1939 und 1943 als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten versorgen. Über den Tod seiner Eltern schrieb Dr. Rudolf Heimannsohn, der im Exil überlebte, später: „Meine Eltern sind Anfang Maerz 1943 von den Behoerden verhaftet und zunaechst in ein Sammellager zum Zwecke des Weitertransports gebracht worden. Dort haben meine Eltern am 2. Maerz 1943 Selbstmord durch Vergiftung begangen.“ Gabriel Heimannsohn war 65 Jahre alt, als er sich der unmittelbar bevorstehenden Deportation nach Auschwitz durch Selbstmord entzog, seine Ehefrau war 61 Jahre alt. Beide Ehepartner wurden auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee bestattet.

Gabriel Heimannsohn wurde am 28. Juli 1877 in Herrnstadt (dem heutigen Wąsosz) – etwa 40 Kilometer südlich von Lissa in Niederschlesien – geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Samuel Heimannsohn und dessen Frau Eva, geborene Scherer. Über sein Elternhaus, seine Kindheit und Jugend in der Kleinstadt an der Bartsch (Barycz) habe sich keine Zeugnisse erhalten. Es ist auch nicht bekannt, ob Gabriel im Kreis von Geschwistern aufwuchs. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur kleinen, jüdischen Gemeinde der Ortschaft, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Gabriel etwa 50 Personen zählten.

Gabriel Heimannsohn studierte nach seiner Schulausbildung in Breslau (Wrocław), Berlin und Würzburg Medizin, promovierte 1903 mit einer Arbeit zur Fettverstoffwechselung mit dem Titel: „Ueber das Schicksal des bromhaltigen Fettes (Bromipin) im Stoffwechsel des Säugetieres“ und erhielt im selben Jahr seine Approbation. Gabriel Heimannsohn war Allgemeinmediziner und als Schularzt der 3./4. Gemeindeschule in Berlin-Lichtenberg tätig. Seine Praxis lag in der Kronprinzenstraße 1. Am 10. August 1903 heiratete er die vier Jahre jüngere Berlinerin Johanna Ellson, Tochter des in Berlin ansässigen Kaufmanns Simon Ellson und dessen Frau Leora, geborene Bibo. Zum Zeitpunkt der Hochzeit wohnte Gabriel Heimannsohn im damals noch nicht eingemeindeten Friedrichsberg bei Berlin. Nach der Eheschließung suchte sich das Paar eine Wohnung in der Frankfurter Allee 191–192. Gabriel und Johanna bekamen in den 1900er-Jahren einen Sohn namens Rudolf. Im Ersten Weltkrieg war Gabriel Heimannsohn als Battaillonsarzt an der Front eingesetzt. Leider haben sich keine Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der letzten Kriegsjahre und in der Weimarer Republik vermitteln könnten. Gabriels Sohn studierte nach seinem Schulabschluss Jura, wurde Rechtsanwalt und eröffnete 1932 eine Kanzlei, die neben der Praxis seines Vaters in der Kronprinzenstraße 1 lag, wo dieser seit mehr als 30 Jahren praktizierte.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Gabriel Heimannsohn und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetze schrittweise enger gezogen: So wurden mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassungen entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Rudolf Heimannsohn konnte rechtzeitig nach England auswandern und emigrierte später in die USA. Ob auch seine Eltern in den 1930er-Jahren Pläne verfolgten, das Land zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten konkrete Schritte unternommen worden sein, so scheiterten diese. Am 30. September 1938 wurde Gabriel Heimannsohn wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Er durfte noch 1938 als Wohlfahrtsarzt und zwischen 1939 und 1943 als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten versorgen. Über den Tod seiner Eltern schrieb Dr. Rudolf Heimannsohn, der im Exil überlebte, später: „Meine Eltern sind Anfang Maerz 1943 von den Behoerden verhaftet und zunaechst in ein Sammellager zum Zwecke des Weitertransports gebracht worden. Dort haben meine Eltern am 2. Maerz 1943 Selbstmord durch Vergiftung begangen.“ Gabriel Heimannsohn war 65 Jahre alt, als er sich der unmittelbar bevorstehenden Deportation nach Auschwitz durch Selbstmord entzog, seine Ehefrau war 61 Jahre alt. Beide Ehepartner wurden auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee bestattet.