Betty Rabow geb. Herrmann

Verlegeort
Gärtnerstraße 12
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
16. Februar 2023
Geboren
26. Februar 1886 in Berent (Westpreußen) / Kościerzyna
Deportation
am 28. März 1942 nach Piaski
Ermordet

Betty Herrmann kam am 26. Februar 1886 in Berent (Westpreußen) als Tochter des jüdischen Kaufmanns David Herrmann und dessen Ehefrau Johanna, geb. Michaelis, zur Welt. Die Stadt Berent (polnisch Kościerzyna) liegt 50 km südwestlich von Danzig. Betty übersiedelte als kleines Kind mit ihren Eltern nach Berlin, wo sie die Schule besuchte. Als sie 13 Jahre alt war, verstarb ihre Mutter. 

Betty Herrmann arbeitete als Kontoristin in einem Juweliergeschäft. Diese Tätigkeit gab sie auf, als sie am 20. Juni 1911 den Diplom-Ingenieur Moritz Rabow, geb. am 30. August 1876 in Karthaus (Westpreußen), heiratete. Auch er gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Das junge Ehepaar bezog eine Wohnung im ersten Stock des Vorderhauses der Gärtnerstraße 12. Dort kamen am 14. November 1912 die Tochter Ruth Hanna und am 19. Mai 1916 der Sohn Jacob Günther zur Welt.

Betty Rabow versorgte die Kinder und den Haushalt, ihr Ehemann arbeitete als Einkäufer bei den im südlichen Friedrichshain ansässigen Osram-Werken. Die Familie lebte gutbürgerlich.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Rabow. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Moritz Rabow wurde von den Osram-Werken nach 28-jähriger Tätigkeit zum 31. Dezember 1933 pensioniert – eigentlich sollte er regulär erst 1941, mit 65 Jahren, aus dem Unternehmen ausscheiden.

Die Tochter Ruth hatte 1933 den Kaufmann Ernst Julius Silbersohn geheiratet und emigrierte mit ihm und dem 1936 geborenen Sohn 1937 nach Palästina. Ein Jahr später wanderte Moritz und Betty Rabows Sohn Günther ebenfalls dorthin aus.

Ende der 1930er Jahre nahm das Ehepaar Rabow eine Untermieterin bei sich auf: Hulda Salinger, geb. Krutsch, geb. 1869 in Neustadt bei Pinne (Provinz Posen). Auch sie war Jüdin, seit 1925 verwitwet und hatte bis Mitte der 1930er Jahre in der Köpenicker Straße 123 in Mitte eine Posamentierwarenhandlung betrieben.

Aufgrund der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich ab dem 19. September 1941 nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Das Ehepaar Rabow musste nach 30 Jahren die Wohnung in der Gärtnerstraße 12 zwangsweise aufgeben und zur Untermiete in ein möbliertes Zimmer in der Elberfelder Straße 28 in Moabit ziehen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Moritz und Betty Rabow wurden am 28. März 1942 mit dem 11. Osttransport nach Piaski deportiert. Hier verliert sich ihre Spur. 

Der kleine Ort Piaski, 23 km südöstlich von Lublin gelegen, war nach der deutschen Besetzung Polens Teil des Generalgouvernements geworden. Im Schtetl in Piaski wurde Anfang 1940 ein Ghetto eingerichtet, in das u.a. mehrere tausend Juden aus dem Deutschen Reich deportiert wurden.

Die wenigen sanitären Anlagen des Ghettos waren in einem katastrophalen Zustand, die Grundversorgung mit Nahrung und Trinkwasser absolut unzureichend. Das Ghetto, bestehend aus kleinen, hauptsächlich eingeschossigen Holzhäusern, war nicht für so viele Personen ausgelegt. Zwischen 10 und 20 Menschen mussten sich in der Regel einen Wohnraum teilen. Wer nicht bald an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starb, wurde in eins der Vernichtungslager deportiert und ermordet.

Die ehemalige Untermieterin des Ehepaars Rabow, Hulda Salinger, wurde am 16. Juni 1943 mit dem 91. Alterstransport von Berlin nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 20. November 1943 ums Leben kam.