Adelheid Goldberg geb. Josephsohn

Verlegeort
Köpenicker Straße 29
Historischer Name
Felsendamm 11
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
11. Mai 2023
Geboren
29. Oktober 1861 in Schwalgendorf (Ostpreußen) / Siemiany
Deportation
am 15. Dezember 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
19. Dezember 1942 in Theresienstadt

Adelheid Josephsohn kam am 29. Oktober 1861 in Schwalgendorf in Ostpreußen als Tochter des jüdischen Kaufmanns Louis Josephsohn und dessen Ehefrau Friederike, geb. Linde, zur Welt. Adelheids Geschwister Franziska (*1865), Natalie (*1866) und Hugo (*1868) wurden ebenfalls in Schwalgendorf (polnisch Siemiany) geboren, das etwa 100 km südöstlich von Danzig liegt. Ihr Bruder Max (*1876) und die Schwester Amalie (*1877) kamen im in der Nähe gelegenen Dorf Linkenau, in das die Familie offenbar verzogen war, zur Welt. Ende der 1870er Jahre übersiedelten die Josephsohns nach Berlin, wo Adelheids jüngster Bruder Sally 1880 geboren wurde.

Adelheid Josephsohn heiratete am 4. Juni 1883 in Berlin den Schneider Jacob Goldberg, geb. am 27. Oktober 1856 in Liebemühl (Ostpreußen). Auch er gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Das Ehepaar bekam neun Kinder: Rosa (1883–1884), Elsa (*1884), Martha (*1886), Arthur (*1887), Georg (*1889), Erna (*1890), Erich (*1892), Hertha (*1894) und James (*1897). 

Bis 1900 lebte die Familie an verschiedenen Adressen in der Gegend um den Hackeschen Markt, dann zogen sie in den Prenzlauer Berg. Seit etwa 1913 lebten die Goldbergs in der Trakehner Straße 3 (heute der nördliche Teil der Bötzowstraße, zwischen Danziger Straße und John-Schehr-Straße). Jacob Goldberg verdiente den Lebensunterhalt der Familie als Damenschneider, Adelheid kümmerte sich um den Haushalt und die Kinder. Anfang der 1920er Jahre setzte sich Jacob Goldberg zur Ruhe. Er verstarb am 29. Juni 1927 im Alter von 70 Jahren und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Fünf Jahre zuvor, am 29. April 1922, war bereits Adelheids Sohn Arthur Goldberg im Alter von 34 Jahren verstorben.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Goldberg. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 

Adelheids Sohn James Goldberg wanderte mit seiner Familie 1936 über die Schweiz nach Palästina und von dort im Dezember 1936 in die USA aus. Ihre Tochter Martha, verwitwete Rosendorff, emigrierte 1937 mit ihrer Tochter Ruth und deren Ehemann Moris Golden nach England. Die Tochter Elsa, verheiratete Punitzer, wanderte mit ihrer Familie 1939 nach Bolivien aus.

Adelheid Goldberg lebte seit etwa 1938 mit ihren Söhnen Georg und Erich sowie Erichs Ehefrau im Haus Felsendamm 11 (heute Bethaniendamm) in Kreuzberg. Das Gebäude existiert nicht mehr, dort befindet sich heute das Eckhaus Köpenicker Straße 29. Aufgrund der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ konnte sie sich ab dem 19. September 1941 nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Die 81-jährige Adelheid Goldberg wurde am 15. Dezember 1942 mit dem 76. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 19. Dezember ums Leben kam.

Adelheids Tochter Erna Goldberg wurde am 27. November 1941 mit dem 7. Osttransport nach Riga deportiert, wo sie nach der Ankunft am 30. November in zuvor ausgehobenen Gruben in den Wäldern von Riga-Rumbula erschossen wurde.

Adelheids Sohn Georg tauchte unter und lebte längere Zeit illegal in Berlin. Er wurde aber verhaftet und am 24. November 1944 nach Sachsenhausen verschleppt. Sein letztes Lebenszeichen ist eine Nachricht aus dem KZ Bergen-Belsen von Mitte März 1945. Wahrscheinlich ist Georg Goldberg dort ums Leben gekommen. Hunger und Seuchen forderten in Bergen-Belsen allein im März 1945 mehr als 18.000 Opfer.

Der Sohn Erich hatte 1924 die Nicht-Jüdin Pauline Alpert geheiratet. Er wurde zu schwerer Zwangsarbeit verpflichtet, am 27. Februar 1943 im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet und in die Rosenstraße gebracht, aufgrund seiner „Mischehe“ aber nach zwei Wochen wieder entlassen. Danach tauchte er unter und versteckte sich bis Kriegsende bei Freunden und Verwandten. 

Adelheids Tochter Hertha hatte 1919 Chaim Vitalis geheiratet. Er war als Sohn jüdischer Eltern in Konstantinopel (heute Istanbul) geboren worden und besaß deshalb die türkische Staatsangehörigkeit, die sich nach der Heirat auch auf die Ehefrau sowie die beiden Kinder Rolf und Susi erstreckte. Die Familie wurde am 25. Oktober 1943 in Berlin verhaftet, Chaim und Rolf Vitalis wurden nach Buchenwald, Hertha und Susi in das KZ Ravensbrück verschleppt. Mutter und Tochter wurden am 1. März 1945 als türkische Staatsangehörige ausgetauscht und in die Türkei gebracht. Chaim Vitalis kam am 19. März 1944 in Buchenwald ums Leben, sein Sohn Rolf erlebte die Befreiung des Lagers.

Adelheids Bruder Hugo Josephsohn war bereits 1898, ihre Schwester Amalie, verheiratete Braun, 1907 in Berlin gestorben. Der Bruder Max Josephsohn starb 1926, die Schwester Natalie, verheiratete Preisach, 1934 in Berlin. Der jüngste Bruder Sally war wahrscheinlich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in die USA ausgewandert.

Das Schicksal ihrer Schwester Franziska Josephsohn, die 1939 in Mitte lebte, ist unbekannt.