Ida Pariser

Verlegeort
Naunynstraße 51
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
04. April 2022
Geboren
06. Februar 1872 in Gnesen (Posen) / Gniezno
Deportation
am 01. November 1941 nach Łódź / Litzmannstadt
Ermordet
24. August 1942 in Łódź / Litzmannstadt

Ida Pariser kam am 6. Februar 1872 in Gnesen in der preußischen Provinz Posen als erstes Kind des jüdischen Schneiders Moritz Moses Pariser und dessen Ehefrau Tine Taube, geb. Puczynska, zur Welt. Die Stadt Gnesen (polnisch Gniezno) liegt rund 50 km östlich von Posen. Ida hatte noch vier Schwestern, die ebenfalls alle in Gnesen geboren wurden: Bertha (*1874), Recha (*1876), Johanna (*1878) und Martha (*1880). Mitte der 1880er Jahre übersiedelte die Familie Pariser nach Berlin, wo 1887 der Bruder Abraham Alfred geboren wurde.

Moritz Pariser verdiente den Lebensunterhalt der Familie mit einer Herrengarderobenhandlung. Sie wechselten häufig die Wohnung. Laut Berliner Adressbuch betrieb Moritz Pariser ab 1899 eine Steindruckerei und Etikettenfabrik in der Blankenfeldestraße 6. Die Straße existiert nicht mehr, sie befand sich südwestlich des heutigen Strausberger Platzes. Um 1904 bezog die achtköpfige Familie eine Wohnung in der Gubener Straße 30. Die Schwester Recha heiratete 1905, Bertha ein Jahr später. Im Jahr 1906 verstarben auch beide Eltern. Die Steindruckerei und Etikettenfabrik wurde daraufhin von Hermann Lewinsohn übernommen. Die Schwestern Ida, Johanna und Martha Pariser zogen um 1908 in die Blankenfeldestraße 13.

Am 4. Juli 1910 wurde ihr Bruder Alfred Pariser in der Spree bei Stralau tot aufgefunden. Die näheren Umstände seines Todes sind nicht bekannt. Er war 23 Jahre alt.

Um 1911 zogen die Schwestern Pariser nach Charlottenburg, das bis zur Eingemeindung nach Groß-Berlin im Jahr 1920 eine eigenständige Großstadt war. Unter der Adresse Wielandstraße 33 ist Johanna im Adressbuch als Expedientin verzeichnet – sie war also für das Kassen- und Rechnungswesen, das Führen von Verzeichnissen und Übersichten sowie für die Aktenverwaltung in einer Institution zuständig. Martha arbeitete als Kontoristin. Ida Pariser führte vermutlich den Haushalt.

Von 1914 bis 1928 sind die Schwestern in keinem Berliner Adressbuch zu finden. Entweder wohnten sie bei Verwandten oder zur Untermiete, es könnte aber auch möglich sein, dass sie die Stadt verlassen haben.

Seit ca. 1929 wohnten Ida und Johanna Pariser im Haus Görlitzer Straße 42 in Kreuzberg, ab 1936 in der Naunynstraße 51. Martha Pariser, die vermutlich sehbehindert oder gehörlos war, lebte im Jüdischen Blindenheim in der Steglitzer Wrangelstraße 6-7. Mitte November 1941 mussten die Bewohner dieses Heim räumen und wurden in der „Israelitischen Taubstummenanstalt“ in Berlin-Weißensee untergebracht. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich Marthas Schwestern schon nicht mehr in Berlin: Ida und Johanna Pariser wurden am 1. November 1941 vom Bahnhof Grunewald mit dem 4. Osttransport in das Ghetto Lodz deportiert. Dort fanden sie Unterkunft in der Sulzfelder Straße 36/38. Die Lebensbedingungen im Ghetto waren unmenschlich. Die Bewohner mussten Zwangsarbeit leisten, litten unter Unterernährung, starben massenhaft an Krankheiten oder erfroren im Winter. Die engen und unzureichenden Wohnverhältnisse sowie die trostlose hygienische Situation trugen ebenfalls zur hohen Sterberate bei. Ida Pariser kam dort am 24. August 1942 ums Leben. Johanna Pariser wurde am 10. September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof verschleppt, wo sie ermordet wurde.

Die Schwester Recha, verwitwete Blumenthal, wurde am 13. Januar 1942 mit dem 8. Osttransport von Berlin nach Riga deportiert und ermordet. Martha Pariser wurde am 14. September 1942 mit dem 2. großen Alterstransport nach Theresienstadt und von dort am 16. Oktober 1944 nach Auschwitz verschleppt, wo sie im Dezember 1944 ermordet wurde. Das Schicksal der Schwester Bertha, verheiratete Friedländer, ist unbekannt.