Charlotte Kirchberger geb. Kirchberger

Verlegeort
Palmzeile 6
Bezirk/Ortsteil
Nikolassee
Verlegedatum
13. September 2022
Geboren
24. Juni 1857 in Weilburg
Flucht in den Tod
07. September 1942 in Berlin

Charlotte Kirchberger (geborene Kirchberger) wurde am 24.06.1857 in Weilburg, Kreisstadt des Kreises Limburg-Weilburg in Hessen, geboren. Sie hatte einen akademischen Abschluss, verlor ihre Staatsangehörigkeit aber später durch die Nationalsozialisten.
Sie heiratete am 02.09.1877 ihren Cousin Theodor Kirchberger in Niederlahnstein, wo sie danach auch weiterhin lebten. Am 23.06.1878 wurde dort auch Charlotte Kirchbergers erstes Kind, ihr Sohn Paul Kirchberger, geboren. Danach folgte 1879 noch ein weiteres Kind, ebenfalls in Niederlahnstein, nämlich Hedwig Kirchberger.
Im Jahr 1880 zieht die Familie dann um, und zwar nach Weilburg – Charlotte Kirchbergers Geburtsort. 1881 wurde dann ein drittes Kind geboren, das schon im Alter von einem Jahr wieder verstarb. Im Jahr 1884 wurde schließlich das vierte und letzte Kind Charlotte Kirchbergers geboren, diesmal in Weilburg.

Ihr Mann Theodor Kirchberger war Kaufmann im Bereich Großhandel für Landesprodukte und Kolonialwaren. Charlotte Kirchbergers Hauptanliegen war hingegen die Sozialfürsorge; sie war als Mitarbeiterin in verschiedenen Organisationen relativ lange dafür tätig. Sie war z.B. u. a. von 1914-1932 stellvertretende Vorsitzende des Krankenpflegevereins in Weilburg.

1926 starb dann ihr Mann Theodor, wodurch sie nun fast immer allein war. Zehn Jahre später, also 1936, verkaufte sie ihr Haus in Weilburg und zog zu ihrer Tochter Hedwig Hellmann nach Aachen. Charlotte Kirchbergers drei Enkel Joachim, Rudolph und Friedrich Kirchberger waren schon frühzeitig in die Vereinigten Staaten bzw. nach Chile ausgewandert, deswegen fiel diese Option weg. Als ihre Tochter mit ihrer Familie 1938 ebenfalls in die USA emigrierte, zog Charlotte Kirchberger schließlich zu ihrem Sohn Paul Kirchberger, der als Wissenschaftler arbeitete, nach Berlin-Nikolassee.

Während der Zeit des Nationalsozialismus sah sich die Familie Kirchberger zunehmenden Ausgrenzungen und Anfeindungen aufgrund ihrer jüdischen Abstammung ausgesetzt. Die Emigration in die USA wurde nach Kriegsausbruch zudem immer schwieriger und ab dem Kriegseintritt in den USA sogar völlig unmöglich, sodass viele Juden in Deutschland festsaßen, wie auch Charlotte. Ihr war es aber wahrscheinlich nicht mal in den Sinn gekommen, Deutschland zu verlassen. Warum sollte sie sich überhaupt noch anstrengen, wenn ihr Schicksal schon besiegelt und ihr Leben mit 80 Jahren nahezu vollendet ist, dachte sie sich wahrscheinlich.
Am 07.09.1942 begeht Charlotte Kirchberger im Alter von 85 Jahren bei ihrem Sohn in Berlin (Palmzeile 6) mit Schlaftabletten Suizid, um der schon am nächsten Tag geplanten Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt in Nordböhmen zu entgehen. So setzte sie ihrem Leben freiwillig ein Ende.
Die Urne mit der Asche Charlotte Kirchbergers wurde dann 1942 in Weilburg im Familiengrab beigesetzt.
Am 20. November 1982 erschien im Weilburger Tageblatt ein Zeitungsartikel über Charlotte Kirchbergers Flucht in den Tod.
Ergänzungen durch AG Spurensuche Schlachtensee: In dem Haus Palmzeile 6 wohnten seit 1938 auch die Familie Otto und Anna Levy aus der Rehwiese 4. Sie mussten ihr Haus dort verkaufen und konnten nicht mehr -wie ihre Kinder- emigrieren.
Ebenso wohnte dort Hildegard Jacoby. Dazu aus Wikipedia:
Hildegard Jacoby war die Tochter eines jüdischen Vaters, eines Arztes, und einer nichtjüdischen Mutter. Nach der Volksschule besuchte sie das Lyzeum und anschließend die Höhere Handelsschule. Sie wurde als Wohlfahrtspflegerin ausgebildet und war in den folgenden Jahren in verschiedenen staatlichen Stellen tätig. Nach der Machtübergabe an die NSDAP musste sie wegen ihrer jüdischen Herkunft ihren Staatsdienst aufgeben und arbeitete in einem Patentanwaltsbüro. Seit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges war sie in einem Pfarrbüro angestellt, bis sie während des Kirchenkampfs beim Bruderrat der Bekennenden Kirche von Berlin-Brandenburg in verschiedenen wichtigen Verwaltungsfunktionen tätig wurde. Dort nahm Marga Meusel Praktikantinnen oder ehrenamtliche Mitarbeiterinnen auf, die nicht mehr im öffentlichen Wohlfahrtsdienst arbeiten konnten – darunter Hildegard Jacoby.[2] Das bedeutete, dass diese schwierige Arbeit immer schwieriger wurde, weil sie z. T. konspirativ, des Nachts oder in der einen oder anderen Privatwohnung stattfinden musste, da die Gestapo die Tätigkeit der Bekennenden Kirche überwachte.
Während ihres kirchlichen Dienstes wurde sie zugleich Helferin und Retterin bedrohter und verfolgter Juden. Sie bekam Kontakt mit dem Widerstandskreis um den Rechtsanwalt Franz Kaufmann und Helene Jacobs, die beide Opfer der NS-Diktatur wurden. In Zusammenarbeit mit dem „Büro Grüber“ verschaffte sie den Betroffenen Verstecke, Lebensmittelkarten und gefälschte Personaldokumente. Im August 1943 wurde sie verhaftet, von einem Sondergericht am 11. Januar 1944 angeklagt und zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt. Dort erkrankte sie an schwerem chronischem Gelenkrheumatismus. Der befreundete Rechtsanwalt Horst Holstein, der Verteidiger Martin Niemöllers, setzte sich für ihre vorzeitige Haftentlassung ein, die auch am 2. Juni 1944 zustande kam. Eine Stunde später starb sie an einem Herzanfall in der Wohnung der Ehefrau des inzwischen ermordeten Anwalts Franz Kaufmann in der Schemmstraße 104 (heute Matterhornstraße 104) in Nikolassee.

Charlotte Kirchberger (geborene Kirchberger) wurde am 24. Juni 1857 in Weilburg, Kreisstadt des Kreises Limburg-Weilburg in Hessen, geboren. Sie wuchs wohlbehütet in einer Kaufmannsfamilie auf.
Im Alter von 20 Jahren heiratete sie am 2. September 1877 ihren Cousin Theodor Kirchberger in Niederlahnstein, wo sie danach auch weiterhin lebten. 1878 kam dort auch Charlotte Kirchbergers erstes Kind Paul und im folgenden Jahr seine Schwester Hedwig zur Welt.
Im Jahr 1880 zog die Familie zurück nach Weilburg – Charlotte Kirchbergers Geburtsort und Stammsitz der Familie. Dort bekam sie 1884 ihr drittes Kind.

Ihr Mann Theodor Kirchberger war Kaufmann im Bereich Großhandel für Landesprodukte und Kolonialwaren. Charlotte Kirchbergers Hauptanliegen war hingegen die Sozialfürsorge. Sie war in diesem Bereich längere Zeit für verschiedene Organisationen tätig, unter anderem von 1914 bis 1932 als stellvertretende Vorsitzende des Krankenpflegevereins in Weilburg.

1926 starb ihr Mann Theodor Kirchberger, wodurch sie nun allein für den Lebensunterhalt in dem großen Haus in Weilburg sorgen musste, das ein beliebter Treffpunkt für die weitverzweigte Familie war. 1936 musste sie das Haus verkaufen und zog zu ihrer Tochter Hedwig, inzwischen verheiratete Hellmann, nach Aachen. Während dieser Zeit sah sich die Familie Kirchberger zunehmenden Ausgrenzungen und Anfeindungen aufgrund ihrer jüdischen Abstammung ausgesetzt.

Charlotte Kirchbergers drei Enkel Joachim, Rudolph und Friedrich Kirchberger waren schon frühzeitig in die Vereinigten Staaten bzw. nach Chile ausgewandert. Als ihre Tochter mit ihrer Familie 1938 ebenfalls in die USA emigrierte, zog Charlotte Kirchberger schließlich zu ihrem Sohn Paul nach Berlin-Nikolassee, der hier als Wissenschaftler arbeitete.

In Nikolassee knüpfte sie neue Kontakte und lebte sich hier gut ein, bis dies durch die Mitteilung der bevorstehenden Deportation jäh unterbrochen wurde.
Am 7. September 1942 beging Charlotte Kirchberger im Alter von 85 Jahren bei ihrem Sohn in Berlin in der Palmzeile 6 mit Schlaftabletten Suizid, um der schon für den nächsten Tag geplanten Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt in Nordböhmen zu entgehen. So setzte sie ihrem Leben selber ein Ende. Es gelang Paul Kirchberger, die Beisetzung der Urne mit der Asche seiner Mutter in Weilburg im Familiengrab zu erreichen.

Die Familie Kirchberger konnte von den Nationalsozialisten nicht ausgelöscht werden, sie hat heute viele Nachfahren. Paul Kirchberger und seiner Familie blieb die Deportation erspart. Er überlebte die NS-Zeit und den Krieg, starb aber nur wenige Monate nach Kriegsende am 8. Dezember 1945 in Berlin.

In Weilburg wurde schon mit einem Artikel im Weilburger Tageblatt vom 20. November 1982 der Famlie Kirchberger gedacht und für Charlotte Kirchberger wurde dort auch ein Stolperstein verlegt.

(Biografietext auf der Grundlage der Recherchen der Schüler:innen des Werner-von Siemens-Gymnasiums, die auch die Stolpersteinverlegung am 13.09.2022 angestoßen haben.)


Ergänzungen durch die AG Spurensuche Schlachtensee:
In dem Haus Palmzeile 6 wohnten seit 1938 auch die Familie Otto und Anna Levy aus der Rehwiese 4. Sie mussten ihr Haus dort verkaufen und konnten – anders als ihre Kinder – nicht mehr emigrieren.
Ebenso wohnte dort Hildegard Jacoby, zu der es bei Wikipedia heißt:
Hildegard Jacoby war die Tochter eines jüdischen Vaters, eines Arztes, und einer nichtjüdischen Mutter. Nach der Volksschule besuchte sie das Lyzeum und anschließend die Höhere Handelsschule. Sie wurde als Wohlfahrtspflegerin ausgebildet und war in den folgenden Jahren in verschiedenen staatlichen Stellen tätig. Nach der Machtübergabe an die NSDAP musste sie wegen ihrer jüdischen Herkunft ihren Staatsdienst aufgeben und arbeitete in einem Patentanwaltsbüro. Seit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges war sie in einem Pfarrbüro angestellt, bis sie während des Kirchenkampfs beim Bruderrat der Bekennenden Kirche von Berlin-Brandenburg in verschiedenen wichtigen Verwaltungsfunktionen tätig wurde. Dort nahm Marga Meusel Praktikantinnen oder ehrenamtliche Mitarbeiterinnen auf, die nicht mehr im öffentlichen Wohlfahrtsdienst arbeiten konnten – darunter Hildegard Jacoby. Das bedeutete, dass diese schwierige Arbeit immer schwieriger wurde, weil sie z. T. konspirativ, des Nachts oder in der einen oder anderen Privatwohnung stattfinden musste, da die Gestapo die Tätigkeit der Bekennenden Kirche überwachte.
Während ihres kirchlichen Dienstes wurde sie zugleich Helferin und Retterin bedrohter und verfolgter Juden. Sie bekam Kontakt mit dem Widerstandskreis um den Rechtsanwalt Franz Kaufmann und Helene Jacobs, die beide Opfer der NS-Diktatur wurden. In Zusammenarbeit mit dem „Büro Grüber“ verschaffte sie den Betroffenen Verstecke, Lebensmittelkarten und gefälschte Personaldokumente. Im August 1943 wurde sie verhaftet, von einem Sondergericht am 11. Januar 1944 angeklagt und zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt. Dort erkrankte sie an schwerem chronischem Gelenkrheumatismus. Der befreundete Rechtsanwalt Horst Holstein, der Verteidiger Martin Niemöllers, setzte sich für ihre vorzeitige Haftentlassung ein, die auch am 2. Juni 1944 zustande kam. Eine Stunde später starb sie an einem Herzanfall in der Wohnung der Ehefrau des inzwischen ermordeten Anwalts Franz Kaufmann in der Schemmstraße 104 (heute Matterhornstraße 104) in Nikolassee.