Franz Willi Zernik

Verlegeort
Ritterstraße 36
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
11. Mai 2023
Geboren
11. Dezember 1881 in Breslau
Deportation
am 28. März 1942 nach Piaski
Ermordet

Franz Willi Zernik kam am 11. Dezember 1881 in Breslau, der Hauptstadt der preußischen Provinz Schlesien, zur Welt. Er hatte noch eine jüngere Schwester Rosamunde (*1884). Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Willi Zernik haben sich ansonsten keine Zeugnisse erhalten. Sicher ist, dass er einer jüdischen Familie entstammte. 

Er erlernte einen kaufmännischen Beruf und übersiedelte wahrscheinlich Mitte der 1910er Jahre in die Reichshauptstadt. Das erste Mal ist Willi Zernik im Berliner Adressbuch des Jahres 1917 in der Ritterstraße 97 verzeichnet, seit 1919 betreibt er in der Ritterstraße 23 eine Lederwaren- und Taschenfabrik. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in die Lebensumstände von Willi Zernik im Berlin der Weimarer Republik geben könnten. Er blieb Zeit seines Lebens ledig.

Mitte der 1930er Jahre zog er mit seinem Lederwarenhandel in die Ritterstraße 36. Vermutlich hatte auch er unter dem zunehmenden Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden, bis er sein Gewerbe schließlich aufgeben musste. 

Seit Mitte März 1940 bewohnte Willi Zernik als Untermieter ein Zimmer in der Alten Jakobstraße 171 bei Marie Asch, geb. Scherk, geb. 1862 in Posen. Er war als Arbeiter bei der Firma Dr. Otto Kolshorn, Straßenbau- und Holzpflaster-Unternehmen, Holzwerke und Holzhandel zwangsverpflichtet.

In der Vermögenserklärung, die Willi Zernik wenige Tage vor seiner Deportation, am 23. März 1942, ausfüllt, gibt er an: „Über Bestand an Wäsche etc. kann ich keine Auskunft erteilen, da ich seit 18. September 1941 in Haft bin.“ Der Grund und der Ort seiner Inhaftierung sind nicht bekannt. 

Willi Zernik wurde von Berlin am 28. März 1942 mit dem 11. Osttransport nach Piaski deportiert. Hier verliert sich seine Spur. 

Der kleine Ort Piaski, 23 km südöstlich von Lublin gelegen, war nach der deutschen Besetzung Polens Teil des Generalgouvernements geworden. Im Schtetl in Piaski wurde Anfang 1940 ein Ghetto eingerichtet, in das u.a. mehrere tausend Juden aus dem Deutschen Reich deportiert wurden.

Die wenigen sanitären Anlagen des Ghettos waren in einem katastrophalen Zustand, die Grundversorgung mit Nahrung und Trinkwasser absolut unzureichend. Das Ghetto, bestehend aus kleinen, hauptsächlich eingeschossigen Holzhäusern, war nicht für so viele Personen ausgelegt. Zwischen 10 und 20 Menschen mussten sich in der Regel einen Wohnraum teilen. Wer nicht bald an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starb, wurde in eins der Vernichtungslager deportiert und ermordet.

Willis Schwester Rosamunde Zernik war von Berlin am 19. Januar 1942 mit dem 9. Osttransport nach Riga verschleppt und ermordet worden. Seine ehemalige Vermieterin Marie Asch wurde am 17. August 1942 mit dem 1. großen Alterstransport nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 25. November 1942 ums Leben kam.