Hildegard Elkeles

Verlegeort
Rückerstraße 6
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
08. September 2022
Geboren
08. Oktober 1886 in Konkolewo (Posen) / Kąkolewo
Deportation
am 19. Februar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Hildegard Elkeles wurde am 08. Oktober 1896 in dem Dorf Konkolewo (Kąkolewo), Kreis Neutomischel, Provinz Posen, geboren. Ihre Eltern, der Böttcher Leo Elkeles aus Posen und seine Ehefrau Flora Frühling aus Konkolewo, lebten zu dieser Zeit schon getrennt. Die Ehe war am 15. November 1894 in Konkolewo geschlossen worden. Sie wurde am 27. September 1897 vor dem Königlichen Landgericht Posen geschieden. Ein älterer Bruder Arthur (geb. in Posen am 21. Juli 1895, gest. am 10. August 1895 in Posen) wurde nur wenige Wochen alt. Möglicherweise hat Hildegard ihren Vater nie kennen gelernt.
Die Mutter kehrte nach der Trennung im April 1896 in ihr Elternhaus zurück. Der Großvater, ein Kleinhändler, war kurz vor der Geburt des Kindes verstorben. Später zogen Mutter und Großmutter in die zehn Kilometer entfernte Kreisstadt Graetz (Grodzisk Wielkopolski). Flora Elkeles zeigte dort im Jahr 1903 den Tod ihrer Mutter an, mit der sie zusammen gelebt hatte. Für die nächsten Jahre fanden sich bisher keine Spuren. Es ist davon auszugehen, dass Mutter und Tochter vor dem 1. August 1925 ihre Heimat, die nach dem Ersten Weltkrieg zu Polen gehörte, verließen. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten alle Personen, die im Referendum von 1922 für die deutsche Staatsbürgerschaft optiert hatten, die frühere Provinz Posen verlassen haben.
Ab 1927 ist Flora Elkeles als „Witwe“ im Berliner Adressbuch eingetragen. Es ist anzunehmen, dass sie mit ihrer Tochter zusammen lebte, erst in der Wallner-Theater-Straße 9, später in der Rückerstraße 6. Beide Straßen lagen im Bezirk Berlin-Mitte. Der genaue Termin, zu dem Mutter und Tochter nach Berlin umzogen, ist nicht bekannt. Eine Abfrage in der Einwohnermeldekartei von Berlin verlief für Mutter und Tochter ergebnislos. Jedenfalls ist Hildegard Elkeles unter der Adresse Rückerstraße 6 im Jüdischen Adressbuch für Großberlin von 1929/30 verzeichnet, nach dem Tod der Mutter 1936 erscheint sie ab 1939 im Berliner Adressbuch als „Angestellte“ unter der gleichen Anschrift. Die Wohnung lag in der 2. Etage rechts. In ihrer vier Tage vor der Deportation gezwungenermaßen ausgefüllten „Judenvermögenserklärung“ gab sie an, seit 1930 in dieser Wohnung zu leben.
Die Mutter verstarb am 10. April 1936 an Speiseröhrenkrebs, sie wurde auf dem jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin begraben, wo ihr Grabstein erhalten ist. Der Vater, Leo Elkeles, heiratete nach einer weiteren Scheidung eine nichtjüdische Frau, mit der er fünf Kinder hatte. Als jüdischer Part einer sogenannten privilegierten Mischehe verstarb er am 22. Mai 1942 in Breslau eines natürlichen Todes.
Offensichtlich geriet Hildegard Elkeles wie fast alle Juden in eine zunehmende wirtschaftliche Notlage. Im streng von den Behörden kontrollierten „Jüdischen Nachrichtenblatt“ vom 15. Januar 1939 erschien eine Annonce, in der sie nach Arbeit suchte: „Schreibarbeiten, Stenogramme, Eigenmaschine, auch Näharbeiten, Sara Elkeles, Rückerstr. 6.“ In der gleichen Nummer bot sie die Vermietung eines „möblierte[n] oder Leerzimmer[s], Bad, Küchenbenutzung“ an. Mit der Angabe ihres zwangsweise angenommenen Vornamens Sara gab sie sich als Jüdin zu erkennen. Das war wichtig, da sie ausschließlich an Juden untervermieten und nur von Juden beschäftigt werden durfte. Durch den Verzicht auf die Nennung ihres eigentlichen Vornamens konnte sie Anzeigenkosten einsparen. Diesen Weg wählten viele Anzeigenkunden.
Zumindest die Wohnungsanzeige scheint erfolgreich gewesen zu sein. Nach den Angaben in der Minderheiten Volkszählung vom 15. Mai 1939 teilte Hildegard Elkeles die Wohnung zu diesem Zeitpunkt mit Erich Sichermann, geb. 15. Oktober 1911 in Berlin, sowie Felicia Sichermann, geb. Meyer, geb. 02. August 1903 in Berlin. Über beider Schicksal ist nichts weiter bekannt. Am 15. Februar 1943, als sie ihre „Judenvermögenserklärung“ abgeben musste, bewohnte Hildegard die Wohnung allein. Daher musste sie die monatliche Miete von 55 RM selbst aufbringen. Sie verrichtete zu diesem Zeitpunkt Zwangsarbeit bei der Firma Blaupunkt in der Köpenicker Straße 145. Dort erhielt sie einen Wochenlohn von ca. 20 RM. Von dem Anfang des Jahres noch vorhandenen Bankguthaben von ca. 1.500 Reichsmark waren nur noch ca. 1.000 RM vorhanden. Bei der Wohnung handelte es sich um eine Zweizimmerwohnung mit Küche und Bad „ohne Komfort“. Die erzwungene penible Aufzeichnung der Vermögensverhältnisse und Besitztümer zeugt von einem zunehmenden Verarmungsprozess. Die Angabe, dass sich im Besitz ein Kaffeeservice für sechs Personen sowie ein seidenes Kleid befänden, weist auf einen früheren bescheidenen Wohlstand hin. Aber offensichtlich waren Mutter und Tochter nicht begütert gewesen. Der Haushalt war altmodisch. Anstelle von Koffern besaßen sie lediglich vier Körbe. Der Wert der Wohnungseinrichtung wurde vom Gerichtsvollzieher nach der Deportation auf gerade 226 RM geschätzt, insbesondere die Küchenmöbel und das Kücheninventar seien „alt und verschmutzt“, die Wohnung nicht frei von Ungeziefer. Das gesamte Inventar ging bei einem Bombenangriff im November 1943 verloren.
Nach der Deportation – zu einem Zeitpunkt, zu dem Hildegard bereits ermordet worden war - korrespondierte das Finanzamt u.a. mit der Bank, dem Hausverwalter, der Gas- und Elektrizitätsgesellschaft sowie dem Gerichtsvollzieher über die Einziehung ihres Vermögens. Die Deportation wurde im bürokratischen Stil dieser Schriftwechsel als „Abzug“ oder „Evakuierung“ verharmlost. Die Korrespondenz belegt, dass eine beträchtliche Anzahl „normaler“ Bürger Zeugen des Verschwindens einer immensen Anzahl jüdischer Mitbürger waren, insbesondere in einem Viertel mit einem hohen jüdischen Bevölkerungsanteil wie Berlin Mitte.
Von der Einziehung des Vermögens wurde Hildegard Elkeles am 17. Februar 1943 in Kenntnis gesetzt, zu diesem Zeitpunkt befand sie sich bereits in der Sammelunterkunft der jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße. Zwei Tage später, am 19. Februar 1943, wurde sie nach Auschwitz deportiert. Ihr Name findet sich unter der Nummer 931 auf der Transportliste (29. Osttransport von Berlin). Es ist anzunehmen, dass sie gleich nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet wurde.

Hildegard Elkeles wurde am 08. Oktober 1896 in dem Dorf Konkolewo (Kąkolewo), Kreis Neutomischel, Provinz Posen, geboren. Ihre Eltern, der Böttcher Leo Elkeles aus Posen und seine Ehefrau Flora Frühling aus Konkolewo, lebten zu dieser Zeit schon getrennt. Die Ehe war am 15. November 1894 in Konkolewo geschlossen und bereits am 27. September 1897 vor dem Königlichen Landgericht Posen wieder geschieden worden. Ein älterer Bruder, Arthur (*21. Juli 1895, Posen), wurde nur wenige Wochen alt. Möglicherweise hat Hildegard ihren Vater nie kennengelernt.

Die Mutter kehrte nach der Trennung im April 1896 in ihr Elternhaus zurück. Der Großvater, ein Kleinhändler, war kurz vor der Geburt des Kindes verstorben. Später zogen Mutter und Großmutter in die zehn Kilometer entfernte Kreisstadt Graetz (Grodzisk Wielkopolski). Flora Elkeles zeigte dort im Jahr 1903 den Tod ihrer Mutter an, mit der sie zusammen gelebt hatte. Für die nächsten Jahre fanden sich bisher keine Spuren. Es ist davon auszugehen, dass Mutter und Tochter vor dem 1. August 1925 ihre Heimat, die nach dem Ersten Weltkrieg zu Polen gehörte, verließen. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten alle Personen, die im Referendum von 1922 für die deutsche Staatsbürgerschaft optiert hatten, die frühere Provinz Posen verlassen haben.

Ab 1927 ist Flora Elkeles als „Witwe“ im Berliner Adressbuch eingetragen. Es ist anzunehmen, dass sie mit ihrer Tochter zusammen lebte, erst in der Wallner-Theater-Straße 9, später in der Rückerstraße 6. Beide Straßen lagen im Bezirk Berlin-Mitte. Der genaue Termin, zu dem Mutter und Tochter nach Berlin umzogen, ist nicht bekannt. Jedenfalls ist Hildegard Elkeles unter der Adresse Rückerstraße 6 im Jüdischen Adressbuch für Großberlin von 1929/30 verzeichnet, nach dem Tod der Mutter 1936 erscheint sie ab 1939 im Berliner Adressbuch als „Angestellte“ unter der gleichen Anschrift. Die Wohnung lag in der 2. Etage rechts. In ihrer vier Tage vor der Deportation gezwungenermaßen ausgefüllten „Judenvermögenserklärung“ gab sie an, seit 1930 in dieser Wohnung zu leben.

Die Mutter verstarb am 10. April 1936 an Speiseröhrenkrebs, sie wurde auf dem jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin bestattet, wo ihr Grabstein erhalten ist. Der Vater, Leo Elkeles, heiratete nach einer weiteren Scheidung eine nichtjüdische Frau, mit der er fünf Kinder hatte. Als jüdischer Part einer sogenannten privilegierten Mischehe verstarb er am 22. Mai 1942 in Breslau eines natürlichen Todes.

Offensichtlich geriet Hildegard Elkeles wie fast alle Jüdinnen und Juden im Verlauf der nationalsozialistischen Herrschaft in eine zunehmende wirtschaftliche Notlage. Im streng von den Behörden kontrollierten „Jüdischen Nachrichtenblatt“ vom 15. Januar 1939 erschien eine Annonce, in der sie nach Arbeit suchte: „Schreibarbeiten, Stenogramme, Eigenmaschine, auch Näharbeiten, Sara Elkeles, Rückerstr. 6.“ In der gleichen Nummer bot sie die Vermietung eines „möblierte[n] oder Leerzimmer[s], Bad, Küchenbenutzung“ an. Mit der Angabe ihres zwangsweise angenommenen Vornamens Sara gab sie sich als Jüdin zu erkennen. Das war notwendig, da sie ausschließlich an Juden untervermieten und nur von Juden beschäftigt werden durfte. Durch den Verzicht auf die Nennung ihres eigentlichen Vornamens konnte sie Anzeigenkosten einsparen. Diesen Weg wählten viele Anzeigenkunden.

Zumindest die Wohnungsanzeige scheint erfolgreich gewesen zu sein. Nach den Angaben bei der Volkszählung vom Mai 1939 teilte Hildegard Elkeles die Wohnung zu diesem Zeitpunkt mit Erich Sichermann, geb. 15. Oktober 1911 in Berlin, sowie Felicia Sichermann, geb. Meyer, (*02. August 1903 in Berlin). Über beider Schicksal ist nichts weiter bekannt.

Am 15. Februar 1943, als sie ihre „Judenvermögenserklärung“ abgeben musste, bewohnte Hildegard die Wohnung bereits wieder allein. Daher musste sie die monatliche Miete von 55 RM selbst aufbringen. Sie verrichtete zu diesem Zeitpunkt Zwangsarbeit bei der Firma Blaupunkt in der Köpenicker Straße 145. Dort erhielt sie einen Wochenlohn von ca. 20 RM.

Bei der Wohnung handelte es sich um eine Zweizimmerwohnung mit Küche und Bad „ohne Komfort“. Die erzwungene penible Aufzeichnung der Vermögensverhältnisse und Besitztümer zeugt von einem zunehmenden Verarmungsprozess. Die Angabe, dass sich im Besitz ein Kaffeeservice für sechs Personen sowie ein seidenes Kleid befänden, weist auf einen vormals bescheidenen Wohlstand hin. Aber offensichtlich waren Mutter und Tochter nicht begütert gewesen. Der Haushalt war altmodisch. Anstelle von Koffern besaßen sie lediglich vier Körbe. Der Wert der Wohnungseinrichtung wurde vom Gerichtsvollzieher nach der Deportation auf gerade 226 RM geschätzt, insbesondere die Küchenmöbel und das Kücheninventar seien „alt und verschmutzt“, die Wohnung nicht frei von Ungeziefer. Das gesamte Inventar ging bei einem Bombenangriff im November 1943 verloren.

Nach der Deportation – zu einem Zeitpunkt, zu dem Hildegard bereits ermordet worden war – korrespondierte das Finanzamt u.a. mit der Bank, dem Hausverwalter, der Gas- und Elektrizitätsgesellschaft sowie dem Gerichtsvollzieher über die Einziehung ihres Vermögens. Die Deportation wurde im bürokratischen Stil dieser Schriftwechsel als „Abzug“ oder „Evakuierung“ verharmlost. Die Korrespondenz belegt, dass eine beträchtliche Anzahl deutscher Bürger Zeugen des Verschwindens ihrer jüdischen Mitbürger waren. Insbesondere in einem Viertel mit einem hohen jüdischen Bevölkerungsanteil wie Berlin-Mitte.

Von der Einziehung des Vermögens wurde Hildegard Elkeles am 17. Februar 1943 in Kenntnis gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt befand sie sich bereits in der Sammelunterkunft der jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße. Zwei Tage später, am 19. Februar 1943, wurde sie nach Auschwitz deportiert. Ihr Name findet sich unter der Nummer 931 auf der Transportliste (29. Osttransport von Berlin). Es ist anzunehmen, dass sie gleich nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet wurde.