Emil Sondheim

Verlegeort
Varnhagenstr. 13
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
30. August 2023
Geboren
24. Juni 1886 in Dewitz (Böhmen) / Dejvice
Beruf
Kaufmann
Zwangsarbeit
Arbeiter (Buna-Werke im Außenlager Auschwitz-Monowitz)
Deportation
am 04. März 1943 von Berlin nach Auschwitz
Später deportiert
am 30. Juli 1943 nach Natzweiler-Struthof
Ermordet
18. August 1943 in Natzweiler-Struthof

Emil Sondheim wurde am 24. Juni 1886 in Dejwitz in Böhmen (heute einem Vorort von Prag) geboren. Über seine Kindheit und Jugend wissen wir leider nichts. Dass er als Soldat für das Deutsche Reich im 1. Weltkrieg war, ist aus der im Mai 1916 veröffentlichen Sächsischen Verlustliste ersichtlich. Im September 1924 heiratete der 38-jährige Kaufmann Emil die 10 Jahre jüngere Köchin Hedwig Zahn. Sehr wahrscheinlich blieb die Ehe kinderlos. Das Ehepaar Sondheim wohnte bis etwa 1929 in der Utrechter Straße 6 in Berlin-Wedding. Dann zogen sie in die 3. Etage eines Neubaus in der Varnhagenstraße 13.

In den Unterlagen der Volkszählung vom Mai 1939 wurden Emil und Hedwig Sondheim unter dieser Anschrift erfasst. Auf den Ergänzungskarten dieser Volkszählung hatten sie – wie alle Bürger- ihre „rassische Abstammung“ zu beschreiben durch die Antwort auf die Frage, ob ihre Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits Juden waren. Emil hat diese Fragen mit 4-mal JA und Hedwig mit 4-mal NEIN beantwortet. Damit war Emil gemäß NS-Ideologie „Jude“ und Hedwig „Arierin“ und ihre Ehe galt nun als sogenannte „Mischehe“. Beide unterlagen damit allen staatlich verordneten Demütigungen, Repressalien und Entrechtung. Emil verlor in den Folgejahren seine berufliche Existenz als Kaufmann, was man in den Berliner Adressbüchern ab 1939 nachlesen kann. Zuerst wird er dort statt Kaufmann nun nur noch Kontorist später dann als Arbeiter (zuletzt Zwangsarbeiter bei der Reichsbahn) genannt.

Im Februar 1942 wurde die Ehe von Emil und Hedwig geschieden. Ob dies unter Zwang geschah, lässt sich nicht mehr ermitteln. Emil verließ offenbar die gemeinsame Wohnung und zog im Oktober 1942 in ein möbliertes Zimmer in der Hochmeisterstraße 10 (heute Husemannstraße 20). Hedwig blieb in der Varnhagenstraße 13. Im Berliner Adressbuch von 1943 wird sie als Hauswartin genannt.

Am 4. März 1943 wurde Emil Sondheim mit dem 34. Osttransport nach Auschwitz deportiert. Mit diesem Transport kamen am zwei Tage später insgesamt 1.405 jüdische Männer, Frauen und Kinder dort an. An der Rampe wurden 406 Männer und 190 Frauen ausgewählt und als Sklavenarbeiter ins Lager eingewiesen - darunter Emil Sondheim, dem die Lager-SS die Nummer 106569 auf den linken Unterarm tätowieren ließ. Die übrigen 809 Personen wurden sofort in die Gaskammer getrieben und umgebracht.

Emil Sondheim wurde zur Zwangsarbeit in den Buna-Werken im Außenlager Auschwitz-Monowitz eingesetzt. Am 12. Mai 1943 wurde er wegen allgemeiner Schwäche ins Krankenrevier des Stammlagers Auschwitz geschickt.

Dort wurde der 53-Jährige im Juni 1943 von den beiden Rassen-Anthropologen Bruno Beger und Hans Fleischhacker selektiert, am 30. Juli 1943 mit weiteren 85 jüdischen Frauen und Männern ins KZ Natzweiler-Struthof deportiert und dort am 18. August 1943 in der Gaskammer ermordet. Aus den Leichen sollten an der nahegelegenen Reichsuniversität Straßburg Skelette für rassenideologisch motivierte Forschungen präpariert und in einer um diese Exemplare erweiterten anthropologischen Sammlung des Anatomischen Instituts präsentiert werden. Das makabre Ausstellungsvorhaben konnten dessen Initiator Prof. Dr. August Hirt - Direktor des Anatomischen Instituts an der Reichsuniversität - und seine Helfer nicht mehr zu Ende führen. Die sterblichen Überreste der Ermordeten wurden nach der Befreiung Straßburgs in einem Massengrab auf dem Jüdischen Friedhof in Cronenbourg, einem Vorort von Strasbourg beigesetzt. Am 5. Dezember 2005 wurde auf ihrem Grab ein Gedenkstein mit den 86 Namen enthüllt.