Dr. Ilse Kassel geb. Kassel

Verlegeort
Wachsmuthstr. 9
Historischer Name
Bahnhofstr. 5
Bezirk/Ortsteil
Hermsdorf
Verlegedatum
05. Juli 2008
Geboren
09. Juni 1902 in Berlin-Wittenau
Beruf
Ärztin
Flucht in den Tod
20. September 1943 in Alt Gurkowschbruch (Neumark) / Górecko

Dr. Ilse Kassel wurde am 9. Juni 1902 als Tochter des Sanitätsrates Dr. Woldemar Kassel und Hedwig Kassel, geb. Fürstenheim, in Berlin-Wittenau geboren. Sie hatte eine Schwester, Hilde, und einen Bruder, Theo.<br />
<br />
Der Vater hatte ab 1906 in der heutigen Wachsmuthstr. 9, Berlin-Hermsdorf, eine Praxis. 1921 machte Ilse Kassel das Abitur an der Humboldt- Oberrealschule in Tegel, studierte Medizin in Berlin und Freiburg und übernahm nach der Facharztausbildung in Berlin und dem Tod ihres Vaters am 31. August 1930 dessen Praxis. Die nationalsozialistischen Behörden entzogen ihr bereits am 1. Juli 1933 die kassenärztliche Zulassung und am 3. Mai 1938 dann die Approbation.<br />
<br />
Von 1935 bis 1936 saß sie unter falscher Anschuldigung in der Haftanstalt Moabit. Nach ihrem Freispruch und der Entlassung ließen die Behörden aber nicht locker. Sie wurde erneut verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Zuchthaus gebar sie am 9. Mai 1937 ihre Tochter Edith.<br />
<br />
1938 stellte sie einen Auswanderungsantrag nach Palästina, wohin ihre Mutter und ihr Bruder schon ausgewandert waren. Das scheiterte aber am Ausbruch des Krieges.<br />
<br />
Nach der Entlassung aus dem Zuchthaus arbeitete Ilse Kassel zuerst als Krankenschwester, danach als Zwangsarbeiterin in der Rüstungsindustrie. Um einer Verhaftung zuvorzukommen, tauchte sie im September 1942 mit ihrer Tochter unter. Sie wurde versteckt von einer ehemaligen Patientin, Frau Tony Großmann, geb. Schindler, in Alt Gurkowschbruch/Neumark in der Nähe von Landsberg/Warthe.<br />
<br />
Als ihr Versteck, vermutlich durch Verrat, aufflog und die Gestapo auf dem Bauernhof erschien, gelang Ilse Kassel mit ihrer Tochter Edith noch die Flucht, aber sie sah keinen anderen Ausweg mehr als den gemeinsamen Freitod. Sie starb dabei in der Netze, die Tochter wurde gerettet, aber später in Auschwitz ermordet. Als Todesdatum setzte die Polizei für Ilse Kassel den 20. September 1943, 17.30 Uhr fest.<br />
<br />
Ihre mutige Helferin, Frau Großmann, wurde zu 2 1/2 Jahren KZ verurteilt, aber nach einiger Zeit wieder freigelassen. 1993 erhielt sie für ihr selbstloses Handeln das Bundesverdienstkreuz. Die Schwester von Ilse Kassel überlebte den Krieg, weil sie in einer „Mischehe“ verheiratet war.

Dr. Ilse Kassel wurde am 9. Juni 1902 als Tochter des Sanitätsrates Dr. Woldemar Kassel und Hedwig Kassel, geb. Fürstenheim, in Berlin-Wittenau geboren. Sie hatte eine Schwester, Hilde, und einen Bruder, Theo.

Der Vater hatte ab 1906 in der heutigen Wachsmuthstr. 9, Berlin-Hermsdorf, eine Praxis. 1921 machte Ilse Kassel das Abitur an der Humboldt- Oberrealschule in Tegel, studierte Medizin in Berlin und Freiburg und übernahm nach der Facharztausbildung in Berlin und dem Tod ihres Vaters am 31. August 1930 dessen Praxis. Die nationalsozialistischen Behörden entzogen ihr bereits am 1. Juli 1933 die kassenärztliche Zulassung und am 3. Mai 1938 dann die Approbation.

Von 1935 bis 1936 saß sie unter falscher Anschuldigung in der Haftanstalt Moabit. Nach ihrem Freispruch und der Entlassung ließen die Behörden aber nicht locker. Sie wurde erneut verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Zuchthaus gebar sie am 9. Mai 1937 ihre Tochter Edith.

1938 stellte sie einen Auswanderungsantrag nach Palästina, wohin ihre Mutter und ihr Bruder schon ausgewandert waren. Das scheiterte aber am Ausbruch des Krieges.

Nach der Entlassung aus dem Zuchthaus arbeitete Ilse Kassel zuerst als Krankenschwester, danach als Zwangsarbeiterin in der Rüstungsindustrie. Um einer Verhaftung zuvorzukommen, tauchte sie im September 1942 mit ihrer Tochter unter. Sie wurde versteckt von einer ehemaligen Patientin, Frau Tony Großmann, geb. Schindler, in Alt Gurkowschbruch/Neumark in der Nähe von Landsberg/Warthe.

Als ihr Versteck, vermutlich durch Verrat, aufflog und die Gestapo auf dem Bauernhof erschien, gelang Ilse Kassel mit ihrer Tochter Edith noch die Flucht, aber sie sah keinen anderen Ausweg mehr als den gemeinsamen Freitod. Sie starb dabei in der Netze, die Tochter wurde gerettet, aber später in Auschwitz ermordet. Als Todesdatum setzte die Polizei für Ilse Kassel den 20. September 1943, 17.30 Uhr fest.

Ihre mutige Helferin, Frau Großmann, wurde zu 2 1/2 Jahren KZ verurteilt, aber nach einiger Zeit wieder freigelassen. 1993 erhielt sie für ihr selbstloses Handeln das Bundesverdienstkreuz. Die Schwester von Ilse Kassel überlebte den Krieg, weil sie in einer „Mischehe“ verheiratet war.