Gisela (Gitel) Finder geb. Grünfeld

Verlegeort
Weinbergsweg 10
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
25. Juni 2023
Geboren
19. Januar 1909 in Tarnow (Galizien) / Tarnów
Deportation
am 17. November 1941 nach Kowno / Kaunas Fort IX
Ermordet
25. November 1941 in Kowno / Kaunas Fort IX

Gisela (jüdisch Gitel) wurde am 19. Januar 1909 in Tarnow, Polen geboren.

Ihre Eltern waren Leo und Erna (Esther) Grünfeld. Beide waren im Schneiderhandwerk tätig. Im Jahr 1913 zogen die Eltern mit den Kindern Gisela, Adi und Mary nach Berlin, weil sie hofften in Berlin für ihre Familie ein besseres Leben schaffen zu können. Die Eltern eröffneten ein Geschäft für Maßschneiderei und Nähbedarf in der Lothringer Straße (heute Torstraße).

Die Eltern haben viel gearbeitet, aber das Leben am Weinbergsweg 10 hat sie für vieles entschädigt. Die Nachbarn waren christlich und jüdisch, und es war ein harmonisches Miteinander. Die Kinder spielten zusammen im Hof und besuchten die Schule in der Zehdenicker Straße.

An Giselas 15. Geburtstag, dem 19. Januar 1924 starb ihr geliebter Vater. Erna und die inzwischen vier Kinder mussten fortan ihr Leben ohne den Vater organisieren. Sie hatten aber eine starke Mutter, die nie den Mut verloren hatte.

Gisela lernte Hugo Finder kennen und im Sommer 1930 heirateten sie in der Synagoge Oranienburger Straße. Die Familie von Hugo war wohlhabend, sie besaßen Strickereien in Apolda/Thüringen und führten ein Geschäft in der Schönhauser Straße 65. Gisela und Hugo ging es sehr gut, sie hatten eine gute Wohnung und sogar ein Auto.

Am 21. Oktober 1933 wurde Leo, genannt Leoschen, geboren und eigentlich war das Glück perfekt, aber Hugo trennte sich kurz nach der Geburt von Gisela weil er eine andere hatte.

Inzwischen war Hitler an die Macht gekommen und bereits im März wurde das ,,Ermächtigungsgesetz“ beschlossen. Am 1. April 1933 startet das Naziregime eine offizielle Aktion gegen die jüdischen Deutschen. Sie verkünden einen landesweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte. Es ist der erste Schritt in einer Reihe von Maßnahmen, die sich gegen jüdische Menschen richtet und im Holocaust enden wird.

In der Familie von Gisela überlegte man sich zu diesem Zeitpunkt, welche Ausreisemöglichkeiten es gab. Ihr Bruder Adi ist 1936 mit seinem Schwager Max Wilk nach Brasilien ausgewandert und 1939 folgte die Mutter Erna und Giselas Schwester Mary mit ihrer kleinen Tochter Hanni.  

Die Schwester von Gisela, ist mit ihrem Mann Kurt Heimann und seinen Eltern, und dem Bruder Gerhard im September 1940 nach Sanghai geflüchtet. Später reisten sie nach Denver, Colorado in die USA und bauten eine neues Leben auf.

Gisela hoffte inzwischen auch nach Brasilien flüchten zu können, aber sie trug den Namen Finder und nicht Grünfeld so bekam sie keine Papiere für Brasilien. (Am 25. November 1941 entzog Deutschland allen deutschen Jüdinnen und Juden die Staatsangehörigkeit.)

Hugo, Giselas ehemaliger Mann, und Malie sind nach Belgien gegangen und anschließend nach Frankreich, wo sie beide 1943 festgenommen und nach Auschwitz deportiert wurden.

Am 17. November 1941 wurden Gisela und Leo Finder nach Konvo Kaunas in Litauen deportiert. In der dortigen Festung wurde Gisela mit 32 Jahren und der achtjährige Leo ermordet.