Helga Arndtheim

Location 
Fechnerstr. 5
District
Wilmersdorf
Stone was laid
13 June 2019
Born
28 December 1927 in Berlin
Deportation
on 18 October 1941 to Łódź / Litzmannstadt
Later deported
1943 to Auschwitz
Later deported
1945 to Bergen-Belsen
Survived
Helga Arndtheim war das einzige Kind ihrer Eltern Georg und Frieda Arndtheim. Sie kam am 28. Dezember 1927 in Berlin auf die Welt. Die Arndtheims wohnten seit 1926 in der heutigen Fechnerstraße 5, die damals noch Lauenburger Straße und ab 1938 Walter-Fischer-Straße hieß.

Helga hatte eine behütete und glückliche Kindheit, die Mutter war zwar streng, aber sie kümmerte sich liebevoll um die Tochter. Zusammen mit den Eltern besuchte Helga ihre Verwandten, ging ins Kino und in den Zoo und verbrachte die Sommer in dem Landhaus der Arndtheims außerhalb Berlins.

Ab 1933 war es vorbei mit der Unbeschwertheit. Helga Arndtheim besuchte die Grundschule am Nikolsburger Platz, wo sie bald Diskriminierungen durch Lehrkräfte und Mitschüler*innen erlebte. Die Eltern schulten sie um in die „Private Jüdische Waldschule Kaliski“ in Dahlem, wo den jüdischen Kindern mehr Schutz und Geborgenheit zuteil wurde. 1939 musste die Schule schließen und Helga blieb von nun an zuhause.

In der Nacht zum 18. Oktober 1941 wurden Georg, Frieda und Helga Arndtheim von der Gestapo aus ihrer Wohnung abgeholt. Innerhalb kürzester Zeit mussten sie die notwendigsten Dinge zusammenpacken. Helga erinnerte sich, dass ihre Mutter ihr so viele Kleidungsstücke wie möglich übereinander anzog, damit sie die bevorstehende Kälte besser ertrüge. Die Familie wurde zunächst in die Synagoge in der Levetzowstraße gebracht, die als Sammelstelle zur Vorbereitung auf die Deportation diente.
Es begann eine lange Reise ins polnische Łódź. Die Familie Arndtheim wurde im Ghetto Litzmannstadt in einer Behausung im Bleicherweg 16 untergebracht. Alle drei wurden sogleich zur Zwangsarbeit herangezogen: Georg musste im Außenbereich arbeiten, Frieda in einer der zahlreichen Nähereien, in denen Uniformen für die Wehrmacht hergestellt wurden, und die knapp 14-jährige Helga in einer Werkstatt, in der sie beispielsweise Knöpfe annähte und Blumen bastelte, „making stupid things for stupid German ladies“, wie sie selbst es ausdrückte.

Im Juni 1942 musste Helga Arndtheim mit ansehen, wie ihr Vater starb. Er war auf der Straße willkürlich angeschossen worden und konnte sich noch ins Haus schleppen, wo er verblutete. Sechs Monate später wurde Helga 15 Jahre alt. Ihre Mutter konnte ihr – eine Kostbarkeit – eine Zwiebel schenken, die sie irgendwo im Ghetto aufgetrieben hatte. Noch in derselben Nacht starb Frieda Arndtheim, an Lungentuberkulose erkrankt und halb verhungert.

Helga hatte im Ghetto Verwandte, die sich ihrer vorübergehend annahmen. Bald wurde sie zusammen mit sieben weiteren Waisenkindern von Chaim Mordechai Rumkowski, dem „Ältesten der Juden in Litzmannstadt“, in eine gesonderte Unterkunft gebracht, in der die Lebensbedingungen etwas besser waren.

1943 wurde diese Gruppe von Kindern nach Auschwitz transportiert. Helga überlebte die Selektion und die darauf folgenden Monate in dem Vernichtungslager, bis sie weitertransportiert wurde in ein Außenlager des KZ Neuengamme, Hamburg-Sasel. Während der gesamten Zeit blieb die Gruppe der vier Waisenmädchen aus Łódź zusammen. Sie wurden zur Schwerstarbeit, der Räumung von Trümmern nach der Bombardierung Hamburgs, eingesetzt.

Im April 1945 wurde das Außenlager geräumt. Die jungen Frauen mussten den langen Marsch nach Bergen-Belsen zu Fuß zurücklegen, die nackten Füße nur durch ein paar Lumpen oder Zeitungen geschützt.

Als die britischen Truppen Bergen-Belsen befreiten, wog Helga noch 23 Kilo. Sie war an Typhus und Tuberkulose erkrankt und verbrachte die folgende Zeit im Militärkrankenhaus.

Dank des Einsatzes von Folke Graf Bernadotte gehörte Helga Arndtheim zu den ehemaligen KZ-Häftlingen, die in Schweden eine Zuflucht finden sollten. In Sigtuna, in der Nähe Stockholms, erholte sie sich in einem Krankenhaus monatelang von den Strapazen der KZ Haft und kam wieder zu Kräften.

Hier lernte sie den deutschen Geschäftsmann Hans Schröder kennen, der Nazideutschland frühzeitig verlassen hatte. Er kümmerte sich um Helga und nahm sie schließlich in seine Familie auf, wo sie mit seinen zwei Töchtern eine schwesterliche Beziehung verband. Ihre Tante Paula Bein, Schwester ihrer Mutter Frieda, hatte von den USA aus, wohin sie emigriert war, über internationale Suchdienste nach Frieda, Georg und Helga Arndtheim geforscht. Schließlich fand sie Helga in Schweden. Sie erwirkte für ihre Nichte eine Einreiseerlaubnis in die USA. 1948 verließ Helga den europäischen Kontinent und begann ihr neues Leben in Amerika.

Die erste Zeit lebte sie bei ihrer Tante Paula und deren Familie in New York, beschloss dann aber, sich in Philadelphia zur Krankenschwester ausbilden zu lassen. Ihre jüdische Mitstudentin Leebe Melmed wurde schnell zu ihrer besten Freundin. In Leebes Elternhaus lernte Helga Leebes Bruder Charles kennen: Es war Liebe auf den ersten Blick. Helga und Charles Melmed heirateten, zogen nach Florida, bekamen vier Kinder und zahlreiche Enkelkinder.

1977 besuchte Helga Melmed zum ersten Mal nach ihrer Deportation ihre Geburtsstadt Berlin auf Einladung des Berliner Senats. Im Mai 2019 erfolgte ein zweiter Besuch anlässlich der Ausstellung „50 Jahre Besuchsprogramm des Berliner Senats für NS-Verfolgte“.

Die Biografie von Helga Melmed Arndtheim basiert auf dem zweistündigen Videointerview, das sie 1997 der von Steven Spielberg gegründeten USC Shoah Foundation gab.

Helga Arndtheim war das einzige Kind ihrer Eltern Georg und Frieda Arndtheim. Sie kam am 28. Dezember 1927 in Berlin auf die Welt. Die Arndtheims wohnten seit 1926 in der heutigen Fechnerstraße 5, die damals noch Lauenburger Straße und ab 1938 Walter-Fischer-Straße hieß.

Helga hatte eine behütete und glückliche Kindheit, die Mutter war zwar streng, aber sie kümmerte sich liebevoll um die Tochter. Zusammen mit den Eltern besuchte Helga ihre Verwandten, ging ins Kino und in den Zoo und verbrachte die Sommer in dem Landhaus der Arndtheims außerhalb Berlins.

Ab 1933 war es vorbei mit der Unbeschwertheit. Helga Arndtheim besuchte die Grundschule am Nikolsburger Platz, wo sie bald Diskriminierungen durch Lehrkräfte und Mitschüler*innen erlebte. Die Eltern schulten sie um in die „Private Jüdische Waldschule Kaliski“ in Dahlem, wo den jüdischen Kindern mehr Schutz und Geborgenheit zuteil wurde. 1939 musste die Schule schließen und Helga blieb von nun an zuhause.

In der Nacht zum 18. Oktober 1941 wurden Georg, Frieda und Helga Arndtheim von der Gestapo aus ihrer Wohnung abgeholt. Innerhalb kürzester Zeit mussten sie die notwendigsten Dinge zusammenpacken. Helga erinnerte sich, dass ihre Mutter ihr so viele Kleidungsstücke wie möglich übereinander anzog, damit sie die bevorstehende Kälte besser ertrüge. Die Familie wurde zunächst in die Synagoge in der Levetzowstraße gebracht, die als Sammelstelle zur Vorbereitung auf die Deportation diente.
Es begann eine lange Reise ins polnische Łódź. Die Familie Arndtheim wurde im Ghetto Litzmannstadt in einer Behausung im Bleicherweg 16 untergebracht. Alle drei wurden sogleich zur Zwangsarbeit herangezogen: Georg musste im Außenbereich arbeiten, Frieda in einer der zahlreichen Nähereien, in denen Uniformen für die Wehrmacht hergestellt wurden, und die knapp 14-jährige Helga in einer Werkstatt, in der sie beispielsweise Knöpfe annähte und Blumen bastelte, „making stupid things for stupid German ladies“, wie sie selbst es ausdrückte.

Im Juni 1942 musste Helga Arndtheim mit ansehen, wie ihr Vater starb. Er war auf der Straße willkürlich angeschossen worden und konnte sich noch ins Haus schleppen, wo er verblutete. Sechs Monate später wurde Helga 15 Jahre alt. Ihre Mutter konnte ihr – eine Kostbarkeit – eine Zwiebel schenken, die sie irgendwo im Ghetto aufgetrieben hatte. Noch in derselben Nacht starb Frieda Arndtheim, an Lungentuberkulose erkrankt und halb verhungert.

Helga hatte im Ghetto Verwandte, die sich ihrer vorübergehend annahmen. Bald wurde sie zusammen mit sieben weiteren Waisenkindern von Chaim Mordechai Rumkowski, dem „Ältesten der Juden in Litzmannstadt“, in eine gesonderte Unterkunft gebracht, in der die Lebensbedingungen etwas besser waren.

1943 wurde diese Gruppe von Kindern nach Auschwitz transportiert. Helga überlebte die Selektion und die darauf folgenden Monate in dem Vernichtungslager, bis sie weitertransportiert wurde in ein Außenlager des KZ Neuengamme, Hamburg-Sasel. Während der gesamten Zeit blieb die Gruppe der vier Waisenmädchen aus Łódź zusammen. Sie wurden zur Schwerstarbeit, der Räumung von Trümmern nach der Bombardierung Hamburgs, eingesetzt.

Im April 1945 wurde das Außenlager geräumt. Die jungen Frauen mussten den langen Marsch nach Bergen-Belsen zu Fuß zurücklegen, die nackten Füße nur durch ein paar Lumpen oder Zeitungen geschützt.

Als die britischen Truppen Bergen-Belsen befreiten, wog Helga noch 23 Kilo. Sie war an Typhus und Tuberkulose erkrankt und verbrachte die folgende Zeit im Militärkrankenhaus.

Dank des Einsatzes von Folke Graf Bernadotte gehörte Helga Arndtheim zu den ehemaligen KZ-Häftlingen, die in Schweden eine Zuflucht finden sollten. In Sigtuna, in der Nähe Stockholms, erholte sie sich in einem Krankenhaus monatelang von den Strapazen der KZ Haft und kam wieder zu Kräften.

Hier lernte sie den deutschen Geschäftsmann Hans Schröder kennen, der Nazideutschland frühzeitig verlassen hatte. Er kümmerte sich um Helga und nahm sie schließlich in seine Familie auf, wo sie mit seinen zwei Töchtern eine schwesterliche Beziehung verband. Ihre Tante Paula Bein, Schwester ihrer Mutter Frieda, hatte von den USA aus, wohin sie emigriert war, über internationale Suchdienste nach Frieda, Georg und Helga Arndtheim geforscht. Schließlich fand sie Helga in Schweden. Sie erwirkte für ihre Nichte eine Einreiseerlaubnis in die USA. 1948 verließ Helga den europäischen Kontinent und begann ihr neues Leben in Amerika.

Die erste Zeit lebte sie bei ihrer Tante Paula und deren Familie in New York, beschloss dann aber, sich in Philadelphia zur Krankenschwester ausbilden zu lassen. Ihre jüdische Mitstudentin Leebe Melmed wurde schnell zu ihrer besten Freundin. In Leebes Elternhaus lernte Helga Leebes Bruder Charles kennen: Es war Liebe auf den ersten Blick. Helga und Charles Melmed heirateten, zogen nach Florida, bekamen vier Kinder und zahlreiche Enkelkinder.

1977 besuchte Helga Melmed zum ersten Mal nach ihrer Deportation ihre Geburtsstadt Berlin auf Einladung des Berliner Senats. Im Mai 2019 erfolgte ein zweiter Besuch anlässlich der Ausstellung „50 Jahre Besuchsprogramm des Berliner Senats für NS-Verfolgte“.

Die Biografie von Helga Melmed Arndtheim basiert auf dem zweistündigen Videointerview, das sie 1997 der von Steven Spielberg gegründeten USC Shoah Foundation gab.