Margarete Mathias née Bibo

Location 
Pariser Str. 6
District
Wilmersdorf
Stone was laid
22 June 2014
Born
29 November 1898 in Berlin
Deportation
on 03 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Margarete Bibo kam am 29. November 1898 als Tochter des Kaufmanns Isidor Bibo *3. Oktober 1870 und seiner Frau Jenny geborene Davidsohn *4. Juli 1871 auf die Welt. Margarete hatte fünf Geschwister, Hans wurde am 23. Januar 1894 geboren, Else am 23. Dezember 1895, Erna am 9. Mai 1897, Lilli am 31. März 1900 und Alfred am 3. Juli 1909. Alle Kinder wurden in Berlin geboren. Das Schicksal von Else und Erna ist unbekannt. <br />
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Die am 19. Juli 1893 geschlossene Ehe von Isidor und Jenny Bibo wurde am 23. Juli 1920 wieder geschieden. Wenige Monate nach der Scheidung von Jenny heiratete Isidor am 31. Dezember 1920 die 1878 geborene Emma Ißleib. Emma war noch nicht Isidors letzte Ehefrau. Er heiratete später die am 1. April 1908 geborene Klara Gutsche aus Kotzenau. Mit ihr hatte er, inzwischen 61jährig, ein siebtes Kind. Ursula Bibo kam am 20. Juni 1931 auf die Welt. Mit ihr hatten die Geschwister Bibo noch eine Halbschwester bekommen. Später stellte Ursula zusammen mit ihren Halbgeschwistern Hans, Lilli und Alfred einen Entschädigungsantrag. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie in Berlin.<br />
Isidor und Jenny Bibo waren beide Kunst- und Antiquitätenhändler. Isidors Geschäft war zuerst in der Bismarckstraße 62, ab 1929 in der Danckelmannstraße 33, danach in der Lutherstraße 9 gemeldet. Unter dem Namen seiner ersten Frau, Jenny Bibo, war bis 1935 unter der Adresse Neustädtische Straße 17 ein Kunst- und Antiquitätenhandel eingetragen. Nach ihrer Scheidung hatten sie ihre Geschäfte eigenständig getätigt. Der Sohn Hans sprach davon, dass seine Eltern in Berlin bekannte Kunsthändler gewesen seien. Er selbst tat es seinen Eltern gleich, auch er wurde Kunst- und Antiquitätenhändler. Sein Geschäft befand sich in der Friedrichstraße 13, ab 1934 in der Hedemannstraße 11.<br />
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Am 11. Dezember 1923 heiratete Margarete den Kürschnermeister und Rauchwarenhändler Erich Mathias. Der gemeinsame Sohn Heinz Siegfried – oft auch Heini genannt – wurde am 25. August 1928 geboren. Die Familie wohnte von Anfang an in einer 5 ½ Zimmerwohnung in der Pariser Straße 6. Die Wohnung war mit wertvollem Mobiliar ausgestattet, das Schlafzimmer war aus Mahagoni und Rosenholz gefertigt, es gab einen Damensalon, ein Herrenzimmer, ein Fremdenzimmer und Heinz‘ Kinderzimmermöbel waren aus weißem Schleiflack. Das Ehepaar besaß auch Bilder zeitgenössischer Maler sowie altes Porzellan und Edelmetalle. Eine komplette Wohnungseinrichtung und je eine größere Summe Bargeld erhielten Margarete und ihre Schwester Lilli als Aussteuer von ihren Eltern. Margaretes wertvolle Pelze waren Geschenke ihres Ehemannes. Erich Mathias‘ Pelzgeschäft befand sich anfänglich in der nahe gelegenen Pfalzburger Straße, ab 1929 in der Beuthstraße 19/20. Diese Angabe ist seit 1935 nicht mehr in den Adressbüchern zu finden, fortan war er nur noch unter seiner Privatadresse eingetragen. Die Ehe von Margarete und Erich Mathias wurde am 14. Januar 1939 geschieden – aus Verschulden des Ehemannes, wie der Bruder Hans Bibo später erklärte. Erich Mathias‘ Spur verliert sich ab diesem Zeitpunkt. Der einzige im Gedenkbuch eingetragene Erich Mathias war im November 1938 bis zum 14. Dezember desselben Jahres in Sachsenhausen interniert und wurde am 14. April 1942 in das Warschauer Getto deportiert, wo er im Mai desselben Jahres ums Leben gebracht wurde. Es ist möglich, dass es sich hierbei um Margaretes Ehemann handelte, denn in der Akte des Oberfinanzpräsidenten findet sich ein Schreiben der BEWAG. „Meldung über evakuierte Juden: Unser früherer Abnehmer Erich Mathias, Pariser Str.6 evakuiert.“<br />
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Margarete lebte nach der Scheidung mit ihrem Sohn Heinz in der großen Wohnung in der Pariser Straße. Zwei ihrer Geschwister hatten bereits das Land verlassen. Alfred Bibo flüchtete 1936 nach Argentinien, wo er fortan Alfredo hieß. Lilli Bibo, verheiratete Schäfer – später Shepherd - war 1938 in die USA emigriert. Hans Bibo hatte 1935 sein Geschäft als Kunst- und Antiquitätenhändler aufgeben müssen und seine Wohnungen wurden ihm nacheinander kurzerhand gekündigt. Seit1932 war er mit Frieda Wisniewski verheiratet. Ab 1941 leistete er bis zum Einmarsch der russischen Armee Zwangsarbeit. Aber er überlebte den Holocaust in Berlin und wohnte nach dem Krieg bis zu seinem Tod 1969 in der Giesebrechtstraße 12.<br />
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Isidor Bibo nahm sich am 18. März 1944, entrechtet, seines Lebenswerkes beraubt und angesichts der drohenden Deportation das Leben. Über den Tod seiner ersten Frau Jenny – Margaretes Mutter - wissen wir nichts.<br />
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Margarete wurde ebenfalls zur Zwangsarbeit für einen Hungerlohn von 20 RM Wochenlohn zuerst bei Siemens und später AEG herangezogen. Davon konnten sie und Heinz nicht leben, die Gesamtmiete allein kostete schon 145 RM. Außer Margarete und Heinz lebten noch ihre frühere Hausangestellte Hanna Schapp und zwei weitere, zwangsweise einquartierte Untermieter bei ihnen. Heinz musste in seinen jungen Jahren mitarbeiten. Er war in der Jüdischen Kultusvereinigung beschäftigt und konnte so einen kleinen Zuschuss zum Lebensunterhalt beitragen. <br />
<br />
Margarete Mathias wurde am 3. März 1943 von der Gestapo an ihrer Arbeitsstelle festgenommen und abtransportiert. Gleichzeitig holten sie den 15jährigen Heinz aus der Wohnung in der Pariser Straße. Mutter und Sohn wurden zunächst in die als Sammelstelle missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 8 gebracht und sogleich mit demselben Transport in den sicheren Tod geschickt.<br />
Mit dem 33. Osttransport, dem 3. Transport aus Berlin nach der "Fabrikaktion", wurden ausschließlich Berliner Juden nach Auschwitz deportiert. Am 27. Februar 1943 hatten SS und Gestapo begonnen, jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus den Fabriken zu holen und in Sammellager in der ganzen Stadt zu bringen. Die letzten noch in Berlin verbliebenen Juden sollten in den Vernichtungslagern ermordet werden. Der Transport umfasste 1750 Menschen, 1033 von ihnen wurden gleich nach Ankunft des Zuges in den Gaskammern von Birkenau ermordet. Ob Margarete und ihr Sohn Heinz zu ihnen gehörten, oder ob sie noch registriert und ins Lager eingewiesen wurden, ist nicht bekannt.<br />
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Für Heinz Mathias wurde bisher kein Stolperstein vor dem Haus verlegt.<br />
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Margarete Bibo kam am 29. November 1898 als Tochter des Kaufmanns Isidor Bibo *3. Oktober 1870 und seiner Frau Jenny geborene Davidsohn *4. Juli 1871 auf die Welt. Margarete hatte fünf Geschwister, Hans wurde am 23. Januar 1894 geboren, Else am 23. Dezember 1895, Erna am 9. Mai 1897, Lilli am 31. März 1900 und Alfred am 3. Juli 1909. Alle Kinder wurden in Berlin geboren. Das Schicksal von Else und Erna ist unbekannt.

Die am 19. Juli 1893 geschlossene Ehe von Isidor und Jenny Bibo wurde am 23. Juli 1920 wieder geschieden. Wenige Monate nach der Scheidung von Jenny heiratete Isidor am 31. Dezember 1920 die 1878 geborene Emma Ißleib. Emma war noch nicht Isidors letzte Ehefrau. Er heiratete später die am 1. April 1908 geborene Klara Gutsche aus Kotzenau. Mit ihr hatte er, inzwischen 61jährig, ein siebtes Kind. Ursula Bibo kam am 20. Juni 1931 auf die Welt. Mit ihr hatten die Geschwister Bibo noch eine Halbschwester bekommen. Später stellte Ursula zusammen mit ihren Halbgeschwistern Hans, Lilli und Alfred einen Entschädigungsantrag. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie in Berlin.
Isidor und Jenny Bibo waren beide Kunst- und Antiquitätenhändler. Isidors Geschäft war zuerst in der Bismarckstraße 62, ab 1929 in der Danckelmannstraße 33, danach in der Lutherstraße 9 gemeldet. Unter dem Namen seiner ersten Frau, Jenny Bibo, war bis 1935 unter der Adresse Neustädtische Straße 17 ein Kunst- und Antiquitätenhandel eingetragen. Nach ihrer Scheidung hatten sie ihre Geschäfte eigenständig getätigt. Der Sohn Hans sprach davon, dass seine Eltern in Berlin bekannte Kunsthändler gewesen seien. Er selbst tat es seinen Eltern gleich, auch er wurde Kunst- und Antiquitätenhändler. Sein Geschäft befand sich in der Friedrichstraße 13, ab 1934 in der Hedemannstraße 11.

Am 11. Dezember 1923 heiratete Margarete den Kürschnermeister und Rauchwarenhändler Erich Mathias. Der gemeinsame Sohn Heinz Siegfried – oft auch Heini genannt – wurde am 25. August 1928 geboren. Die Familie wohnte von Anfang an in einer 5 ½ Zimmerwohnung in der Pariser Straße 6. Die Wohnung war mit wertvollem Mobiliar ausgestattet, das Schlafzimmer war aus Mahagoni und Rosenholz gefertigt, es gab einen Damensalon, ein Herrenzimmer, ein Fremdenzimmer und Heinz‘ Kinderzimmermöbel waren aus weißem Schleiflack. Das Ehepaar besaß auch Bilder zeitgenössischer Maler sowie altes Porzellan und Edelmetalle. Eine komplette Wohnungseinrichtung und je eine größere Summe Bargeld erhielten Margarete und ihre Schwester Lilli als Aussteuer von ihren Eltern. Margaretes wertvolle Pelze waren Geschenke ihres Ehemannes. Erich Mathias‘ Pelzgeschäft befand sich anfänglich in der nahe gelegenen Pfalzburger Straße, ab 1929 in der Beuthstraße 19/20. Diese Angabe ist seit 1935 nicht mehr in den Adressbüchern zu finden, fortan war er nur noch unter seiner Privatadresse eingetragen. Die Ehe von Margarete und Erich Mathias wurde am 14. Januar 1939 geschieden – aus Verschulden des Ehemannes, wie der Bruder Hans Bibo später erklärte. Erich Mathias‘ Spur verliert sich ab diesem Zeitpunkt. Der einzige im Gedenkbuch eingetragene Erich Mathias war im November 1938 bis zum 14. Dezember desselben Jahres in Sachsenhausen interniert und wurde am 14. April 1942 in das Warschauer Getto deportiert, wo er im Mai desselben Jahres ums Leben gebracht wurde. Es ist möglich, dass es sich hierbei um Margaretes Ehemann handelte, denn in der Akte des Oberfinanzpräsidenten findet sich ein Schreiben der BEWAG. „Meldung über evakuierte Juden: Unser früherer Abnehmer Erich Mathias, Pariser Str.6 evakuiert.“

Margarete lebte nach der Scheidung mit ihrem Sohn Heinz in der großen Wohnung in der Pariser Straße. Zwei ihrer Geschwister hatten bereits das Land verlassen. Alfred Bibo flüchtete 1936 nach Argentinien, wo er fortan Alfredo hieß. Lilli Bibo, verheiratete Schäfer – später Shepherd - war 1938 in die USA emigriert. Hans Bibo hatte 1935 sein Geschäft als Kunst- und Antiquitätenhändler aufgeben müssen und seine Wohnungen wurden ihm nacheinander kurzerhand gekündigt. Seit1932 war er mit Frieda Wisniewski verheiratet. Ab 1941 leistete er bis zum Einmarsch der russischen Armee Zwangsarbeit. Aber er überlebte den Holocaust in Berlin und wohnte nach dem Krieg bis zu seinem Tod 1969 in der Giesebrechtstraße 12.

Isidor Bibo nahm sich am 18. März 1944, entrechtet, seines Lebenswerkes beraubt und angesichts der drohenden Deportation das Leben. Über den Tod seiner ersten Frau Jenny – Margaretes Mutter - wissen wir nichts.

Margarete wurde ebenfalls zur Zwangsarbeit für einen Hungerlohn von 20 RM Wochenlohn zuerst bei Siemens und später AEG herangezogen. Davon konnten sie und Heinz nicht leben, die Gesamtmiete allein kostete schon 145 RM. Außer Margarete und Heinz lebten noch ihre frühere Hausangestellte Hanna Schapp und zwei weitere, zwangsweise einquartierte Untermieter bei ihnen. Heinz musste in seinen jungen Jahren mitarbeiten. Er war in der Jüdischen Kultusvereinigung beschäftigt und konnte so einen kleinen Zuschuss zum Lebensunterhalt beitragen.

Margarete Mathias wurde am 3. März 1943 von der Gestapo an ihrer Arbeitsstelle festgenommen und abtransportiert. Gleichzeitig holten sie den 15jährigen Heinz aus der Wohnung in der Pariser Straße. Mutter und Sohn wurden zunächst in die als Sammelstelle missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 8 gebracht und sogleich mit demselben Transport in den sicheren Tod geschickt.
Mit dem 33. Osttransport, dem 3. Transport aus Berlin nach der "Fabrikaktion", wurden ausschließlich Berliner Juden nach Auschwitz deportiert. Am 27. Februar 1943 hatten SS und Gestapo begonnen, jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus den Fabriken zu holen und in Sammellager in der ganzen Stadt zu bringen. Die letzten noch in Berlin verbliebenen Juden sollten in den Vernichtungslagern ermordet werden. Der Transport umfasste 1750 Menschen, 1033 von ihnen wurden gleich nach Ankunft des Zuges in den Gaskammern von Birkenau ermordet. Ob Margarete und ihr Sohn Heinz zu ihnen gehörten, oder ob sie noch registriert und ins Lager eingewiesen wurden, ist nicht bekannt.

Für Heinz Mathias wurde bisher kein Stolperstein vor dem Haus verlegt.