Else Ascher geb. Lebrecht

Verlegeort
Bundesallee 111
Historischer Name
Kaiserallee 111
Bezirk/Ortsteil
Friedenau
Verlegedatum
26. März 2014
Geboren
28. Dezember 1887 in Dirschau / Tczew
Deportation
am 12. Januar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Else Lebrecht kam am 28. Dezember 1887 als Tochter von Alexander und Minna Lebrecht in Dirschau/Westpreußen zur Welt. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts Näheres bekannt, wir wissen von ihr lediglich, dass sie zwei Geschwister hatte: Leo Lebrecht und Cäcilie Lebrecht, verheiratete Ascher (* 31.5.1884 in Dirschau). Else Lebrecht war mit dem Weingroßhändler Moritz Ascher verheiratet, der in Wilmersdorf in der Wittelsbacher Straße 13 eine Weinhandlung betrieb. Das Ehepaar lebte privat in der Bergstraße 22 in Steglitz und ab 1938 in der Kaiserallee 111 (heute: Bundesallee 111) in einer Vierzimmer-Wohnung. Das Paar war kinderlos. Zu Beginn oder Ende der 1930er Jahre lebte Elses Mutter Minna Lebrecht (s. dort) mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt. Ab Oktober 1942 wohnten die Aschers zur Untermiete in der Stübbenstraße 1. <br />
Mit dem 26. Transport vom 12. Januar 1943 überstellte man beide nach Auschwitz, wo sich ihre Spur verliert. <br />
In den 1950er Jahren stellte Else Aschers Bruder Leo Lebrecht einen Entschädigungsantrag. Else und Leos Schwester Cäcilie Ascher, die mit Oskar, einem Bruder von Moritz Ascher, verheiratet gewesen war, war am 14. November 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet worden. Erbberechtigt waren nun ihre beiden Kinder Arthur und Edith Ascher, verheiratete Block, die beide nach Großbritannien auswandern konnten. Das Wiedergutmachungsamt führte aus, dass es keinerlei Anhaltspunkte für eine Entziehung der Wohnungeinrichtung gäbe. Außerdem sei das Haus in der Stübbenstraße 1, in dem Else und Moritz Ascher zuletzt wohnten, am 30. Januar 1944 total zerstört worden, sodass jede Haftung für das zerstörte Inventar entfalle. Diesen Argumenten widersprach der beauftragte Rechtsanwalt am 1. Juli 1953 in einer sofortigen Beschwerde aufs Schärfste. Er argumentierte, dass der Begriff der Kausalität in diesem Fall nicht angewendet werden könne. Die Argumentation, der Verlust der Möbel sei nur möglicherweise, aber nicht mit Sicherheit durch einen späteren Bombenschaden entstanden, könne hier nicht gelten, zumal die Möbel niemals in die Stübbenstraße 1 gebracht worden wären, wenn man die Aschers hierzu nicht gezwungen hätte. Am 8. August 1953 wurde der angefochtete Beschluss vom Landgericht aufgehoben. Auf fünf Seiten wurde mit juristischer Finesse die umstrittene hypothetische Kausalkette zurückgewiesen und den Antragstellern schließlich 15.000,-- DM als Beschwerdewert zugestanden. Damit gab sich der zuständige Beamte der Sondervermögensverwaltung aber nicht zufrieden. Am 19. Oktober 1953 bestritt er, dass die Aschers die Einrichtung einer kompletten Vierzimmer-Wohnung in der Stübbenstraße untergebracht haben könnten. Sie seien dort Untermieter gewesen und ohne eigene Einrichtungsgegenstände eingezogen. Der Rechtsanwalt antwortete am 26. November 1953 umgehend, in aller Unmissverständlichkeit und mit Beschimpfungen gegen die deutschen Behörden. Vor allem argumentierte er damit, dass Juden nach dem 12. Mai 1941 ihr Hab' und Gut nicht mehr hätten veräußern dürfen. Die Reaktion kam prompt am 15. Dezember 1953: der Beamte stellte darin weiterhin in Abrede, dass alle Möbel, die sich in der Kaiserallee befunden hätten, mit in die Wohnung in der Stübbenstraße genommen worden wären. Außerdem entspräche es nicht den Tatsachen, dass Juden keine Verfügung über ihr eigenes Vermögen mehr gehabt hätten. Schließlich verwahrte er sich auf das Entschiedenste gegen den unsachlichen Ton im Schreiben des beauftragten Rechtsanwalts. Schließlich wurde am 15. April 1954 noch eine Zeugin geladen. Frau Minna Trinkies war Hauswartsfrau in der Stübbenstraße 1 und sagte zu Gunsten der Antragsteller aus. Sie erinnerte sich, dass das Ehepaar Ascher im ersten Stock eine Sechszimmer-Wohnung bewohnte und ihre Wohnungseinrichtung mitbrachte. Außerdem gab sie zu Protokoll, dass die Wohnungseinrichtung eines Tages abgeholt worden sei. Ob die Antragsteller aber die 15.000,-- DM als Entschädigung erhalten haben, ist nicht bekannt. Der vorliegende Fall wird vermutlich als Präzedenzfall für andere Entschädigungsanträge gedient haben. <br />
Die beiden Kinder von Cäcilie Ascher stellten schließlich noch einen Antrag auf Erstattung der konfiszierten und zwangsabgelieferten Wertgegenstände wie Schmuck, Besteck, Silberwaren, Pelzwaren und Elektrogeräte. Ein öffentlich bestellter Gold- und Silberschmiedemeister fertigte über den Schmuck am 8. August 1957 ein Gutachten an und kommt dabei auf einen Betrag in Höhe von knapp 5.000,-- DM. Dem Antrag wurde am 25. September 1957 stattgegeben. <br />
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Else Lebrecht kam am 28. Dezember 1887 als Tochter von Alexander und Minna Lebrecht in Dirschau/Westpreußen zur Welt. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts Näheres bekannt, wir wissen von ihr lediglich, dass sie zwei Geschwister hatte: Leo Lebrecht und Cäcilie Lebrecht, verheiratete Ascher (* 31.5.1884 in Dirschau). Else Lebrecht war mit dem Weingroßhändler Moritz Ascher verheiratet, der in Wilmersdorf in der Wittelsbacher Straße 13 eine Weinhandlung betrieb. Das Ehepaar lebte privat in der Bergstraße 22 in Steglitz und ab 1938 in der Kaiserallee 111 (heute: Bundesallee 111) in einer Vierzimmer-Wohnung. Das Paar war kinderlos. Zu Beginn oder Ende der 1930er Jahre lebte Elses Mutter Minna Lebrecht (s. dort) mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt. Ab Oktober 1942 wohnten die Aschers zur Untermiete in der Stübbenstraße 1.
Mit dem 26. Transport vom 12. Januar 1943 überstellte man beide nach Auschwitz, wo sich ihre Spur verliert.
In den 1950er Jahren stellte Else Aschers Bruder Leo Lebrecht einen Entschädigungsantrag. Else und Leos Schwester Cäcilie Ascher, die mit Oskar, einem Bruder von Moritz Ascher, verheiratet gewesen war, war am 14. November 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet worden. Erbberechtigt waren nun ihre beiden Kinder Arthur und Edith Ascher, verheiratete Block, die beide nach Großbritannien auswandern konnten. Das Wiedergutmachungsamt führte aus, dass es keinerlei Anhaltspunkte für eine Entziehung der Wohnungeinrichtung gäbe. Außerdem sei das Haus in der Stübbenstraße 1, in dem Else und Moritz Ascher zuletzt wohnten, am 30. Januar 1944 total zerstört worden, sodass jede Haftung für das zerstörte Inventar entfalle. Diesen Argumenten widersprach der beauftragte Rechtsanwalt am 1. Juli 1953 in einer sofortigen Beschwerde aufs Schärfste. Er argumentierte, dass der Begriff der Kausalität in diesem Fall nicht angewendet werden könne. Die Argumentation, der Verlust der Möbel sei nur möglicherweise, aber nicht mit Sicherheit durch einen späteren Bombenschaden entstanden, könne hier nicht gelten, zumal die Möbel niemals in die Stübbenstraße 1 gebracht worden wären, wenn man die Aschers hierzu nicht gezwungen hätte. Am 8. August 1953 wurde der angefochtete Beschluss vom Landgericht aufgehoben. Auf fünf Seiten wurde mit juristischer Finesse die umstrittene hypothetische Kausalkette zurückgewiesen und den Antragstellern schließlich 15.000,-- DM als Beschwerdewert zugestanden. Damit gab sich der zuständige Beamte der Sondervermögensverwaltung aber nicht zufrieden. Am 19. Oktober 1953 bestritt er, dass die Aschers die Einrichtung einer kompletten Vierzimmer-Wohnung in der Stübbenstraße untergebracht haben könnten. Sie seien dort Untermieter gewesen und ohne eigene Einrichtungsgegenstände eingezogen. Der Rechtsanwalt antwortete am 26. November 1953 umgehend, in aller Unmissverständlichkeit und mit Beschimpfungen gegen die deutschen Behörden. Vor allem argumentierte er damit, dass Juden nach dem 12. Mai 1941 ihr Hab' und Gut nicht mehr hätten veräußern dürfen. Die Reaktion kam prompt am 15. Dezember 1953: der Beamte stellte darin weiterhin in Abrede, dass alle Möbel, die sich in der Kaiserallee befunden hätten, mit in die Wohnung in der Stübbenstraße genommen worden wären. Außerdem entspräche es nicht den Tatsachen, dass Juden keine Verfügung über ihr eigenes Vermögen mehr gehabt hätten. Schließlich verwahrte er sich auf das Entschiedenste gegen den unsachlichen Ton im Schreiben des beauftragten Rechtsanwalts. Schließlich wurde am 15. April 1954 noch eine Zeugin geladen. Frau Minna Trinkies war Hauswartsfrau in der Stübbenstraße 1 und sagte zu Gunsten der Antragsteller aus. Sie erinnerte sich, dass das Ehepaar Ascher im ersten Stock eine Sechszimmer-Wohnung bewohnte und ihre Wohnungseinrichtung mitbrachte. Außerdem gab sie zu Protokoll, dass die Wohnungseinrichtung eines Tages abgeholt worden sei. Ob die Antragsteller aber die 15.000,-- DM als Entschädigung erhalten haben, ist nicht bekannt. Der vorliegende Fall wird vermutlich als Präzedenzfall für andere Entschädigungsanträge gedient haben.
Die beiden Kinder von Cäcilie Ascher stellten schließlich noch einen Antrag auf Erstattung der konfiszierten und zwangsabgelieferten Wertgegenstände wie Schmuck, Besteck, Silberwaren, Pelzwaren und Elektrogeräte. Ein öffentlich bestellter Gold- und Silberschmiedemeister fertigte über den Schmuck am 8. August 1957 ein Gutachten an und kommt dabei auf einen Betrag in Höhe von knapp 5.000,-- DM. Dem Antrag wurde am 25. September 1957 stattgegeben.