Edith Josephy geb. Zimmt

Verlegeort
Fasanenstr. 54
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
22. Juni 2014
Geboren
08. Januar 1898 in Posen / Poznań
Deportation
am 28. Mai 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 28. Oktober 1944 nach Auschwitz
Ermordet
1944 in Auschwitz

Edith Zimmt wurde am 8. Januar 1898 als Tochter von Gustav und Laura Zimmt in Posen geboren. Sie hatte zwei Geschwister, die vier Jahre ältere Schwester Anna, geboren am 21. März 1894 und den zwei Jahre jüngeren Bruder Kurt, geboren am 24. September 1900. Während Edith ihren grausamen Tod im Holocaust fand, überlebten ihre Mutter und ihre beiden Geschwister. Die Mutter Laura starb 79-jährig am 24. November 1949 in Rio de Janeiro, Kurt wurde 54 Jahre alt, er war Jurist, lebte und starb ebenfalls in Rio de Janeiro. Anna Zimmt lebte in Livingston (USA) und wurde 78 Jahre alt. Der Vater Gustav war 63-jährig am 12. Juni 1923 in Berlin gestorben.<br />
<br />
Edith hatte ihr Elternhaus früh zum Studium der Medizin verlassen. 1919 wurde sie in der Volkszählung als „Zimmerabmieterin“ bei der Rostocker Familie Kiefer erwähnt. Ihr Studium führte sie nach Heidelberg, München, Berlin, zum Schluss nach Rostock. Dort promovierte sie und arbeitete als Assistenzärztin von 1924 bis 1928 an der Rostocker Universitäts-Kinderklinik, 1928 ließ sie sich mit eigener Praxis in der Schillerstraße 12 in den Privaträumen der Familie nieder. Ihre Tochter Marianne beschreibt sie „My mother did not take much interest in the running oft he household; she had never been called upon to do that but we had a very efficient and loyal maid who fed us and kept us clean with the aid of a daily woman. I had a young girl to take care of me before I went to school. <br />
My mother’s taste in clothes was very simple, she really didn’t care for finery and when her mother or her elegant sister tried to persuade her to buy a new hat or dress she would declare that it wouldn’t be suitable to visit her patients in smart clothes…“<br />
<br />
Neben ihrer Tätigkeit in der eigenen Praxis engagierte sie sich im Armenpflegeausschuss der Stadt und in der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt. Ihre Kinderarztpraxis musste sie 1933 aufgeben, drei Jahre später erhielt sie das endgültige Berufsverbot. Vor dem Hörsaal der Universitätsklinik in der Rembrandtstraße 16 ließ die Stadt Rostock einen Gedenkstein mit ihrem Namen im Pflaster verlegen.<br />
<br />
Ediths erste große Liebe war ein junger Mediziner, von dem sie sich auf Druck ihrer Eltern trennen musste. Er war Sohn eines Fleischers, Ediths Eltern fanden diese Verbindung völlig unpassend. 1921 heiratete sie den Juristen Franz Josephy.<br />
<br />
<br />
Edith und Franz‘ Tochter Marianne wurde am 29. Juli 1923 geboren. Obwohl Einzelkind, verlebte Marianne eine glückliche Kindheit im Kreise ihrer zahlreichen Cousins und Cousinen. 1936 hatte auch Franz Berufsverbot erhalten und Marianne wurde in der Schule unerträglich diskriminiert. Es gab jedoch in und um Rostock keine jüdische Schule, die sie hätte besuchen können. Also zog die Familie nach Berlin. 1937 ist erstmals der Eintrag „Dr. Franz Josephy, Fasanenstraße 54“ in den Berliner Adressbüchern zu finden. In Wilmersdorf besuchte Marianne die Jüdische Privatschule Dr. Leonore Goldschmidt am Hohenzollerndamm. Die Eltern hatten gehofft, dass sie in Berlin unbemerkter leben und mehr Toleranz erfahren würden als in dem kleinen Rostock. Doch sie mussten das Gegenteil erfahren. Nachdem zwei SS-Männer in die Wohnung eingedrungen waren und die sich dort allein aufhaltende Marianne bedrohten, war klar, dass es keine Sicherheit geben würde.<br />
<br />
1939 trafen Edith und Franz Josephy die schwere Entscheidung, das Leben ihrer Tochter Marianne zu retten. Sie war 15 Jahre alt, als sie im März 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt wurde. Elisabeth Carter und ihre Tochter Irene, den Quäkern zugehörig, nahmen sie in ihr Haus in Hampstead auf und gaben ihr ein neues Zuhause. Während des Krieges wurde sie zur Krankenschwester ausgebildet, 1946 heiratete sie den Lehrer Ralph Elsley, mit dem sie zwei Kinder hatte, Judith lebt in den USA und Nicholas in Großbritannien.<br />
<br />
Marianne hat die Briefe ihrer Eltern von 1939 bis 1944 in dem Buch „Voices In The Night“ veröffentlicht. Sie übertrug die Briefe in die englische Sprache. 1939 fand ein reger Briefwechsel zwischen Franz und Edith und ihrer Tochter statt. Wie jede Mutter sorgte sich Edith um Gesundheit, Körperpflege und seelisches Wohlbefinden ihrer Tochter und sparte nicht mit liebevollen Ermahnungen: „Do you brush your things thoroughly before you go out? What about your nails and have you washed your hair?...Go on being a good child, and brave and sweet. You are the pride and joy of your parents….“<br />
<br />
Nach Mariannes Abreise hatte Edith eine Ausbildung zur Krankenschwester am Jüdischen Krankenhaus begonnen. Sie war täglich 14 Stunden unterwegs, die Hin-und Rückfahrt in der Straßenbahn musste sie stehend verbringen, es war den Juden untersagt, sich hinzusetzen. Gleichzeitig besuchte sie mit Franz zusammen Englischkurse, denn sie hegten die Hoffnung, bald ihrer Tochter nachreisen zu können. Ihre Familie hatte nach und nach Deutschland verlassen. Ihre Mutter, von allen Omi genannt, wanderte nach Brasilien aus, wo der Sohn Kurt schon lebte. Schwester Anna, deren Tochter Eva und Sohn Klaus gelang ebenfalls die Emigration. In Berlin zogen sich die Schwierigkeiten mit der Visumserteilung, der Reisefinanzierung und den Affidavits in die Länge, sodass die Ausreise nach England und wie erhofft, später in die USA, in immer weitere Ferne rückte. Der Kriegsbeginn machte dann jede Ausreisemöglichkeit zunichte.<br />
<br />
Inzwischen begannen die Deportationen der Juden nach Polen. Am 11. November 1941 schrieb Edith an Franz’ Kusine Gretel Josephy in Zürich: “...it is now impossible for us to leave here. The trouble is that the age limit for leaving has been raised to 60, so we fear that it seems now more likely that we shall travel in an easterly direction rather than the hoped–for West.” <br />
<br />
Vor ihrer Deportation nach Theresienstadt am 28. Mai 1943 wurden Edith und Franz Josephy in die Auguststraße 14-16 gebracht. Es war ein ehemaliges jüdisches Krankenhaus, Mitte der 1920er Jahre ein Kinderheim unter dem Namen AHAWAH (hebräisch: Liebe). Nach Auflösung des Kinderheims durch die Nazis wurde ab etwa 1941 das Haus als „Siechenheim“ missbraucht: Ein Sammellager für alte und gebrechliche Juden, die von hier aus ihren Transport in den Tod antreten mussten. In der Deportationsliste ist hinter Ediths Namen handschriftlich die Bemerkung „Ärztin“ zu lesen. Es war das Ende des „Siechenheims“, denn mit Edith wurden auch die Leiterin des Heims Rebecca Oberländer und die Pfleger und Krankenschwestern deportiert. Edith Josephy musste im Ghetto Theresienstadt ein Jahr und fünf Monate als Ärztin unter primitivsten Bedingungen arbeiten. Selbst litt sie unter einer Lungenentzündung und musste eine Unterleibsoperation über sich ergehen lassen. Am 28. Oktober 1944 wurde sie zusammen mit ihrem Mann Franz nach Auschwitz deportiert und dort sofort ermordet.<br />

Edith Zimmt wurde am 8. Januar 1898 als Tochter von Gustav und Laura Zimmt in Posen geboren. Sie hatte zwei Geschwister, die vier Jahre ältere Schwester Anna, geboren am 21. März 1894 und den zwei Jahre jüngeren Bruder Kurt, geboren am 24. September 1900. Während Edith ihren grausamen Tod im Holocaust fand, überlebten ihre Mutter und ihre beiden Geschwister. Die Mutter Laura starb 79-jährig am 24. November 1949 in Rio de Janeiro, Kurt wurde 54 Jahre alt, er war Jurist, lebte und starb ebenfalls in Rio de Janeiro. Anna Zimmt lebte in Livingston (USA) und wurde 78 Jahre alt. Der Vater Gustav war 63-jährig am 12. Juni 1923 in Berlin gestorben.

Edith hatte ihr Elternhaus früh zum Studium der Medizin verlassen. 1919 wurde sie in der Volkszählung als „Zimmerabmieterin“ bei der Rostocker Familie Kiefer erwähnt. Ihr Studium führte sie nach Heidelberg, München, Berlin, zum Schluss nach Rostock. Dort promovierte sie und arbeitete als Assistenzärztin von 1924 bis 1928 an der Rostocker Universitäts-Kinderklinik, 1928 ließ sie sich mit eigener Praxis in der Schillerstraße 12 in den Privaträumen der Familie nieder. Ihre Tochter Marianne beschreibt sie „My mother did not take much interest in the running oft he household; she had never been called upon to do that but we had a very efficient and loyal maid who fed us and kept us clean with the aid of a daily woman. I had a young girl to take care of me before I went to school.
My mother’s taste in clothes was very simple, she really didn’t care for finery and when her mother or her elegant sister tried to persuade her to buy a new hat or dress she would declare that it wouldn’t be suitable to visit her patients in smart clothes…“

Neben ihrer Tätigkeit in der eigenen Praxis engagierte sie sich im Armenpflegeausschuss der Stadt und in der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt. Ihre Kinderarztpraxis musste sie 1933 aufgeben, drei Jahre später erhielt sie das endgültige Berufsverbot. Vor dem Hörsaal der Universitätsklinik in der Rembrandtstraße 16 ließ die Stadt Rostock einen Gedenkstein mit ihrem Namen im Pflaster verlegen.

Ediths erste große Liebe war ein junger Mediziner, von dem sie sich auf Druck ihrer Eltern trennen musste. Er war Sohn eines Fleischers, Ediths Eltern fanden diese Verbindung völlig unpassend. 1921 heiratete sie den Juristen Franz Josephy.


Edith und Franz‘ Tochter Marianne wurde am 29. Juli 1923 geboren. Obwohl Einzelkind, verlebte Marianne eine glückliche Kindheit im Kreise ihrer zahlreichen Cousins und Cousinen. 1936 hatte auch Franz Berufsverbot erhalten und Marianne wurde in der Schule unerträglich diskriminiert. Es gab jedoch in und um Rostock keine jüdische Schule, die sie hätte besuchen können. Also zog die Familie nach Berlin. 1937 ist erstmals der Eintrag „Dr. Franz Josephy, Fasanenstraße 54“ in den Berliner Adressbüchern zu finden. In Wilmersdorf besuchte Marianne die Jüdische Privatschule Dr. Leonore Goldschmidt am Hohenzollerndamm. Die Eltern hatten gehofft, dass sie in Berlin unbemerkter leben und mehr Toleranz erfahren würden als in dem kleinen Rostock. Doch sie mussten das Gegenteil erfahren. Nachdem zwei SS-Männer in die Wohnung eingedrungen waren und die sich dort allein aufhaltende Marianne bedrohten, war klar, dass es keine Sicherheit geben würde.

1939 trafen Edith und Franz Josephy die schwere Entscheidung, das Leben ihrer Tochter Marianne zu retten. Sie war 15 Jahre alt, als sie im März 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt wurde. Elisabeth Carter und ihre Tochter Irene, den Quäkern zugehörig, nahmen sie in ihr Haus in Hampstead auf und gaben ihr ein neues Zuhause. Während des Krieges wurde sie zur Krankenschwester ausgebildet, 1946 heiratete sie den Lehrer Ralph Elsley, mit dem sie zwei Kinder hatte, Judith lebt in den USA und Nicholas in Großbritannien.

Marianne hat die Briefe ihrer Eltern von 1939 bis 1944 in dem Buch „Voices In The Night“ veröffentlicht. Sie übertrug die Briefe in die englische Sprache. 1939 fand ein reger Briefwechsel zwischen Franz und Edith und ihrer Tochter statt. Wie jede Mutter sorgte sich Edith um Gesundheit, Körperpflege und seelisches Wohlbefinden ihrer Tochter und sparte nicht mit liebevollen Ermahnungen: „Do you brush your things thoroughly before you go out? What about your nails and have you washed your hair?...Go on being a good child, and brave and sweet. You are the pride and joy of your parents….“

Nach Mariannes Abreise hatte Edith eine Ausbildung zur Krankenschwester am Jüdischen Krankenhaus begonnen. Sie war täglich 14 Stunden unterwegs, die Hin-und Rückfahrt in der Straßenbahn musste sie stehend verbringen, es war den Juden untersagt, sich hinzusetzen. Gleichzeitig besuchte sie mit Franz zusammen Englischkurse, denn sie hegten die Hoffnung, bald ihrer Tochter nachreisen zu können. Ihre Familie hatte nach und nach Deutschland verlassen. Ihre Mutter, von allen Omi genannt, wanderte nach Brasilien aus, wo der Sohn Kurt schon lebte. Schwester Anna, deren Tochter Eva und Sohn Klaus gelang ebenfalls die Emigration. In Berlin zogen sich die Schwierigkeiten mit der Visumserteilung, der Reisefinanzierung und den Affidavits in die Länge, sodass die Ausreise nach England und wie erhofft, später in die USA, in immer weitere Ferne rückte. Der Kriegsbeginn machte dann jede Ausreisemöglichkeit zunichte.

Inzwischen begannen die Deportationen der Juden nach Polen. Am 11. November 1941 schrieb Edith an Franz’ Kusine Gretel Josephy in Zürich: “...it is now impossible for us to leave here. The trouble is that the age limit for leaving has been raised to 60, so we fear that it seems now more likely that we shall travel in an easterly direction rather than the hoped–for West.”

Vor ihrer Deportation nach Theresienstadt am 28. Mai 1943 wurden Edith und Franz Josephy in die Auguststraße 14-16 gebracht. Es war ein ehemaliges jüdisches Krankenhaus, Mitte der 1920er Jahre ein Kinderheim unter dem Namen AHAWAH (hebräisch: Liebe). Nach Auflösung des Kinderheims durch die Nazis wurde ab etwa 1941 das Haus als „Siechenheim“ missbraucht: Ein Sammellager für alte und gebrechliche Juden, die von hier aus ihren Transport in den Tod antreten mussten. In der Deportationsliste ist hinter Ediths Namen handschriftlich die Bemerkung „Ärztin“ zu lesen. Es war das Ende des „Siechenheims“, denn mit Edith wurden auch die Leiterin des Heims Rebecca Oberländer und die Pfleger und Krankenschwestern deportiert. Edith Josephy musste im Ghetto Theresienstadt ein Jahr und fünf Monate als Ärztin unter primitivsten Bedingungen arbeiten. Selbst litt sie unter einer Lungenentzündung und musste eine Unterleibsoperation über sich ergehen lassen. Am 28. Oktober 1944 wurde sie zusammen mit ihrem Mann Franz nach Auschwitz deportiert und dort sofort ermordet.