Johanna Jacobsohn geb. Baszynski

Verlegeort
Frankfurter Tor 4
Historischer Name
Petersburger Straße 3
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
19. März 2018
Geboren
24. Juli 1889 in Hohensalza (Posen) / Inowrocław
Deportation
am 29. Januar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Johanna Baszynski kam am 24. Juli 1889 als älteste Tochter des Kaufmanns Jakob Baszynski und dessen Ehefrau Rosalie, geb. Michalowska, in Inowrazlaw / Provinz Posen (heute Inowrocław in Polen) zur Welt (1904 wurde die Stadt im Zuge der Germanisierung polnischer Ortsnamen in Hohensalza umbenannt). Die Eltern bekamen noch drei weitere Kinder, die alle in Mogilno / Provinz Posen geboren wurden: Paula (geb. 1892), Karl (geb. 1894) und Jenny (geb. 1896). Die Familie zog Ende des Jahres 1899 von Posen nach Berlin. <br />
Hier heiratete Johanna Baszynski am 4. September 1919 den Kaufmann Max Jacobsohn, der 1887 in Dirschau (Westpreußen) geboren worden war. Max und Johanna bekamen eine Tochter: Adele, geb. am 3. Oktober 1920 in Berlin.<br />
Max Jacobsohn führte ein Geschäft mit Wollwaren, das sich von 1934 bis 1939 in Friedrichshain in der Petersburger Straße 3 (heute Frankfurter Tor 4) befand. Die Familie wohnte dort auch. <br />
Zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 lebte Familie Jacobsohn bereits zur Untermiete bei dem jüdischen Juristen Dr. Martin Müller in der Charlottenburger Mommsenstraße 50 im 3. Stock. Es ist davon auszugehen, dass dieser Wohnungswechsel aus Friedrichshain nach Charlottenburg nicht freiwillig erfolgt ist. Dr. Müller war bereits 1933 aus dem Berliner Justizdienst entlassen worden. Sein Name findet sich auf einer Gedenktafel des Deutschen Richterbundes in der Kronenstraße 73 in Berlin-Mitte. Dr. Martin Müller konnte noch 1941 in die USA fliehen, wo er 1948 im Alter von 60 Jahren verstarb.<br />
Auch Familie Jacobsohn hatte alles Mögliche unternommen, um aus Deutschland auszuwandern. Tochter Adele war eine Zeitlang auf Gut Winkel bei Spreenhagen in der Mark, einem landwirtschaftlichen Gut, in dem Jugendliche sich auf ihr Leben in Palästina vorbereiten konnten. 1938 absolvierte sie außerdem eine Ausbildung in der Gürtel- und Schnallenfabrikation. Doch die Hoffnungen wurden enttäuscht.<br />
Max Jacobsohn starb am 4. Januar 1941 im Alter von nur 54 Jahren im Jüdischen Krankenhaus an „Herzschwäche“ und wurde vier Tage später auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beigesetzt. Es ist anzunehmen, dass die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und die zwangsweise Schließung seines Geschäfts Max Jacobsohn gesundheitlich sehr zugesetzt haben. <br />
Im Mai 1941 mussten Johanna und Adele Jacobsohn aus dem Vorderhaus der Mommsenstraße 50 ins Gartenhaus in ein teilmöbliertes Zimmer zu der Jüdin Julie Meyerheim ziehen. Sie besaßen nunmehr nur noch eine Couch und eine Nähmaschine, keine eigenen Möbel, kaum noch Kleidung. Im September 1942 wurde die Hauptmieterin Julie Meyerheim, geb. Cohn, nach Theresienstadt deportiert, wo sie drei Monate später zu Tode kam.<br />
Johanna und Adele Jacobsohn mussten bis Ende Januar 1943 Zwangsarbeit leisten: Johanna bei der Ferdinand Schuchardt AG, Berliner Fernsprech- und Telegraphenwerk in Berlin-Mitte, Köpenicker Straße 55 und Tochter Adele bei der Firma Ehrich und Graetz in Treptow, Elsenstraße 87.<br />
Sie wurden in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 (ehemaliges Jüdisches Altersheim) verschleppt, von wo sie am 29. Januar 1943 zusammen mit 1002 weiteren Juden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. <br />
Die drei Geschwister von Johanna Jacobsohn überlebten die Shoa: Ihre Schwester Paula Neubelt musste, nachdem ihr nichtjüdischer Mann Ende 1938 gestorben war, zunächst Zwangsarbeit leisten und wurde am 9. Februar 1944 nach Theresienstadt deportiert. Es half auch nicht, dass sie bereits 1930 aus der Jüdischen Gemeinde ausgetreten und 1940 getauft worden war. Paula hat Theresienstadt überlebt, ihre Gesundheit war aber durch die Verfolgung schwer geschädigt. Sie ist nach Berlin zurückgekehrt und hat 1947 einen Auschwitz-Überlebenden geheiratet. <br />
Johannas Bruder Karl Jacobsohn konnte im Juni 1938 nach Kolumbien fliehen. Er hatte sich zuvor – um sie zu schützen und weil sie nicht mit ihm emigrieren wollte – von seiner nichtjüdischen Frau, mit der er seit 1928 verheiratet war, scheiden lassen. In Kolumbien lernte er seine zweite Frau kennen und kehrte 1964 mit ihr und den fünf gemeinsamen Kindern nach Deutschland zurück. <br />
Die jüngste Schwester Jenny war seit 1920 ebenfalls mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet. Allerdings war Max Doehring kurz vor der Hochzeit, die nach jüdischem Ritus in der jüdischen Reformgemeinde Johannisstraße zelebriert wurde, zum Judentum übergetreten. Das Ehepaar betrieb seit 1930 ein Geschäft für Parfümerie und Seifen in der Weddinger Müllerstraße 97.<br />
Max versuchte durch den Austritt aus der Jüdischen Gemeinde im Juni 1938 den Schikanen durch die Nazis zu entgehen, seine Frau Jenny tat es ihm im Mai 1940 gleich. Dennoch wurde ihr Geschäft im April 1943 auf Anordnung der Nazis geschlossen. Jenny Doehring musste seit Juli 1943 Zwangsarbeit in der Weddinger Fabrik für künstliche Werkstoffe leisten. Ihr Mann war zunächst Zwangsarbeiter bei Borsig in Tegel, von November 1944 bis Kriegsende im Mai 1945 war er im Zwangsarbeiterlager der Leuna-Werke in Merseburg bei Halle interniert. Jenny und ihr Mann überlebten, Max Doehring trug aber schwere gesundheitliche Schäden davon.

Johanna Baszynski kam am 24. Juli 1889 als älteste Tochter des Kaufmanns Jakob Baszynski und dessen Ehefrau Rosalie, geb. Michalowska, in Inowrazlaw / Provinz Posen (heute Inowrocław in Polen) zur Welt (1904 wurde die Stadt im Zuge der Germanisierung polnischer Ortsnamen in Hohensalza umbenannt). Die Eltern bekamen noch drei weitere Kinder, die alle in Mogilno / Provinz Posen geboren wurden: Paula (geb. 1892), Karl (geb. 1894) und Jenny (geb. 1896). Die Familie zog Ende des Jahres 1899 von Posen nach Berlin.
Hier heiratete Johanna Baszynski am 4. September 1919 den Kaufmann Max Jacobsohn, der 1887 in Dirschau (Westpreußen) geboren worden war. Max und Johanna bekamen eine Tochter: Adele, geb. am 3. Oktober 1920 in Berlin.
Max Jacobsohn führte ein Geschäft mit Wollwaren, das sich von 1934 bis 1939 in Friedrichshain in der Petersburger Straße 3 (heute Frankfurter Tor 4) befand. Die Familie wohnte dort auch.
Zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 lebte Familie Jacobsohn bereits zur Untermiete bei dem jüdischen Juristen Dr. Martin Müller in der Charlottenburger Mommsenstraße 50 im 3. Stock. Es ist davon auszugehen, dass dieser Wohnungswechsel aus Friedrichshain nach Charlottenburg nicht freiwillig erfolgt ist. Dr. Müller war bereits 1933 aus dem Berliner Justizdienst entlassen worden. Sein Name findet sich auf einer Gedenktafel des Deutschen Richterbundes in der Kronenstraße 73 in Berlin-Mitte. Dr. Martin Müller konnte noch 1941 in die USA fliehen, wo er 1948 im Alter von 60 Jahren verstarb.
Auch Familie Jacobsohn hatte alles Mögliche unternommen, um aus Deutschland auszuwandern. Tochter Adele war eine Zeitlang auf Gut Winkel bei Spreenhagen in der Mark, einem landwirtschaftlichen Gut, in dem Jugendliche sich auf ihr Leben in Palästina vorbereiten konnten. 1938 absolvierte sie außerdem eine Ausbildung in der Gürtel- und Schnallenfabrikation. Doch die Hoffnungen wurden enttäuscht.
Max Jacobsohn starb am 4. Januar 1941 im Alter von nur 54 Jahren im Jüdischen Krankenhaus an „Herzschwäche“ und wurde vier Tage später auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beigesetzt. Es ist anzunehmen, dass die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und die zwangsweise Schließung seines Geschäfts Max Jacobsohn gesundheitlich sehr zugesetzt haben.
Im Mai 1941 mussten Johanna und Adele Jacobsohn aus dem Vorderhaus der Mommsenstraße 50 ins Gartenhaus in ein teilmöbliertes Zimmer zu der Jüdin Julie Meyerheim ziehen. Sie besaßen nunmehr nur noch eine Couch und eine Nähmaschine, keine eigenen Möbel, kaum noch Kleidung. Im September 1942 wurde die Hauptmieterin Julie Meyerheim, geb. Cohn, nach Theresienstadt deportiert, wo sie drei Monate später zu Tode kam.
Johanna und Adele Jacobsohn mussten bis Ende Januar 1943 Zwangsarbeit leisten: Johanna bei der Ferdinand Schuchardt AG, Berliner Fernsprech- und Telegraphenwerk in Berlin-Mitte, Köpenicker Straße 55 und Tochter Adele bei der Firma Ehrich und Graetz in Treptow, Elsenstraße 87.
Sie wurden in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 (ehemaliges Jüdisches Altersheim) verschleppt, von wo sie am 29. Januar 1943 zusammen mit 1002 weiteren Juden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden.
Die drei Geschwister von Johanna Jacobsohn überlebten die Shoa: Ihre Schwester Paula Neubelt musste, nachdem ihr nichtjüdischer Mann Ende 1938 gestorben war, zunächst Zwangsarbeit leisten und wurde am 9. Februar 1944 nach Theresienstadt deportiert. Es half auch nicht, dass sie bereits 1930 aus der Jüdischen Gemeinde ausgetreten und 1940 getauft worden war. Paula hat Theresienstadt überlebt, ihre Gesundheit war aber durch die Verfolgung schwer geschädigt. Sie ist nach Berlin zurückgekehrt und hat 1947 einen Auschwitz-Überlebenden geheiratet.
Johannas Bruder Karl Jacobsohn konnte im Juni 1938 nach Kolumbien fliehen. Er hatte sich zuvor – um sie zu schützen und weil sie nicht mit ihm emigrieren wollte – von seiner nichtjüdischen Frau, mit der er seit 1928 verheiratet war, scheiden lassen. In Kolumbien lernte er seine zweite Frau kennen und kehrte 1964 mit ihr und den fünf gemeinsamen Kindern nach Deutschland zurück.
Die jüngste Schwester Jenny war seit 1920 ebenfalls mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet. Allerdings war Max Doehring kurz vor der Hochzeit, die nach jüdischem Ritus in der jüdischen Reformgemeinde Johannisstraße zelebriert wurde, zum Judentum übergetreten. Das Ehepaar betrieb seit 1930 ein Geschäft für Parfümerie und Seifen in der Weddinger Müllerstraße 97.
Max versuchte durch den Austritt aus der Jüdischen Gemeinde im Juni 1938 den Schikanen durch die Nazis zu entgehen, seine Frau Jenny tat es ihm im Mai 1940 gleich. Dennoch wurde ihr Geschäft im April 1943 auf Anordnung der Nazis geschlossen. Jenny Doehring musste seit Juli 1943 Zwangsarbeit in der Weddinger Fabrik für künstliche Werkstoffe leisten. Ihr Mann war zunächst Zwangsarbeiter bei Borsig in Tegel, von November 1944 bis Kriegsende im Mai 1945 war er im Zwangsarbeiterlager der Leuna-Werke in Merseburg bei Halle interniert. Jenny und ihr Mann überlebten, Max Doehring trug aber schwere gesundheitliche Schäden davon.