Lucie Charlotte Hulda Gerson

Verlegeort
Im Dol 23
Bezirk/Ortsteil
Dahlem
Verlegedatum
03. August 2023
Geboren
09. Juni 1895 in Berlin
Deportation
am 28. März 1942 nach Piaski
Ermordet

Lucie Charlotte Hulda Gerson wurde am 09.06.1895 in Berlin (Flensburger Straße 23) geboren. Sie ist die älteste von drei Geschwistern. Ihre Schwester Edith wurde 1896 geboren und die jüngste Schwester Käte folgte 1905.

Ihr Vater Georg Gerson kam aus Frankfurt/Oder. Zusammen mit seinen Brüdern Julius und Martin zog er um 1900 nach Berlin und betrieb dort einen Adresshandel. Sein Bruder Richard und die taube Schwester Martha folgten.

Lucie und ihre Schwestern wuchsen großbürgerlich mit Dienstmädchen auf. Die Familie zog oft um, u. a. in die Geisbergstraße und die Joachimsthaler Straße. Die Wohnung in der Schlüterstraße hatte sogar einen Tresor. Oft gingen die drei Mädchen in den Zoo.

Ihre Onkel Julius und Martin Gerson betrieben eine Luxuskartenfabrik in der Köpenicker Straße. Auch Lucie soll dort gearbeitet haben. Leider wissen wir sonst kaum etwas von ihr, da ihre Geschwister nie über sie geredet haben. Wir, die Kinder und Enkel, haben nicht gefragt – aus Gründen der Pietät, der Zurückhaltung und die jüngsten Enkelkinder aus Unkenntnis. Ein Kalendereintrag von der Schwester Edith lautet: „Mit Käte an Lucies Geburtstag telefoniert.“ Es gibt einige wenige Fotos: eine bezaubernde, elegante Frau. Fotos mit Freunden am Wasser – im Badeanzug. Lucie soll es bevorzugt haben, nicht so lange zu arbeiten und eher ihre freie Zeit zu genießen.

Laut Eintrag im Grundbuch hat Lucie Gerson bei ihrem Onkel Martin Gerson Im Dol 21 in Berlin-Dahlem gewohnt. Ihr Stolperstein wurde aber auf Wunsch der Familie neben dem ihres Onkels Julius vor der Hausnummer 23 verlegt. Dort wurde sie noch 1937 geführt. Vermutlich wohnte sie seit November 1935 in einem sogenannten Judenhaus in der Babelsberger Straße 52. Dies war ihre letzte Adresse, von der aus sie am 28.03.1942 nach Piaski, Polen, deportiert wurde. Leider sind alle ihre Unterlagen beim Landesarchiv kriegsbedingt verbrannt. So bleiben viele Fragen offen.

Ihr letztes Lebenszeichen  ist eine Karte an den Hausverwalter Otto Wentzel vom 22.04.1942 aus Piaski, in dem sie um Lebensmittel bittet.

Ihre Schwester Edith emigrierte im Jahr 1934 nach England. Die andere Schwester Käte wurde im März 1943 von der SS abgeholt und hat dank der Proteste in der Rosenstraße überlebt – wenn auch unter sehr schwierigen Umständen. Die Eltern Georg Gerson und Martha Schulvater waren beide schon vor 1933 verstorben und sind auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee begraben.

Als Erbin hatte Lucie ihre Freundin (Julia Rothe) in Detmold eingesetzt, die sich in einem Schreiben 1951 an die „Treuhänder für das zwangsübertragende Vermögen“ mit der Frage wendete, ob Lucie Gerson neben eines Anteils an einem Haus noch weitere Werte hinterlassen hat.