Bertha Blau geb. Fischl

Verlegeort
Kaiserdamm 13
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
07. Oktober 2022
Geboren
30. Juni 1867 in Prag
Flucht
1939 USA
Überlebt

Bertha Fischl wurde am 30. Juni 1867 in Prag geboren. Ihre Eltern waren Alois Fischl und Wilhelmine Taussig. Die Familien stammten aus Tschechien; in Prag wurden alle Kinder von Alois und Wilhelmine geboren.

Bertha war das achte von zwölf Kindern:

  • Caroline Marcus * 28.02.1858 – 10.11.1943 in Ohio, USA
  • Ernst Fischl * 28.01.1860 – 1939 in Prag (CS)
  • Helene Heller * 04.11.1861 – 30.08.1929 in Teplitz (CS)
  • Robert Fischl * 19.12.1862 – 03.04.1902 in New York, USA
  • Rosa Buka * 18.01.1864 – 02.01.1940 in Berlin
  • Hermine Kind * 27.05.1865 – 04.01.1954 in New Jersey, USA
  • Leopold Fischl *10.06.1866 - ?
  • Bertha Blau * 30.06.1867 - ? in Connecticut, USA
  • Emil Fischl * 26.11.1868 – 02.08.1933 in New York, USA
  • Oskar Fischl * 18.12.1872 - ?
  • Paul Fischl * 12.06.1874 – 14.02.1927 in Pennsylvania, USA
  • Sofia Fischl * Geburts- und Sterbedaten unbekannt

Bertha heiratete am 1. Februar 1894 den Berliner Sanitätsrat Dr. Louis Blau (geb. 11.9. 1848).
Louis Blau war auf Ohrenheilkunde spezialisiert. Er hatte hierzu mindestens ein medizinisches Fachbuch veröffentlicht. Das Ehepaar lebte in Berlin.

Bertha und Louis Blau hatten zwei Kinder:

  • Charlotte (* 25.11.1893 oder 1894 in Berlin)
  • Rudolf  (* 22.09.1896 in Berlin)

Bis 1903 wohnte die Familie in der Schöneberger Postdamer Str. 31 a und ab 1904 in der Genthiner Str. 16.

Am 21. Juni 1920 verstarb Dr. Louis Blau und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt.
Die verwitwete Bertha Blau lebte noch bis 1931 in der Genthiner Str. 16, wie das jüdische Adressbuch ausweist.

1932 und 1933 wohnte sie unter dem Namen ihres verstorbenen Ehemannes in der Schlangenbader Str. 89. Danach ist sie zunächst nicht mehr zweifelsfrei im Berliner Adressbuch zu finden.

1939 zum Zeitpunkt der Volkszählung lebte Bertha Blau bei ihrer Nichte Marie Blau, geb. Marcus in Charlottenburg, Kaiserdamm 13. Marie war die Tochter von Berthas ältesten Schwester Caroline Marcus, geb. Fischl.

Marie Blau (* 10.08.1881) hatte 1903 den 16 Jahre älteren Chemiker Dr. Fritz Blau (1865 in Wien - 1929 in Berlin) geheiratet. Fritz war der Sohn von der Johanna Blau, geborene Taussig, der Schwester ihrer Großmutter Wilhelmine Fischl, geborene Taussig (also der Kusin von ihrer Tante Bertha).
Dr. Fritz Blau trug maßgeblich zur Entwicklung der Glühlampe bei, die 1906 unter dem Warenzeichen OSRAM auf den Markt gebracht wurde.
Marie verwitwete 1929. Marie Blau hatte 1932/33 ihre langjährige Wohnung in der Bayreuther Str. 38 aufgegeben und war war am Kaiserdamm 13 eingezogen.
Marie Blau, geb. Marcus, konnte 1941 über die Dominikanische Republik in die USA zu ihren Brüdern und ihren Kinder flüchten. Auch Maries Mutter Caroline, Berthas älteste Schwester, konnte noch ins Exil nachgeholt werden.

Bertha Blau konnte schon am 2. Aufgust 1939 zu ihrem Sohn Rudolf und seiner Familie in die USA emigrieren.

Bertha Blaus Sohn Rudolf (*1896 ) hatte wie sein Vater Louis Medizin studiert. Von 1927 bis 1930 wohnte er in der Voltastr. 34. Mit dieser Adresse stand er auch im Jüdischen Adressbuch von 1929.  Er heiratete Edith Behrendt. Ab 1930 lebte die Familie in der Brunnenstr. 76 (so auch im Jüdischen Adressbuch von 1930). 1935 wurde der Sohn William geboren.

Bereits 1936 emigrierte Dr. Rudolf Blau in die USA, da er – wie nahezu alle jüdischen Ärzte und Akademiker - von Berufsverbot betroffen war. Seine Frau Edith und Sohn William kamen 1938 nach, seine Mutter Bertha 1939. 

Bertha Blau starb 1955 in Waterbury, Connecticut, USA. Ihr Sohn Rudolf starb 1962 in Waterbury.

Von Berthas Enkel William wird überliefert, dass er ein sehr enges Verhältnis zu seiner Großmutter hatte. Dessen Tochter Robin Greenwald-Blau berichtete 2021 aus den Erinnerungen ihres Vaters an seine Großmutter und über die Flucht seiner Eltern von Deutschland in die USA folgendes:

....William Blau... has very fond memories of living in Waterbury, Connecticut, where the family settled, with his grandmother Bertha. They had a very special relationship, sharing in particular a love of classical music. Bertha was a piano player and my father thinks she also gave piano lessons. Her late husband, Louis Blau, was a medical doctor of the ear and was an author of a section of a book called „The Art of Healing the Ear (Ohrheilkunde)“. Bertha was born Bertha Fischl, and is described by my father as a gentle soul, who was very good to him.....

My father knows that he and his mother, Edith Blau, came over on a ship called the Stattendam in 1938 when he was 4. His father had come a year or two before my grandmother and father when he was no longer allowed to practice medicine because he was Jewish. He saw the writing on the wall (in other words, he saw that things were getting bad in Germany), and so he arranged to go ahead to establish a practice in America and then send for his wife and son, and later, his mother Bertha. My father tells a story of just before he and my grandmother Edith left Germany. Edith was summoned to the Gestapo office and was terrified that she wouldn’t come back. She told her sister, Hilda Behrend, “If I don’t come back, find a way to get the boy to his father in America.” When she went to the Gestapo office, the officer asked her, “You and your son have tickets to the ship and visas?” He asked to see all the paperwork, and when she showed it to him, he said, “Make sure you are on the ship without fail.”  I’m so thankful that my grandparents and father were able to stay safe and leave Germany in time, and get to America.“

Bertha Blaus Tochter Charlotte (* 1893) heiratete Dr. Max Kurrein (* 15. April 1882 in Linz). Max Kurrein war zunächst Dozent an der Technischen Hochschule in Berlin, 1923 wurde er zum Professor berufen.
Das Ehepaar hatte zwei Kinder:

  • Fritz Georg Kurrein (*1918 in Berlin, +1992 in Rye, East Sussex, UK)
  • Ina (*1922 in Berlin), verheiratet mit Chanoch Dimon.

Die Familie Kurrein wohnte 1922 nachweislich Adressbuch in der Nussbaumallee 12 in Charlottenburg.

Max Kurrein hatte einen Zwillingsbruder Herbert. Dieser war promovierter Chemiker.Herbert lebte mit seiner Familie 1924 in Niederschöneweide in der Berliner Str. 50.

Die Zwillingsbrüder Kurrein wanderten bereits im Dezember 1933  mit ihren Familien nach Palästina aus. 1934 findet man Max ebenso wie Herbert Kurrein letztmalig im Berliner Adressbuch.
Charlotte Kurrein, geb. Blau, starb in Haifa.
Charlottes Sohn Fritz Georg Kurrein (*1918) Bertha Blaus Enkel, verließ Israel und ging nach England, wo er 1992 in Rye, East Sussex starb .
Charlottes Tochter Ina (* 1922 - ?) heiratete in Israel Chanoch Dimon (* 1914).

Schicksal der Geschwister von Bertha Blau, geborene Fischl:

Vier Geschwister von Bertha Blau starben vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Drei von ihnen – Robert, Emil und Paul - waren aus der Tschechei in die USA ausgewandert und starben dort. Helene starb in Teplitz.
Zwei Geschwister starben nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten: 1939 ihr Bruder Ernst Fischl in Prag.
Ihre Schwester Rosa Buka, geb. Fischl, starb am 2. Januar 1940 in Berlin; sie wohnte zum Zeitpunkt der Volkszählung 1939 in der Fasanenstr. 67. Deren Sohn Felix Samuel (*13.06.1891) emigrierte 1938 nach Shanghai und kehrte 1950 zurück nach Deutschland, wo er 1954 starb.
Zwei Schwestern - Caroline und Hermine - konnten nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wie Bertha in die USA emigrierten und starben nach dem zweiten Weltkrieg.
Von drei Geschwistern – Leopold, Oskar und Sofia - konnten keine näheren Informationen gefunden werden.