Meta Veit

Verlegeort
Kurfürstendamm 22
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
06. August 2011
Geboren
02. Mai 1923 in Kettig
Deportation
am 06. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Von Helmut Lölhöffel, Koordinator der Stolpersteine-Initiative Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf zur Einweihung der Stolpersteine für die Familie Veit:<br />
<br />
Mitten auf dem Berliner Kurfürstendamm wurden am 6. August 2011 zum Gedenken an die von den Nazis umgebrachte Familie Veit vier Stolpersteine verlegt. Fast 72 Jahre vorher hatten sich Adolf Veit und sein damals 16-jähriger Sohn Siegbert an dieser Stelle für immer verabschiedet. Nun erlebten Siegbert Veit (88) und seine Frau Ruth (86) mit, wie die Nachwelt an seine Familie erinnert wird.<br />
<br />
Der Kurfürstendamm, einer der weltweit bekannten einstigen Prachtboulevards, feierte 2011 sein 125-jähriges Bestehen. Der 5. Mai 1886, als die erste Dampfstraßenbahn fuhr, gilt als Geburtsstunde des „Kudamm“. Er war eine bevorzugte Adresse jüdischer Berliner. Die Stolpersteine- Initiative leistete zu diesem Jubiläum ihren eigenen Beitrag.<br />
<br />
Im Haus mit der Nummer 22, gleich neben dem Café Kranzler, wohnte der Gastwirt Adolf Veit mit Frau Selma und den beiden Kindern Siegbert und Merry Hanna. Sie betrieben das vornehme „Speisehaus Veit“, ein koscheres Restaurant, das – so war in der Werbung zu lesen – „unter Aufsicht der Jüdischen Gemeinde“ stand. Das Lokal war bis Anfang 1943 geöffnet. Offenbar wollten die Nationalsozialisten an diesem zentralen Ort Berlins der Weltöffentlichkeit vorführen, wie „liberal“ sie waren. Aber wer traute sich, nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 und nach dem Beginn der Judendeportationen, die in Berlin nicht zu verbergen waren, in ein jüdisches Restaurant zu gehen?<br />
<br />
Dann wurde das „Speisehaus Veit“ aber doch geschlossen. Und kurz danach, am 6. März 1943, wurden Adolf, Selma und Merry Hanna sowie deren Cousine Meta Veit aus ihrer Wohnung im ersten Stock gezerrt und in Lastwagen getrieben. Vom berüchtigten Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald wurden sie dann im von den Nazis so genannten „35. Osttransport“ mit 665 Menschen nach Auschwitz deportiert. 13 Familienmitglieder sind umgebracht worden oder wurden Opfer des Kriegs. Für vier von ihnen liegen Stolpersteine in Ingelbach in der Nähe von Mainz.<br />
<br />
Nur Siegbert und seine Tante Helene Meyer, geb. Veit, mit ihrer Familie sind dem Massenmord entkommen. Mit anderen jüdischen Schulkameraden wurde Siegbert Veit am 27. August 1939, vier Tage vor dem deutschen Überfall auf Polen, nach England in Sicherheit gebracht. Von dort ging er später in die USA, wo er bis heute in der Nähe von Chicago am Ufer des Michigan- Sees lebt. Er hat zwei Kinder, sechs Enkel und einen Urenkel.<br />
<br />
Für ihn und seine ebenfalls mit einem Kindertransport geflüchtete Frau Ruth war die von ihm gewünschte Verlegung der Stolpersteine ein bewegendes Erlebnis. Während der Initiator des inzwischen europaweiten Stolpersteine-Projekts, der Künstler Gunter Demnig, die Betonwürfel mit den Messingplatten, darauf die eingravierten Namen der Ermordeten, in das Pflaster einklopfte, verlas Berlins Innensenator Ehrhart Körting die Liste der 13 einstigen Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses Kurfürstendamm 22, die deportiert und umgebracht worden waren. Für sie alle wurden gleichzeitig Stolpersteine verlegt:<br />
<br />
Adolf Veit, Selma Veit, Merry Hanna Veit, Meta Veit, Alice Elli Jeruchim, Manfred Jeruchim, Maria Marion Jeruchim, Georg Jeruchim, Sophie Jeruchim, Bernhard Casper, Dora Dorothea Casper, Edith Rosen, Margot Rosen.<br />
<br />
Trotz des pausenlosen Straßenlärms und der vorbeiströmenden Touristen schien es so, als wäre ein Moment der Stille eingekehrt. Ungefähr 100 Menschen hatten sich im Kreis um die Stelle versammelt, wo Gunter Demnig die Stolpersteine verlegte, und lauschten andächtig erschauernd den Worten des Senators. In einer kurzen Ansprache charakterisierte Körting das Stolpersteine-Projekt als großartige Idee, um denen ihre Namen wiederzugeben, die die Nazis auslöschen wollten, und um an ihrem letzten freiwilligen Wohnort derer zu gedenken, die keine Gräber haben.<br />
<br />
Und dann bat Siegbert Veit ums Wort. Seine knappen Sätze berührten und ergriffen die Zuhörer: „Vor 72 Jahren hat mein Vater mich hier vor unserem Haus verabschiedet. Wir wussten beide, wir würden uns nie mehr wiedersehen. Mein Vater sagte zu mir: ‚Junge, bleib gesund und bleib ein guter Jude!‘ Heute bin ich 88. Ich denke, beides ist mir gelungen.“ Das Haus Kurfürstendamm 22 steht nicht mehr. Dort, wo Siegbert Veit seine Jugend verbrachte, liegen nun 13 Stolpersteine.

Von Helmut Lölhöffel, Koordinator der Stolpersteine-Initiative Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf zur Einweihung der Stolpersteine für die Familie Veit:

Mitten auf dem Berliner Kurfürstendamm wurden am 6. August 2011 zum Gedenken an die von den Nazis umgebrachte Familie Veit vier Stolpersteine verlegt. Fast 72 Jahre vorher hatten sich Adolf Veit und sein damals 16-jähriger Sohn Siegbert an dieser Stelle für immer verabschiedet. Nun erlebten Siegbert Veit (88) und seine Frau Ruth (86) mit, wie die Nachwelt an seine Familie erinnert wird.

Der Kurfürstendamm, einer der weltweit bekannten einstigen Prachtboulevards, feierte 2011 sein 125-jähriges Bestehen. Der 5. Mai 1886, als die erste Dampfstraßenbahn fuhr, gilt als Geburtsstunde des „Kudamm“. Er war eine bevorzugte Adresse jüdischer Berliner. Die Stolpersteine- Initiative leistete zu diesem Jubiläum ihren eigenen Beitrag.

Im Haus mit der Nummer 22, gleich neben dem Café Kranzler, wohnte der Gastwirt Adolf Veit mit Frau Selma und den beiden Kindern Siegbert und Merry Hanna. Sie betrieben das vornehme „Speisehaus Veit“, ein koscheres Restaurant, das – so war in der Werbung zu lesen – „unter Aufsicht der Jüdischen Gemeinde“ stand. Das Lokal war bis Anfang 1943 geöffnet. Offenbar wollten die Nationalsozialisten an diesem zentralen Ort Berlins der Weltöffentlichkeit vorführen, wie „liberal“ sie waren. Aber wer traute sich, nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 und nach dem Beginn der Judendeportationen, die in Berlin nicht zu verbergen waren, in ein jüdisches Restaurant zu gehen?

Dann wurde das „Speisehaus Veit“ aber doch geschlossen. Und kurz danach, am 6. März 1943, wurden Adolf, Selma und Merry Hanna sowie deren Cousine Meta Veit aus ihrer Wohnung im ersten Stock gezerrt und in Lastwagen getrieben. Vom berüchtigten Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald wurden sie dann im von den Nazis so genannten „35. Osttransport“ mit 665 Menschen nach Auschwitz deportiert. 13 Familienmitglieder sind umgebracht worden oder wurden Opfer des Kriegs. Für vier von ihnen liegen Stolpersteine in Ingelbach in der Nähe von Mainz.

Nur Siegbert und seine Tante Helene Meyer, geb. Veit, mit ihrer Familie sind dem Massenmord entkommen. Mit anderen jüdischen Schulkameraden wurde Siegbert Veit am 27. August 1939, vier Tage vor dem deutschen Überfall auf Polen, nach England in Sicherheit gebracht. Von dort ging er später in die USA, wo er bis heute in der Nähe von Chicago am Ufer des Michigan- Sees lebt. Er hat zwei Kinder, sechs Enkel und einen Urenkel.

Für ihn und seine ebenfalls mit einem Kindertransport geflüchtete Frau Ruth war die von ihm gewünschte Verlegung der Stolpersteine ein bewegendes Erlebnis. Während der Initiator des inzwischen europaweiten Stolpersteine-Projekts, der Künstler Gunter Demnig, die Betonwürfel mit den Messingplatten, darauf die eingravierten Namen der Ermordeten, in das Pflaster einklopfte, verlas Berlins Innensenator Ehrhart Körting die Liste der 13 einstigen Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses Kurfürstendamm 22, die deportiert und umgebracht worden waren. Für sie alle wurden gleichzeitig Stolpersteine verlegt:

Adolf Veit, Selma Veit, Merry Hanna Veit, Meta Veit, Alice Elli Jeruchim, Manfred Jeruchim, Maria Marion Jeruchim, Georg Jeruchim, Sophie Jeruchim, Bernhard Casper, Dora Dorothea Casper, Edith Rosen, Margot Rosen.

Trotz des pausenlosen Straßenlärms und der vorbeiströmenden Touristen schien es so, als wäre ein Moment der Stille eingekehrt. Ungefähr 100 Menschen hatten sich im Kreis um die Stelle versammelt, wo Gunter Demnig die Stolpersteine verlegte, und lauschten andächtig erschauernd den Worten des Senators. In einer kurzen Ansprache charakterisierte Körting das Stolpersteine-Projekt als großartige Idee, um denen ihre Namen wiederzugeben, die die Nazis auslöschen wollten, und um an ihrem letzten freiwilligen Wohnort derer zu gedenken, die keine Gräber haben.

Und dann bat Siegbert Veit ums Wort. Seine knappen Sätze berührten und ergriffen die Zuhörer: „Vor 72 Jahren hat mein Vater mich hier vor unserem Haus verabschiedet. Wir wussten beide, wir würden uns nie mehr wiedersehen. Mein Vater sagte zu mir: ‚Junge, bleib gesund und bleib ein guter Jude!‘ Heute bin ich 88. Ich denke, beides ist mir gelungen.“ Das Haus Kurfürstendamm 22 steht nicht mehr. Dort, wo Siegbert Veit seine Jugend verbrachte, liegen nun 13 Stolpersteine.