Bernhard ,Berl' Amster

Verlegeort
Max-Beer-Straße 48
Historischer Name
Dragonerstraße 48
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Geboren
1882 in Illmenau (Galizien) / Limanowa
Beruf
Metzger/Schlachtermeister
Flucht
Belgien
Abgeschoben
28. Oktober 1938 in Bentschen / Zbąszyń ("Polenaktion")
Deportation
am 05. Januar 1943 nach Auschwitz
Für tot erklärt
08. Mai 1945 in Auschwitz

Die Geschichte der Familie Amster beginnt in Galizien, vermutlich in Limanowa. Dort kam 1882 Bernhard ‚Berl’ Amster als Sohn von Juda und Rifka Amster, geb. Lichtscherber zur Welt. Das genaue Datum war in der Recherche leider nicht zu bestimmen. Es tauchten folgende drei Daten mehrmals auf: 11. September 1882 in Limanowa, 10. Oktober 1882 in Limanowa und 07. Oktober 1882 in Stararawies.<br />
Seine zukünftige Ehefrau Lea wurde vier Jahre später in Bobowa geboren.<br />
Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts, begann auch für Bernhard, der den Beruf des Metzgers bzw. des Schlachtermeisters erlernt hatte, und Lea ein neuer Lebensabschnitt. Die beiden jungen Menschen gründeten eine Familie. Am 20. Juni 1910 kam in Sowlina ihre erste Tochter zur Welt: Sarah. Schon ein Jahr später, am 09. oder 20. Dezember 1911 folgte der kleine Salomon welcher von da an nur Sally gerufen wurde.<br />
<br />
1912 entschied die junge Familie nach Berlin auszuwandern. Zu diesem Zeitpunkt war die kleine Sarah gerade einmal eineinhalb Jahre alt und Salomon nicht mal einen Monat auf der Welt. Wie kam es zu dieser prägenden Entscheidung? Die Tochter Sarah reflektierte dies fast 60 Jahre später mit folgenden Worten:
„My father was drafted. That’s why he left. My grandfather thought, the war will be over in six month and he said, in the mean time mit two babys you don’t go in the army. They might send you to Siberia or where ever. So they went to Berlin.“ (,,Mein Vater wurde einberufen. Deswegen ist er weggegangen. Mein Großvater meinte, dass der Krieg innerhalb von sechs Monaten zu Ende sein würde und er sagte, mit zwei kleinen Kindern gehst Du nicht für so kurze Zeit zur Armee. Die schicken Dich womöglich nach Sibirien oder sonst wohin. Also gingen sie nach Berlin.“)<br />
<br />
In Berlin baute sich die Familie ein neues Leben auf. Schon am 31. August 1913 erblickte ein weiteres Mädchen das den Namen Golda trug das Licht der Welt. Das Nesthäkchen Juda wurde dann am 25. Januar 1919 geboren. Zunächst wohnten sie einige Jahre in der Sybelstraße 8 in Charlottenburg „little outside of Berlin“, (,,kurz vor Berlin“) bevor sie Ende der 20er Jahre in die Dragonerstraße 48 (heute Max-Beer-Straße) umzogen. Diese neue Wohnung wurde für die vier Kinder das richtige Zuhause in Berlin, es bestand aus vier Räumen, bestehend aus einem Schlaf-, Speise-, Wohn- und Herrenzimmer sowie einer Küche und einem Balkon. Die Nachbarschaft dort in Mitte, in der die Familie die längste Zeit in Berlin wohnte, war „a nice neighborhood“, (,,ein schöner Kiez“) in welchem viele jüdische Familien ansässig waren. „You never used a key to lock up. Only to open.“ (,,Wenn Du aus der Wohnung gingst, brauchtest Du nicht abzuschließen, nur die Tür zuzuziehen.“)<br />
Der Umzug soll nach Aussage der Tochter Sarah mit den Auswirkungen der Inflation zusammengehangen haben. Berl Amster machte sich in Berlin selbstständig und eröffnete ein koscheres bzw. jüdisches Fleisch- und Wurstwarengeschäft zunächst in der Linienstraße 34, später dann in der Dragonerstraße 2. „Welches sich später sehr gut entwickelte und der Familie ein sehr gute Auskommen sicherte.“ So konnten „im Laufe der Zeit für die Schlächterei und für den Verkauf mehrere Hilfskräfte angestellt werden.“ Lea Amster half stets tatkräftig im Laden mit:<br />
„Meine Mutter Lea Amster war von der Eröffnung des Geschäftes ab dort stets mit ihrem Ehemann tätig. Sie leitete und beaufsichtigte den Fleisch- und Wurstwaren- verkauf im Laden und übte alle anfallenden Aufgaben in einem solchen Geschäft aus. Es war nicht zuletzt mit ihr Verdienst, das sich das Geschäft so gut entwickelte und im Laufe der Zeit für die Schlächterei und den Verkauf mehrere Hilfskräfte angestellt werden [sic!] mussten. Da meine Mutter sich um das Geschäft kümmerte, hatten sie für ihren Haushalt eine Haushaltshilfe.“<br />
<br />
Das Familienleben gestaltete sich sehr harmonisch. Die Eltern Bernhard und Lea waren „the most ... most [...] wonderful, good nature, good natured people,“ (,,die wunderbarsten, freundlich, freundlichsten Menschen.“) Innerhalb der Familie wurde sich in deutsch oder jiddisch verständigt, während die Eltern sich auf polnisch unterhielten, wenn sie etwas zu besprechen hatten, was die Kindern nicht hören sollten. Die jüdischen Feste feierte die Familie stets gemeinsam, sie blieben Sarah nach den vielen Jahren in Erinnerung. Ihre Mutter sei eine hervorragende Bäckerin gewesen, die zum Sabbat das beste Challa zaubern konnte. Darüber hinaus sei der Tisch immer wunderschön gedeckt gewesen und die „people came out of town“, (,,die Leute kamen aus der Innenstadt“) um gemeinsam mit ihnen zu Abend zu essen. In diesem Sinne kamen dann am Freitagabend alle Nachbarn und Verwandten zu ihnen. Dann sprachen stets Sarahs Brüder oder der Vater das Gebet. Sarah formulierte es kurz: „Everything was nice!“ (,,es war alles nett.“) 
Die Familie Amster war Teil der jüdisch-orthodoxen Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin, welche „a very distinguished organisation“ (,,eine sehr angesehene Organisation war.“) Die Kinder gingen zweimal in der Woche zur „hebrew school“ (hebräische Schule) und insbesondere die Brüder betätigten sich an außerschulischen Aktivitäten: Neben dem Sport in „gym classes“ und Musikschulunterricht, in dessen Zuge beide Jungs das Violinspielen erlernten, hatten Salomon und Juda auch einen Rabbi mit dem Namen Fidler, der regelmäßig Hausbesuche machte, um sie in die „jüdischen Studien“ einzuweisen.<br />
<br />
Nach der Machtübertragung Hitlers 1933 wurde im April desselben Jahres ein Gesetz über das Schlachten von Tieren eingeführt das zu dem Verbot koscheren Schlachtens führte. Das traf auch das Fleisch- und Wurstwarengeschäft des Berl Amsters. Das Fleischwarengeschäft, das "der Familie ein sehr gutes Auskommen sicherte", musste starke Einbußen hinnehmen, da es erst einmal keine Waren mehr zum verkaufen gab. Das Geschäft konnte zwar mit importiertem Fleisch aus Argentinien aufrechterhalten werden, allerdings mit erheblichen Umsatzeinbußen. Im Oktober 1938 musste das Geschäft ganz geschlossen werden da Berl, Lea und Juda Amster im Zuge der sogenannten „Polenaktion“ an die polnisch-deutsche Grenze deportiert wurden.<br />
In den Tagen vom 27. bis zum 29. Oktober 1938 wurden 16.000 bis 18.000 Juden, die als polnische Staatsbürger seit Jahrzehnten in Deutschland gelebt hatten, an die polnische Grenze deportiert. Die Gründe für die sogenannte ,,Polenaktion“ waren vielschichtig. U.a. die März-Gesetze und der Oktober-Erlass von 1938 der polnischen Regierung, die beinhalteten, den polnischen Staatsbürgern, die länger als 5 Jahre im Ausland lebten, die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Diese veränderte polnische Gesetzgebung nahm das faschistische deutsche Regime zum Anlass eine erste Massendeportation bzw. -ausweisung polnischer Juden durchzuführen. Dadurch wurden ca. 8.000 polnische Jüdinnen und Juden in der Grenzstadt Zbąszyń von November 1938 bis August 1939 festgehalten. Darunter waren auch Berl, Lea und Juda Amster. Sie wurde am 28. Oktober 1938 in ihrer Berliner Wohnung in der Dragonerstraße 2 verhaftet und nach Zbąszyń gebracht. Die genauen Umstände sind in den Quellen teilweise widersprüchlich dargestellt. Insbesondere die Verfolgungsgeschichte der Lea Amster ist ungewiss. Durch die Auswertung der Quellen spricht folgende Darstellung der Ereignisse.<br />
Nach der Deportation nach Zbąszyń im Oktober 1938 konnte Lea Amster relativ bald wieder zurück nach Berlin kehren. Die Gegebenheiten und der genaue Zeitpunkt für die frühere Rückkehr sind nicht feststellbar. Vermutlich kehrte Lea Amster nach Berlin zurück und versuchte 10 Kisten ihres Hausrates nach Belgien zu schicken, da sie entschlossen war, ihrer Tochter Sarah nach Belgien zu folgen. Im Dezember 1938 oder Anfang 1939 gelangte sie dann nach Belgien und lebte dort mit Sarah und deren Familie in Antwerpen.<br />
Ihr Ehemann Berl und ihr Sohn Juda wurden noch bis zum Sommer 1939 (vermutlich August 1939) in Zbąszyń festgehalten bis es ihnen wie einigen anderen erlaubt war nach Berlin zurückzukehren, um finanzielle Angelegenheiten zu erledigen. Sarah Fingerhut berichtete davon im Interview:<br />
„You know they sent them from Berlin to Zbąszyń, from Zbąszyń to Berlin to sell their home and their business, but they didn't do that we told them just come get out.” (,,Du weißt, sie wurden von Berlin nach Zbaszyń geschickt, von Zybaszyń nach Berlin um die Wohnung und das Geschäft zu verkaufen, aber das haben sie nicht gemacht, wir haben ihnen gesagt, kommt, haut ab.“)<br />
Daher versuchten Berl und Juda Amster illegal, die deutsch-belgische Grenze zu überschreiten. Sie wurden allerdings dabei am 16.08.1939 in Aachen wegen Passvergehens verhaftet. Von dort wurden sie am 26.08.1939 in das Gefängnis Düsseldorf-Derendorf gebracht und blieben dort nachweislich bis 13.10.1939. Ob sie danach an ein Polizeigefängnis in Aachen übergeben und dann freigelassen oder direkt entlassen wurden, bleibt ungewiss. Fest steht, dass Sarah Fingerhut und Lea Amster in Belgien den Aufenthaltsort von Berl und Juda erfuhren. Sie organisierten daraufhin mit Hilfe eines Passfälschers namens Mr. Spinat gefälschte belgische Pässe, mit denen sie durch eine Freundin und deren Anwalt in Deutschland die Freilassung der beiden erwirkten.<br />
Daraufhin schafften Berl und sein Sohn Juda es vermutlich Ende des Jahres 1939, in Belgien einzureisen. Laut der ITS-Akten ist die Einwanderung auf den Februar 1940 datiert. Dies steht allerdings im Widerspruch zu den Aussagen von Sarah Fingerhut im Interview des VHA und den E-Akten. Sie berichtete, dass die Familie Amster in Belgien für kurze Zeit noch einmal vereint war, bevor Sarah und Ojser Fingerhut im Januar 1940 nach New York auswanderten.<br />
Nachdem die Familie Fingerhut Belgien verlassen hatten, zogen Berl, Lea und Juda Amster nach Brüssel: "My parents took an apartment in Brüssel. They thought Brüssel is a big city, they will be safer there. [..] Because they were supposed to get papers a little while later.” (,,Meine Eltern haben eine Wohnung in Brüssel genommen. Sie haben gedacht, Brüssel ist eine große Stadt, hier wären sie sicher . . . Eigentlich sollten sie nach kurzer Zeit Papiere bekommen.“)<br />
<br />
Sarah Fingerhut hatte bis zuletzt gehofft, ihre Eltern und ihren jüngsten Bruder in die USA nachzuholen. Doch dazu kam es nicht mehr. Durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs und der damit einhergehenden Eroberung Belgiens durch Nazideutschland war die Familie Amster wie viele andere den Repressionen der Nazis ausgesetzt. Ab dem Juli 1942 mussten sie in Brüssel den Judenstern tragen. Im Dezember 1942 wurden alle drei in das Sammellager Malines gebracht. Von dort wurden Lea, Berl und Juda Amster am 15.01.1943 mit den Transportnummern 344, 345 und 346 nach Auschwitz gebracht und getötet. Das offizielle Todesdatum ist auf den 8. Mai 1945 datiert, vermutlich wurden sie schon 1943 ermordet.<br />

Die Geschichte der Familie Amster beginnt in Galizien, vermutlich in Limanowa. Dort kam 1882 Bernhard ‚Berl’ Amster als Sohn von Juda und Rifka Amster, geb. Lichtscherber zur Welt. Das genaue Datum war in der Recherche leider nicht zu bestimmen. Es tauchten folgende drei Daten mehrmals auf: 11. September 1882 in Limanowa, 10. Oktober 1882 in Limanowa und 07. Oktober 1882 in Stararawies.
Seine zukünftige Ehefrau Lea wurde vier Jahre später in Bobowa geboren.
Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts, begann auch für Bernhard, der den Beruf des Metzgers bzw. des Schlachtermeisters erlernt hatte, und Lea ein neuer Lebensabschnitt. Die beiden jungen Menschen gründeten eine Familie. Am 20. Juni 1910 kam in Sowlina ihre erste Tochter zur Welt: Sarah. Schon ein Jahr später, am 09. oder 20. Dezember 1911 folgte der kleine Salomon welcher von da an nur Sally gerufen wurde.

1912 entschied die junge Familie nach Berlin auszuwandern. Zu diesem Zeitpunkt war die kleine Sarah gerade einmal eineinhalb Jahre alt und Salomon nicht mal einen Monat auf der Welt. Wie kam es zu dieser prägenden Entscheidung? Die Tochter Sarah reflektierte dies fast 60 Jahre später mit folgenden Worten:
„My father was drafted. That’s why he left. My grandfather thought, the war will be over in six month and he said, in the mean time mit two babys you don’t go in the army. They might send you to Siberia or where ever. So they went to Berlin.“ (,,Mein Vater wurde einberufen. Deswegen ist er weggegangen. Mein Großvater meinte, dass der Krieg innerhalb von sechs Monaten zu Ende sein würde und er sagte, mit zwei kleinen Kindern gehst Du nicht für so kurze Zeit zur Armee. Die schicken Dich womöglich nach Sibirien oder sonst wohin. Also gingen sie nach Berlin.“)

In Berlin baute sich die Familie ein neues Leben auf. Schon am 31. August 1913 erblickte ein weiteres Mädchen das den Namen Golda trug das Licht der Welt. Das Nesthäkchen Juda wurde dann am 25. Januar 1919 geboren. Zunächst wohnten sie einige Jahre in der Sybelstraße 8 in Charlottenburg „little outside of Berlin“, (,,kurz vor Berlin“) bevor sie Ende der 20er Jahre in die Dragonerstraße 48 (heute Max-Beer-Straße) umzogen. Diese neue Wohnung wurde für die vier Kinder das richtige Zuhause in Berlin, es bestand aus vier Räumen, bestehend aus einem Schlaf-, Speise-, Wohn- und Herrenzimmer sowie einer Küche und einem Balkon. Die Nachbarschaft dort in Mitte, in der die Familie die längste Zeit in Berlin wohnte, war „a nice neighborhood“, (,,ein schöner Kiez“) in welchem viele jüdische Familien ansässig waren. „You never used a key to lock up. Only to open.“ (,,Wenn Du aus der Wohnung gingst, brauchtest Du nicht abzuschließen, nur die Tür zuzuziehen.“)
Der Umzug soll nach Aussage der Tochter Sarah mit den Auswirkungen der Inflation zusammengehangen haben. Berl Amster machte sich in Berlin selbstständig und eröffnete ein koscheres bzw. jüdisches Fleisch- und Wurstwarengeschäft zunächst in der Linienstraße 34, später dann in der Dragonerstraße 2. „Welches sich später sehr gut entwickelte und der Familie ein sehr gute Auskommen sicherte.“ So konnten „im Laufe der Zeit für die Schlächterei und für den Verkauf mehrere Hilfskräfte angestellt werden.“ Lea Amster half stets tatkräftig im Laden mit:
„Meine Mutter Lea Amster war von der Eröffnung des Geschäftes ab dort stets mit ihrem Ehemann tätig. Sie leitete und beaufsichtigte den Fleisch- und Wurstwaren- verkauf im Laden und übte alle anfallenden Aufgaben in einem solchen Geschäft aus. Es war nicht zuletzt mit ihr Verdienst, das sich das Geschäft so gut entwickelte und im Laufe der Zeit für die Schlächterei und den Verkauf mehrere Hilfskräfte angestellt werden [sic!] mussten. Da meine Mutter sich um das Geschäft kümmerte, hatten sie für ihren Haushalt eine Haushaltshilfe.“

Das Familienleben gestaltete sich sehr harmonisch. Die Eltern Bernhard und Lea waren „the most ... most [...] wonderful, good nature, good natured people,“ (,,die wunderbarsten, freundlich, freundlichsten Menschen.“) Innerhalb der Familie wurde sich in deutsch oder jiddisch verständigt, während die Eltern sich auf polnisch unterhielten, wenn sie etwas zu besprechen hatten, was die Kindern nicht hören sollten. Die jüdischen Feste feierte die Familie stets gemeinsam, sie blieben Sarah nach den vielen Jahren in Erinnerung. Ihre Mutter sei eine hervorragende Bäckerin gewesen, die zum Sabbat das beste Challa zaubern konnte. Darüber hinaus sei der Tisch immer wunderschön gedeckt gewesen und die „people came out of town“, (,,die Leute kamen aus der Innenstadt“) um gemeinsam mit ihnen zu Abend zu essen. In diesem Sinne kamen dann am Freitagabend alle Nachbarn und Verwandten zu ihnen. Dann sprachen stets Sarahs Brüder oder der Vater das Gebet. Sarah formulierte es kurz: „Everything was nice!“ (,,es war alles nett.“) 
Die Familie Amster war Teil der jüdisch-orthodoxen Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin, welche „a very distinguished organisation“ (,,eine sehr angesehene Organisation war.“) Die Kinder gingen zweimal in der Woche zur „hebrew school“ (hebräische Schule) und insbesondere die Brüder betätigten sich an außerschulischen Aktivitäten: Neben dem Sport in „gym classes“ und Musikschulunterricht, in dessen Zuge beide Jungs das Violinspielen erlernten, hatten Salomon und Juda auch einen Rabbi mit dem Namen Fidler, der regelmäßig Hausbesuche machte, um sie in die „jüdischen Studien“ einzuweisen.

Nach der Machtübertragung Hitlers 1933 wurde im April desselben Jahres ein Gesetz über das Schlachten von Tieren eingeführt das zu dem Verbot koscheren Schlachtens führte. Das traf auch das Fleisch- und Wurstwarengeschäft des Berl Amsters. Das Fleischwarengeschäft, das "der Familie ein sehr gutes Auskommen sicherte", musste starke Einbußen hinnehmen, da es erst einmal keine Waren mehr zum verkaufen gab. Das Geschäft konnte zwar mit importiertem Fleisch aus Argentinien aufrechterhalten werden, allerdings mit erheblichen Umsatzeinbußen. Im Oktober 1938 musste das Geschäft ganz geschlossen werden da Berl, Lea und Juda Amster im Zuge der sogenannten „Polenaktion“ an die polnisch-deutsche Grenze deportiert wurden.
In den Tagen vom 27. bis zum 29. Oktober 1938 wurden 16.000 bis 18.000 Juden, die als polnische Staatsbürger seit Jahrzehnten in Deutschland gelebt hatten, an die polnische Grenze deportiert. Die Gründe für die sogenannte ,,Polenaktion“ waren vielschichtig. U.a. die März-Gesetze und der Oktober-Erlass von 1938 der polnischen Regierung, die beinhalteten, den polnischen Staatsbürgern, die länger als 5 Jahre im Ausland lebten, die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Diese veränderte polnische Gesetzgebung nahm das faschistische deutsche Regime zum Anlass eine erste Massendeportation bzw. -ausweisung polnischer Juden durchzuführen. Dadurch wurden ca. 8.000 polnische Jüdinnen und Juden in der Grenzstadt Zbąszyń von November 1938 bis August 1939 festgehalten. Darunter waren auch Berl, Lea und Juda Amster. Sie wurde am 28. Oktober 1938 in ihrer Berliner Wohnung in der Dragonerstraße 2 verhaftet und nach Zbąszyń gebracht. Die genauen Umstände sind in den Quellen teilweise widersprüchlich dargestellt. Insbesondere die Verfolgungsgeschichte der Lea Amster ist ungewiss. Durch die Auswertung der Quellen spricht folgende Darstellung der Ereignisse.
Nach der Deportation nach Zbąszyń im Oktober 1938 konnte Lea Amster relativ bald wieder zurück nach Berlin kehren. Die Gegebenheiten und der genaue Zeitpunkt für die frühere Rückkehr sind nicht feststellbar. Vermutlich kehrte Lea Amster nach Berlin zurück und versuchte 10 Kisten ihres Hausrates nach Belgien zu schicken, da sie entschlossen war, ihrer Tochter Sarah nach Belgien zu folgen. Im Dezember 1938 oder Anfang 1939 gelangte sie dann nach Belgien und lebte dort mit Sarah und deren Familie in Antwerpen.
Ihr Ehemann Berl und ihr Sohn Juda wurden noch bis zum Sommer 1939 (vermutlich August 1939) in Zbąszyń festgehalten bis es ihnen wie einigen anderen erlaubt war nach Berlin zurückzukehren, um finanzielle Angelegenheiten zu erledigen. Sarah Fingerhut berichtete davon im Interview:
„You know they sent them from Berlin to Zbąszyń, from Zbąszyń to Berlin to sell their home and their business, but they didn't do that we told them just come get out.” (,,Du weißt, sie wurden von Berlin nach Zbaszyń geschickt, von Zybaszyń nach Berlin um die Wohnung und das Geschäft zu verkaufen, aber das haben sie nicht gemacht, wir haben ihnen gesagt, kommt, haut ab.“)
Daher versuchten Berl und Juda Amster illegal, die deutsch-belgische Grenze zu überschreiten. Sie wurden allerdings dabei am 16.08.1939 in Aachen wegen Passvergehens verhaftet. Von dort wurden sie am 26.08.1939 in das Gefängnis Düsseldorf-Derendorf gebracht und blieben dort nachweislich bis 13.10.1939. Ob sie danach an ein Polizeigefängnis in Aachen übergeben und dann freigelassen oder direkt entlassen wurden, bleibt ungewiss. Fest steht, dass Sarah Fingerhut und Lea Amster in Belgien den Aufenthaltsort von Berl und Juda erfuhren. Sie organisierten daraufhin mit Hilfe eines Passfälschers namens Mr. Spinat gefälschte belgische Pässe, mit denen sie durch eine Freundin und deren Anwalt in Deutschland die Freilassung der beiden erwirkten.
Daraufhin schafften Berl und sein Sohn Juda es vermutlich Ende des Jahres 1939, in Belgien einzureisen. Laut der ITS-Akten ist die Einwanderung auf den Februar 1940 datiert. Dies steht allerdings im Widerspruch zu den Aussagen von Sarah Fingerhut im Interview des VHA und den E-Akten. Sie berichtete, dass die Familie Amster in Belgien für kurze Zeit noch einmal vereint war, bevor Sarah und Ojser Fingerhut im Januar 1940 nach New York auswanderten.
Nachdem die Familie Fingerhut Belgien verlassen hatten, zogen Berl, Lea und Juda Amster nach Brüssel: "My parents took an apartment in Brüssel. They thought Brüssel is a big city, they will be safer there. [..] Because they were supposed to get papers a little while later.” (,,Meine Eltern haben eine Wohnung in Brüssel genommen. Sie haben gedacht, Brüssel ist eine große Stadt, hier wären sie sicher . . . Eigentlich sollten sie nach kurzer Zeit Papiere bekommen.“)

Sarah Fingerhut hatte bis zuletzt gehofft, ihre Eltern und ihren jüngsten Bruder in die USA nachzuholen. Doch dazu kam es nicht mehr. Durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs und der damit einhergehenden Eroberung Belgiens durch Nazideutschland war die Familie Amster wie viele andere den Repressionen der Nazis ausgesetzt. Ab dem Juli 1942 mussten sie in Brüssel den Judenstern tragen. Im Dezember 1942 wurden alle drei in das Sammellager Malines gebracht. Von dort wurden Lea, Berl und Juda Amster am 15.01.1943 mit den Transportnummern 344, 345 und 346 nach Auschwitz gebracht und getötet. Das offizielle Todesdatum ist auf den 8. Mai 1945 datiert, vermutlich wurden sie schon 1943 ermordet.