Pesel Majerowicz geb. Ullmann

Verlegeort
Metzer Straße 26
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
15. September 2009
Geboren
15. Oktober 1900 in Zakliczyn (Galizien)
Deportation
am 03. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Pesel Ullmann wurde am 15. Oktober 1900 im damals galizischen Zakliczyn geboren. Sie war die Tochter von Aron Wolff Ullmann und der Sara Riefka, geborene Riegelhaupt. Pesel wuchs im Kreis von sieben Geschwistern auf: Ihre älteren Schwestern Amalia und Blima (Bertha) waren 1885 und 1897 zur Welt gekommen, ihre älteren Brüder Jakob, Abraham Isaak und Towia 1886, 1888 und 1895. Dazu kamen noch zwei jüngere Schwestern, Helene und Lieba, die 1903 und 1906 in Zakliczyn geboren wurden. Zwei weitere Geschwister waren noch vor der Geburt von Pesel im Kindesalter gestorben. Über die Kindheit von Pesel und ihrer Geschwister in der kleinen Ortschaft Zakliczyn in den Westkarpaten haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern zählten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Kleinstadt, zu der zur Zeit der Geburt von Pesel etwas mehr als 130 Personen der 1200 Bewohner der Ortschaft zählten. Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Zakliczyn mehrere antisemitisch motivierte Ausschreitungen, die ihren vorläufigen Höhepunkt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs im November und Dezember 1918 erreichten, als Zakliczyn an Polen abgetreten wurden und zahlreiche jüdische Gemeinden in Westgalizien wiederholt zum Ziel von Pogromen wurden. Ob die zunehmenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Benachteiligungen, die Kriegszerstörungen – Zakliczyn war Schauplatz von österreichisch-russischen Gefechte geworden – oder andere Gründe ausschlaggebend dafür waren, dass die Ullmanns ihren Heimatort verließen, ist nicht bekannt, in jedem Fall emigrierte die Familie Ende der 1910er-Jahre und zog nach Berlin.<br />
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In der Hauptstadt lernte Pesel Ullmann den sechs Jahre älteren Fabrikarbeiter Robert Majerowicz kennen. Das Paar heiratete und zog im Jahr 1920 in eine gemeinsame Wohnung in der Metzer Straße 26 im Prenzlauer Berg. Robert, der Sohn des Salomon Majerowicz und der Chawa Majerowicz, geb. Liebermann, war gebürtiger Berliner. Nach dem frühen Tod seines Vaters fand Robert, nachdem er die Schule beendet hatte, eine Stelle in einer Berliner Zigarettenfabrik – wahrscheinlich in einem der Betriebe des sozial engagierten Unternehmers Josef Garbáty, der 1906 seinen Firmensitz nach Pankow verlegt hatte und bis 1931 große Fabrikanlagen entlang der Pankower Hadlichstraße und der Berliner Straße in Betrieb nahm. Nach dem Ersten Weltkrieg – Robert war vermutlich als Soldat eingezogen worden – nahm er seine Tätigkeit als Zigarettenfabrikarbeiter wieder auf. Am 30. Januar 1925 kam das einzige Kind des Ehepaares Majerowicz zur Welt – ihr Sohn Harry Wolfgang. Über das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik haben sich nicht viele Informationen erhalten. Allem Anschein nach gab es ein recht inniges Verhältnis zum Familienzweig des jüngeren Bruders von Robert, Arthur, der mit seiner Frau Marie und seinen 1918, 1920 und 1929 geborenen Kindern Kurt Arthur, Irma und Ruth in Moabit lebte. Im Jahr 1931 wurde Pesels Sohn Harry eingeschult. Er besuchte die Volksschule der Jüdischen Gemeinde in der Rykestraße 53.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Majerowicz. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. In der Position von Rechtlosen wurden die Familie Majerowicz fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Nach den Pogromen im November 1938 gelang es Pesel und Robert Majerowicz, ihren damals 13-jährigen Sohn aus dem Land zu schaffen. Er kam bei einer Tante von ihm, einer in England lebenden Schwester Roberts, unter. Das Ehepaar Majerowicz verblieb in Berlin. Ab Ende der 1930er-Jahre oder Anfang der 1940er-Jahre mussten beide Ehepartner Zwangsarbeit in Berliner Betrieben leisten: Robert zuletzt als Arbeiter im Aceta-Werk der I.G. Farben in Lichtenberg, Pesel bei einer Firma „Vogel“ in der Boxhagener Straße 11 im Friedrichshain. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
<br />
Der Entrechtung folgte die Deportation: Im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, verhafteten Polizisten und Gestapo-Angehörige das Ehepaar Ende Februar 1943 und verbrachten sie in das Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße. Von dort wurden sie getrennt voneinander deportiert: Die damals 42-jährige Pesel Majerowicz wurde mit dem „33. Osttransport“ am 3. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet. Ihr Ehemann Robert wurde am 4. März ebenfalls nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.<br />
<br />
Pesels Sohn Harry Majerowicz, der später den Namen Mayer annahm, überlebte im Exil in England. Pesels Schwager Artur Majerowicz konnte vor seiner Deportation untertauchen und überlebte mit der Hilfe seiner nichtjüdischen Ehefrau in wechselnden Verstecken. Seine Töchter konnten mit Kindertransporten nach England gerettet werden. Sein Sohn Kurt, der in die Niederlande geflohen war, wurde in Westerbork interniert; von dort wurde seine Frau und seine kleine Tochter nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, Kurt Majerowicz im KZ Buchenwald. Von Pesels Geschwistern wurde ihre jüngste Schwester Lieba im März 1943 in Auschwitz ermordet und vermutlich wurde auch ihr Bruder Abraham Isaak Opfer der NS-Verfolgung. Er kam 1943 ums Leben. Pesels Geschwister Amalia, Jakob, Towia und Blima überlebten die NS-Zeit. Das Schicksal ihrer Schwester Helene ist ungeklärt.

Pesel Ullmann wurde am 15. Oktober 1900 im damals galizischen Zakliczyn geboren. Sie war die Tochter von Aron Wolff Ullmann und der Sara Riefka, geborene Riegelhaupt. Pesel wuchs im Kreis von sieben Geschwistern auf: Ihre älteren Schwestern Amalia und Blima (Bertha) waren 1885 und 1897 zur Welt gekommen, ihre älteren Brüder Jakob, Abraham Isaak und Towia 1886, 1888 und 1895. Dazu kamen noch zwei jüngere Schwestern, Helene und Lieba, die 1903 und 1906 in Zakliczyn geboren wurden. Zwei weitere Geschwister waren noch vor der Geburt von Pesel im Kindesalter gestorben. Über die Kindheit von Pesel und ihrer Geschwister in der kleinen Ortschaft Zakliczyn in den Westkarpaten haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern zählten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Kleinstadt, zu der zur Zeit der Geburt von Pesel etwas mehr als 130 Personen der 1200 Bewohner der Ortschaft zählten. Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Zakliczyn mehrere antisemitisch motivierte Ausschreitungen, die ihren vorläufigen Höhepunkt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs im November und Dezember 1918 erreichten, als Zakliczyn an Polen abgetreten wurden und zahlreiche jüdische Gemeinden in Westgalizien wiederholt zum Ziel von Pogromen wurden. Ob die zunehmenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Benachteiligungen, die Kriegszerstörungen – Zakliczyn war Schauplatz von österreichisch-russischen Gefechte geworden – oder andere Gründe ausschlaggebend dafür waren, dass die Ullmanns ihren Heimatort verließen, ist nicht bekannt, in jedem Fall emigrierte die Familie Ende der 1910er-Jahre und zog nach Berlin.

In der Hauptstadt lernte Pesel Ullmann den sechs Jahre älteren Fabrikarbeiter Robert Majerowicz kennen. Das Paar heiratete und zog im Jahr 1920 in eine gemeinsame Wohnung in der Metzer Straße 26 im Prenzlauer Berg. Robert, der Sohn des Salomon Majerowicz und der Chawa Majerowicz, geb. Liebermann, war gebürtiger Berliner. Nach dem frühen Tod seines Vaters fand Robert, nachdem er die Schule beendet hatte, eine Stelle in einer Berliner Zigarettenfabrik – wahrscheinlich in einem der Betriebe des sozial engagierten Unternehmers Josef Garbáty, der 1906 seinen Firmensitz nach Pankow verlegt hatte und bis 1931 große Fabrikanlagen entlang der Pankower Hadlichstraße und der Berliner Straße in Betrieb nahm. Nach dem Ersten Weltkrieg – Robert war vermutlich als Soldat eingezogen worden – nahm er seine Tätigkeit als Zigarettenfabrikarbeiter wieder auf. Am 30. Januar 1925 kam das einzige Kind des Ehepaares Majerowicz zur Welt – ihr Sohn Harry Wolfgang. Über das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik haben sich nicht viele Informationen erhalten. Allem Anschein nach gab es ein recht inniges Verhältnis zum Familienzweig des jüngeren Bruders von Robert, Arthur, der mit seiner Frau Marie und seinen 1918, 1920 und 1929 geborenen Kindern Kurt Arthur, Irma und Ruth in Moabit lebte. Im Jahr 1931 wurde Pesels Sohn Harry eingeschult. Er besuchte die Volksschule der Jüdischen Gemeinde in der Rykestraße 53.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Majerowicz. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. In der Position von Rechtlosen wurden die Familie Majerowicz fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Nach den Pogromen im November 1938 gelang es Pesel und Robert Majerowicz, ihren damals 13-jährigen Sohn aus dem Land zu schaffen. Er kam bei einer Tante von ihm, einer in England lebenden Schwester Roberts, unter. Das Ehepaar Majerowicz verblieb in Berlin. Ab Ende der 1930er-Jahre oder Anfang der 1940er-Jahre mussten beide Ehepartner Zwangsarbeit in Berliner Betrieben leisten: Robert zuletzt als Arbeiter im Aceta-Werk der I.G. Farben in Lichtenberg, Pesel bei einer Firma „Vogel“ in der Boxhagener Straße 11 im Friedrichshain. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, verhafteten Polizisten und Gestapo-Angehörige das Ehepaar Ende Februar 1943 und verbrachten sie in das Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße. Von dort wurden sie getrennt voneinander deportiert: Die damals 42-jährige Pesel Majerowicz wurde mit dem „33. Osttransport“ am 3. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet. Ihr Ehemann Robert wurde am 4. März ebenfalls nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Pesels Sohn Harry Majerowicz, der später den Namen Mayer annahm, überlebte im Exil in England. Pesels Schwager Artur Majerowicz konnte vor seiner Deportation untertauchen und überlebte mit der Hilfe seiner nichtjüdischen Ehefrau in wechselnden Verstecken. Seine Töchter konnten mit Kindertransporten nach England gerettet werden. Sein Sohn Kurt, der in die Niederlande geflohen war, wurde in Westerbork interniert; von dort wurde seine Frau und seine kleine Tochter nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, Kurt Majerowicz im KZ Buchenwald. Von Pesels Geschwistern wurde ihre jüngste Schwester Lieba im März 1943 in Auschwitz ermordet und vermutlich wurde auch ihr Bruder Abraham Isaak Opfer der NS-Verfolgung. Er kam 1943 ums Leben. Pesels Geschwister Amalia, Jakob, Towia und Blima überlebten die NS-Zeit. Das Schicksal ihrer Schwester Helene ist ungeklärt.