Joseph Mandel

Verlegeort
Nachodstr. 20
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
05. Oktober 2021
Geboren
10. Juni 1874 in Lippstadt
Beruf
Kaufmann
Flucht in den Tod
14. März 1938 in Berlin

Joseph Mandel wurde am 10. Juni 1874 als Sohn von Leopold Mandel und seiner Ehefrau Juli geb. Blaustein in Lippstadt geboren. Die Mandels gehörten zu den bekannten jüdischen Familien in Linz am Rhein. Leopold war Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde.

Joseph hatte sechs Schwestern, Bettie *1864, gestorben 1907; Alma *1866, ermordet in Theresienstadt; Thekla *1868, ermordet in Gurs; Hanna *1870 gestorben 1931; Rosa *1872, ermordet in Chelmno und Hermine *1876, gestorben 1959.

Von 1884 bis 1889 besuchte Joseph Mandel das Progymnasium in Linz. 1890 fing er mit seiner Ausbildung als Lehrer in Hannover an. Irgendwann zog Joseph nach London, wahrscheinlich durch eine Verbindung mit seiner Schwester Hermine Norden und ihrem Mann Julius Norden, die zu dieser Zeit auch in London wohnten. Am 10. Juni 1905 heiratete Joseph in Berlin seine erste Frau Elise Johanna Emma Kornik, geboren am 10. Januar 1888. Auf der Heiratsurkunde ist sein Wohnort mit Chambers Lane, London, GB angegeben. Am 6. April 1906 kam in Willesdey, London die gemeinsame Tochter Betty Doris auf die Welt.

Joseph und Elise Mandel wurden am 26. Juni 1912 in Berlin geschieden. Elise heiratete danach Alfred Blumenthal. Betty Doris kehrte ebenso wie ihre Eltern nach Berlin zurück und heiratete 1930 den Korrespondenten Dr. Alfred Fritz Meyer. Sie selbst arbeitete als Korsett- und Büstenhalter Näherin.

Das Ehepaar Meyer wurde am 18. Oktober 1941, im selben Transport mit Elise Blumenthal in das Ghetto Łódź verschleppt und dort ums Leben gebracht. In Berlin hatten sie vor der Deportation zusammen in der Schöneberger Lindauer Straße 8 gewohnt.

Wann Joseph Mandel Chana (Johanna) Goldsand heiratete, ist nicht bekannt. Das Ehepaar hatte vermutlich kein gemeinsames Kind.

Nach Einträgen in den Berliner Adressbüchern war Joseph Mandel von Beruf Kaufmann. Von 1937 bis 1938 arbeitete er in der Landwehrstrasse, vormals Judengasse, in einem Schuhgeschäft. Nach schweren Zerstörungen im 2. Weltkrieg wurde die Landwehrstraße durch die heutige Mollstraße überbaut.

Das Ehepaar wurde in den gemeinsamen Jahren in der Nachodstraße häufig von Josephs Neffen Henry van der Walde, dem Sohn seiner Schwester Rosa besucht. In seinen Memoiren beschreibt er das Ehepaar in lebhaften Details:

“Zuletzt gab es noch JOSEPH (Spitzname Jupp), der Bruder von Mutter, der mit seiner zweiten Ehefrau Hanna [sic] in Berlin wohnte. Er wurde zuvor mit der Tochter eines Rabbiners in London verheiratet und hatte eine Tochter mit ihr. Seine zweite Ehe war kinderlos und seine Frau, die Hauptkassiererin des größten Kaufhauses in Berlin, verdiente das Geld, obwohl er ab und zu als Kleidungskaufmann arbeitete. Er genoss das gute Leben und ich war regelmäßig sonntags in ihrer Wohnung als Gast. Er hat gekocht, und sie waren beide sehr gut zu mir. Er war ein Kettenraucher, ein Dandy und ein sehr sensibler Mensch. Die Machtübernahme von Hitler schränkte seinen Lebensstil ein, und er hat sich 1938 vergiftet, als er die Nachrichten vom NS-Einmarsch in Österreich erfahren hat. Meine Tante lebte noch, als ich Deutschland verlassen habe, und ich kann ihr Schicksal erraten.

Diese Stadt bot sehr viel für die Freizeit, hatte eine schöne Umgebung mit Seen und Wäldern, sodass ein Mangel von Geld keine große Einschränkung darstellte. Die meisten Sonntage war ich zu Gast bei meinem Onkel Joseph (Jupp) zum Mittagessen, oft bis abends, wenn er uns zu Kaffee und Kuchen in das Hotel Bristol Unter den Linden einlud. Dort gab es einen riesigen Saal mit sanfter Musik, wo die Leute gesehen werden wollten. (Ich habe einmal den spektakulären Auftritt des Tenors Richard Tauber und seiner damaligen Freundin beim Betreten des Saals dort erlebt.) Tante Hannchen [Spitzname Chana] war ein hoffnungsloser Fall in der Küche und Jupp kümmerte sich immer um das Kochen. (Sie war die Hauptkassiererin im größten Kaufhaus der Stadt, Herman Tietz.) Der Sonntagsbraten war ausnahmslos Truthahn.
...
Mein Onkel Josef (‘Jupp’, der einzige Bruder von Mutter), der mir so viel Gastfreundschaft entgegengebracht hat, kam nicht mehr zurecht und hat sich 1938, einen Tag nach dem Anschluss Österreichs, umgebracht.

Ich habe auch nicht mehr von ‘Hannchen’, der Witwe von Onkel Jupp, gehört.”

Am 14. März 1938 nahm sich Joseph Mandel in seiner Wohnung in der Nachodstraße 20 das Leben. Am 17. März 1938 wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Weissensee beerdigt, sein Grab hat die Nummer 97882.

Joseph Mandel kam am 10. Juni 1874 als Sohn von Leopold Mandel und dessen Ehefrau Juli geb. Blaustein in Lippstadt zur Welt. Die Mandels gehörten zu den bekannten jüdischen Familien in Linz am Rhein. Vater Leopold Mandel war Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde.

Joseph hatte sechs Schwestern: Bettie (*1864), gestorben 1907; Alma (*1866), ermordet in Theresienstadt; Thekla (*1868), ermordet in Gurs; Hanna (*1870), gestorben 1931; Rosa (*1872), ermordet in Chelmno und Hermine (*1876), gestorben 1959.

Von 1884 bis 1889 besuchte Joseph Mandel das Progymnasium in Linz. 1890 fing er mit seiner Ausbildung als Lehrer in Hannover an. Irgendwann später zog er nach London, wo seine Schwester Hermine und ihr Mann Julius Norden zu dieser Zeit wohnten. Am 10. Juni 1905 heiratete Joseph in Berlin seine erste Frau Elise Johanna Emma Kornik, geboren am 10. Januar 1888. Auf der Heiratsurkunde ist sein Wohnort mit Chambers Lane, London, angegeben. Am 6. April 1906 kam in Willesdey, London, die gemeinsame Tochter Betty Doris auf die Welt.

Joseph und Elise Mandel wurden am 26. Juni 1912 in Berlin geschieden. Elise heiratete danach Alfred Blumenthal. Die Tochter Betty Doris lebte, ebenso wie ihre Eltern, in Berlin und heiratete 1930 den Korrespondenten Dr. Alfred Fritz Meyer. Sie arbeitete als Korsett- und Büstenhalter-Näherin. Vor ihrer Deportation lebte sie mit ihrem Mann und ihrer Mutter Elise Blumenthal in der Lindauer Straße 8 in Schöneberg. Das Ehepaar Meyer wurde am 18. Oktober 1941, im selben Transport wie Elise Blumenthal, in das Ghetto Łódź verschleppt und dort ums Leben gebracht.

Wann Joseph Mandel seine zweite Frau Chana (Johanna) Goldsand heiratete, ist nicht genau bekannt. Im Jüdischen Adressbuch 1931 sind die Eheleute Joseph und Chana Mandel aufgeführt unter der Anschrift Bürknerstraße 18 in Neukölln. Später zogen sie um in die Nachodstraße 20. Sie hatten vermutlich kein gemeinsames Kind.

Nach Einträgen in den Berliner Adressbüchern war Joseph Mandel von Beruf Kaufmann. Von 1937 bis 1938 arbeitete er in der Landwehrstraße, vormals Judengasse, in einem Schuhgeschäft. Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Landwehrstraße durch die heutige Mollstraße überbaut.

Das Ehepaar wurde in den gemeinsamen Jahren in der Nachodstraße häufig von Josephs Neffen Henry van der Walde, dem Sohn seiner Schwester Rosa, besucht. In seinen Memoiren beschreibt er das Ehepaar in lebhaften Details:

„Zuletzt gab es noch JOSEPH (Spitzname Jupp), der Bruder von Mutter, der mit seiner zweiten Ehefrau Hanna [sic] in Berlin wohnte. Er wurde zuvor mit der Tochter eines Rabbiners in London verheiratet und hatte eine Tochter mit ihr. Seine zweite Ehe war kinderlos und seine Frau, die Hauptkassiererin des größten Kaufhauses in Berlin, verdiente das Geld, obwohl er ab und zu als Kleidungskaufmann arbeitete. Er genoss das gute Leben und ich war regelmäßig sonntags in ihrer Wohnung als Gast. Er hat gekocht, und sie waren beide sehr gut zu mir. Er war ein Kettenraucher, ein Dandy und ein sehr sensibler Mensch. Die Machtübernahme von Hitler schränkte seinen Lebensstil ein, und er hat sich 1938 vergiftet, als er die Nachrichten vom NS-Einmarsch in Österreich erfahren hat. Meine Tante lebte noch, als ich Deutschland verlassen habe, und ich kann ihr Schicksal erraten.

[…]

Diese Stadt [Berlin] bot sehr viel für die Freizeit, hatte eine schöne Umgebung mit Seen und Wäldern, sodass ein Mangel von Geld keine große Einschränkung darstellte. Die meisten Sonntage war ich zu Gast bei meinem Onkel Joseph (Jupp) zum Mittagessen, oft bis abends, wenn er uns zu Kaffee und Kuchen in das Hotel Bristol Unter den Linden einlud. Dort gab es einen riesigen Saal mit sanfter Musik, wo die Leute gesehen werden wollten. (Ich habe einmal den spektakulären Auftritt des Tenors Richard Tauber und seiner damaligen Freundin beim Betreten des Saals dort erlebt.) Tante Hannchen [Spitzname Chana] war ein hoffnungsloser Fall in der Küche und Jupp kümmerte sich immer um das Kochen. (Sie war die Hauptkassiererin im größten Kaufhaus der Stadt, Herman Tietz.) Der Sonntagsbraten war ausnahmslos Truthahn.

[...]

Mein Onkel Josef (‚Jupp‘, der einzige Bruder von Mutter), der mir so viel Gastfreundschaft entgegengebracht hat, kam nicht mehr zurecht und hat sich 1938, einen Tag nach dem Anschluss Österreichs, umgebracht. […] Ich habe auch nicht mehr von ‚Hannchen‘, der Witwe von Onkel Jupp, gehört.“

Am 14. März 1938 nahm sich Joseph Mandel in seiner Wohnung in der Nachodstraße 20 das Leben. Ob der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich oder möglicherweise eine bevorstehende Verhaftung durch die Gestapo das Motiv war, bleibt im Dunkeln. Am 17. März 1938 wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt, sein Grab hat die Nummer 97882.eissensee beerdigt, sein Grab hat die Nummer 97882.