Elisabeth Lichtenstein geb. Schoenwald

Verlegeort
Nassauische Str. 16 A
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
22. Oktober 2009
Geboren
30. November 1879 in Breslau (Schlesien) / Wrocław
Deportation
am 24. Juli 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
16. April 1943 im Ghetto Theresienstadt
Biografie

Elisabeth Schönwald wurde am 30. November 1879 in Breslau geboren. Ihr Vater war der Kaufmann Paul Pincus Schönwald (geboren am 21. Januar 1846), Sohn eines Webermeisters aus Lublinitz. Ihre Mutter Sara Schönwald geborene Moses (geboren am 10. Dezember 1851), die Tochter eines jüdischen Kantors, stammte aus Schroda (Środa) im Osten der Provinz Posen. Sie hatten am 12. Dezember 1877 in Lublinitz geheiratet. Ihre ein Jahr ältere Schwester hieß Rosa (geboren am 8. Oktober 1878). 1880 kam ihr Bruder Kurt, 1881 Ernst (geboren am 24. Mai 1881) und 1884 Erich zur Welt. 

Über Elisabeths Kindheit und Jugend konnte nichts recherchiert werden. Es ist anzunehmen, dass sie wie ihre Schwester Rosa Modistin wurde und später das Geschäft ihrer Schwester in Breslau übernahm. 

Wann und wo Elisabeth den Kaufmann Max Lichtenstein (geboren am 9. August 1869 in Ratibor (Racibórz)) kennenlernte, ist nicht bekannt. Am 5. September 1923 heirateten sie in Berlin-Schöneberg. Elisabeth war damals schon 43 und Max 54 Jahre alt.

Die Geschäftsinhaberin Elisabeth Schönwald wohnte damals in Berlin-Schöneberg in der Schwäbischen Straße 27. Der kaufmännische Angestellte Max Lichtenstein lebte zum Zeitpunkt der Heirat in Fredersdorf an der Ostbahn in der Nähe Berlins. Sein Bruder Dr. med. Hermann Lichtenstein praktizierte in Breslau, sodass anzunehmen ist, dass die Familien Schönwald und Lichtenstein sich aus Breslau kannten.

Ihre Trauzeugen waren der 39-jährige Apotheker Siegfried Falk aus der Königin-Augusta-Straße 50 in Berlin-Tiergarten, der auch aus Breslau stammte, und Elisabeths Bruder, der Kaufmann Ernst Schönwald, der damals in der Bozener Straße 9 in Berlin-Schöneberg wohnte.

1927 zogen Max und Elisabeth in die Nassauische Straße 16a in eine komfortable 3-Zimmer-Wohnung im 4. Stock des Vorderhauses mit Fahrstuhl. Hier wohnten die beiden auch noch bei der „Minderheiten-Volkszählung“ am 17. Mai 1939. Noch im gleichen Jahr, am 4. September 1939, starb Max mit 70 Jahren an Herzschlagaderverkalkung und Herzschwäche. Elisabeth wurde mit 60 Jahren Witwe. Von der Reichsversicherungsanstalt bekam sie eine Witwenrente von 32 RM, die bei weitem nicht ausreichte, um die Miete in Höhe von 120 RM zu bezahlen. Sie bot deshalb zwei Zimmer ihrer Wohnung zur Untermiete an. 

In das größere Zimmer von 27 qm zog das Ehepaar Ernst (*1895) und Erna (*1902) Rosenau . Für dieses Zimmer erhielt Elisabeth 60 RM. Laura Guttentag (*1867) mietete ein 18 qm großes Zimmer für 50 RM.

1940 hatte Elisabeth noch ein Gesamtvermögen von 4.927 RM. 1941 blieben ihr noch ca. 2.100 RM. Als sie kurz vor ihrer Deportation1942 ihre Vermögenserklärung ausfüllte, gab sie ein Guthaben von 165,80 RM bei der Deutschen Bank an.

Sie teilte dort ebenfalls mit: „Untermieter stehen in Arbeit und wandern nicht mit ab.“ 

Am 20. Juli 1942 unterschrieb sie die Vermögenserklärung, die ihr am 23. Juli in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 in Berlin zugestellt wurde. Am 24. Juli 1942 wurde sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort lebte sie noch gut acht Monate. 

Am 3. Oktober 1942 wurde ihre 75-jährige Untermieterin Laura Guttentag mit dem 3. Großen Alterstransport auch in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Die Untermieter Ernst und Erna Rosenau folgten am 17. März 1943 nach Theresienstadt. 

Aufgrund der unmenschlichen Zustände im Ghetto starb Elisabeth Lichtenstein geborene Schönwald am 16. April 1943 mit 63 Jahren. 

Der Untermieter Ernst Rosenau wurde in Auschwitz ermordet. Seine Frau Erna Rosenau sowie Laura Guttentag haben Theresienstadt überlebt.

Text und Recherche: Gundula Meiering, Januar 2025