Ida Weile geb. Krakauer

Verlegeort
Planufer 89 -90
Historischer Name
Planufer 89-90
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Geboren
03. April 1872 in Löwen (Schlesien) / Lewin Brzeski
Beruf
Kauffrau
Deportation
am 01. November 1941 nach Łódź / Litzmannstadt
Später deportiert
am 09. Mai 1942 nach Chełmno / Kulmhof
Ermordet
09. Mai 1942 in Chełmno / Kulmhof

Im Jahr 1872 wurde Ida Weile in Schlesien im Ort Löwen als Ida Krakauer geboren, ihre Schwester Meta kam ein Jahr später zur Welt. Ihre Eltern waren Isaak Krakauer und Ottilie Krakauer, geb. Glaser. Wann die Familie Krakauer nach Berlin umgesiedelt ist und mit welchen Familienmitgliedern, war nicht in der Akte im Berliner Landesarchiv vermerkt. Ida heiratete den Kaufmann Julius Weile, mit dem sie zwei Kinder hatte. Die Familie lebte in Kreuzberg, Planufer 89-90, zweite Etage. Ida Weile betrieb seit 1904 unter ihrem eigenen Namen eine Pelzwarenhandlung in der Dresdener Straße 119, ganz in der Nähe der Wohnung. Ihr Mann Julius starb vermutlich im Jahr 1925. Bis 1938 konnte Ida Weile ihr Pelzgeschäft noch aufrechterhalten, danach ist sie nur noch als Witwe, wohnhaft Planufer 89-90 im Adressbuch eingetragen. Ihr Sohn Friedrich Weile und ihre Tochter Kaete Großmann emigrierten beide vor Beginn der Deportationen nach Palästina. Ida hatte vielleicht nicht den Mut, in einem fremden Land noch einmal neu anzufangen, oder es fehlte einfach das nötige Geld. Vielleicht wollte sie ihren Kindern auch erst später folgen.<br />
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Ida Weile lebte weiter in ihrer Vier-Zimmer-Wohnung am Planufer 89-90, ihre Schwester Meta Krakauer wohnte zuletzt bei ihr. Sie hatte außerdem einen jüdischen Untermieter namens Translateur. Die Wohnung bestand neben den vier Zimmern aus Flur, Bad, Toilette, Küche, Kammer, Keller, Balkon und Dachboden.<br />
<br />
Am 25. Oktober 1941 musste Ida ihre Vermögenserklärung ausfüllen. Sie machte dies mit größter Sorgfalt. Zum Kücheninventar gab sie zum Beispiel an: ein Küchenschrank, ein Tisch, ein Bügeleisen, ein Küchenstuhl, ein Kohlenkasten, eine Leiter, eine Waage, ein Wasserkocher und zehn Kochtöpfe. Vielleicht hatte sie die Hoffnung, dass sie ihre Sachen eines Tages zurückerhält oder schnellstens nachgeschickt bekommt. Da Ida mit einem der ersten Deportationstransporte abgeholt wurde, wusste sie bestimmt nicht, dass sie in den sicheren Tod fährt. Zumal man die Deportation als „Umsiedlung in den Osten“ tarnte.<br />
<br />
Ida besaß eine Vielzahl von Gegenständen, die in den Vermögensakten der späteren Jahre nicht mehr zu finden sind. So gibt sie zum Beispiel ein Theaterglas, ein Gesellschaftskleid, ein Seidenkleid, zwei Wintermäntel, ein Bild und zwei weitere Kunstgegenstände an. Vermutlich ist Ida gern ins Theater oder Konzert gegangen oder zu anderen gesellschaftlichen Anlässen, als das jüdischen Mitbürgern noch erlaubt war. Außerdem gab sie in ihrer Vermögenserklärung Wertpapiere in Höhe von 120 RM und eine Versicherung im Wert von 3000 RM an. Ida ist verhältnismäßig wohlhabend gewesen.<br />
<br />
Sechs Tage nach dem Ausfüllen der Vermögenserklärung wurde Ida Weile am 1. November 1941, zusammen mit ihrer Schwester Meta, in das Ghetto Lodz deportiert. Das letzte Lebenszeichen von ihr ist ihre Unterschrift unter ihrer Vermögenserklärung. An diese Erklärung ist eine lange Ausführung von Gesetzen angefügt. Diese sollte zeigen, dass das Verbrechen Legitimation besaß. Von Lodz aus wurden Ida Weile und Meta Krakauer am 9. Mai 1942 ins Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) gebracht und ermordet.<br />
<br />
Die Akte beim Oberfinanzpräsidenten wurde auch nach Idas Tod weitergeführt. Der Vermieter der Wohnung forderte noch die Miete für den Monat November, obwohl Frau Weile dort schon deportiert worden war. Außerdem wollten die Gasag und die Bewag offene Rechnungen bezahlt haben. Aus der Akte ist ersichtlich, dass ein Jahr nach Idas Deportation ihr Vater verstorben ist. Er hinterließ ein Testament. Der Bruder von Ida versuchte, seinen Erbschaftsanteil zu erhalten. Es ist ihm nach einem langen Behördenstreit gelungen. Die Akte von Ida Weile wurde bis zum Jahr 1967 immer wieder angefordert und eingesehen, wahrscheinlich auch von ihren Kindern.<br />
<br />
Das Aktenstudium hat mich sehr erschüttert. Das Leid der Menschen ist für mich unvorstellbar. Ich glaube nicht, dass man es nachempfinden kann. Unfassbar war für mich die Behördenarbeit, mit welcher Härte und Gefühllosigkeit die deutschen Beamten ihre Arbeit gemacht haben. Noch Jahre nach dem Tod Idas wurde Geld von der Toten gefordert.

Im Jahr 1872 wurde Ida Weile in Schlesien im Ort Löwen als Ida Krakauer geboren, ihre Schwester Meta kam ein Jahr später zur Welt. Ihre Eltern waren Isaak Krakauer und Ottilie Krakauer, geb. Glaser. Wann die Familie Krakauer nach Berlin umgesiedelt ist und mit welchen Familienmitgliedern, war nicht in der Akte im Berliner Landesarchiv vermerkt. Ida heiratete den Kaufmann Julius Weile, mit dem sie zwei Kinder hatte. Die Familie lebte in Kreuzberg, Planufer 89-90, zweite Etage. Ida Weile betrieb seit 1904 unter ihrem eigenen Namen eine Pelzwarenhandlung in der Dresdener Straße 119, ganz in der Nähe der Wohnung. Ihr Mann Julius starb vermutlich im Jahr 1925. Bis 1938 konnte Ida Weile ihr Pelzgeschäft noch aufrechterhalten, danach ist sie nur noch als Witwe, wohnhaft Planufer 89-90 im Adressbuch eingetragen. Ihr Sohn Friedrich Weile und ihre Tochter Kaete Großmann emigrierten beide vor Beginn der Deportationen nach Palästina. Ida hatte vielleicht nicht den Mut, in einem fremden Land noch einmal neu anzufangen, oder es fehlte einfach das nötige Geld. Vielleicht wollte sie ihren Kindern auch erst später folgen.

Ida Weile lebte weiter in ihrer Vier-Zimmer-Wohnung am Planufer 89-90, ihre Schwester Meta Krakauer wohnte zuletzt bei ihr. Sie hatte außerdem einen jüdischen Untermieter namens Translateur. Die Wohnung bestand neben den vier Zimmern aus Flur, Bad, Toilette, Küche, Kammer, Keller, Balkon und Dachboden.

Am 25. Oktober 1941 musste Ida ihre Vermögenserklärung ausfüllen. Sie machte dies mit größter Sorgfalt. Zum Kücheninventar gab sie zum Beispiel an: ein Küchenschrank, ein Tisch, ein Bügeleisen, ein Küchenstuhl, ein Kohlenkasten, eine Leiter, eine Waage, ein Wasserkocher und zehn Kochtöpfe. Vielleicht hatte sie die Hoffnung, dass sie ihre Sachen eines Tages zurückerhält oder schnellstens nachgeschickt bekommt. Da Ida mit einem der ersten Deportationstransporte abgeholt wurde, wusste sie bestimmt nicht, dass sie in den sicheren Tod fährt. Zumal man die Deportation als „Umsiedlung in den Osten“ tarnte.

Ida besaß eine Vielzahl von Gegenständen, die in den Vermögensakten der späteren Jahre nicht mehr zu finden sind. So gibt sie zum Beispiel ein Theaterglas, ein Gesellschaftskleid, ein Seidenkleid, zwei Wintermäntel, ein Bild und zwei weitere Kunstgegenstände an. Vermutlich ist Ida gern ins Theater oder Konzert gegangen oder zu anderen gesellschaftlichen Anlässen, als das jüdischen Mitbürgern noch erlaubt war. Außerdem gab sie in ihrer Vermögenserklärung Wertpapiere in Höhe von 120 RM und eine Versicherung im Wert von 3000 RM an. Ida ist verhältnismäßig wohlhabend gewesen.

Sechs Tage nach dem Ausfüllen der Vermögenserklärung wurde Ida Weile am 1. November 1941, zusammen mit ihrer Schwester Meta, in das Ghetto Lodz deportiert. Das letzte Lebenszeichen von ihr ist ihre Unterschrift unter ihrer Vermögenserklärung. An diese Erklärung ist eine lange Ausführung von Gesetzen angefügt. Diese sollte zeigen, dass das Verbrechen Legitimation besaß. Von Lodz aus wurden Ida Weile und Meta Krakauer am 9. Mai 1942 ins Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) gebracht und ermordet.

Die Akte beim Oberfinanzpräsidenten wurde auch nach Idas Tod weitergeführt. Der Vermieter der Wohnung forderte noch die Miete für den Monat November, obwohl Frau Weile dort schon deportiert worden war. Außerdem wollten die Gasag und die Bewag offene Rechnungen bezahlt haben. Aus der Akte ist ersichtlich, dass ein Jahr nach Idas Deportation ihr Vater verstorben ist. Er hinterließ ein Testament. Der Bruder von Ida versuchte, seinen Erbschaftsanteil zu erhalten. Es ist ihm nach einem langen Behördenstreit gelungen. Die Akte von Ida Weile wurde bis zum Jahr 1967 immer wieder angefordert und eingesehen, wahrscheinlich auch von ihren Kindern.

Das Aktenstudium hat mich sehr erschüttert. Das Leid der Menschen ist für mich unvorstellbar. Ich glaube nicht, dass man es nachempfinden kann. Unfassbar war für mich die Behördenarbeit, mit welcher Härte und Gefühllosigkeit die deutschen Beamten ihre Arbeit gemacht haben. Noch Jahre nach dem Tod Idas wurde Geld von der Toten gefordert.