Friedrich Rudolf Guttstadt

Verlegeort
Reifträgerweg 19
Historischer Name
Augustastraße 19
Bezirk/Ortsteil
Schlachtensee
Verlegedatum
26. April 2013
Geboren
14. Februar 1881 in Berlin
Beruf
Reichswirtschaftsgerichtsrat
Verhaftet
11. November 1938 bis 01. Dezember 1938 in Sachsenhausen
Verstorben an den Folgen von Haft und Folter
08. Januar 1939 in der Wohnung im Reifträgerweg

Friedrich Guttstadt wurde am 14. Februar 1882 als Sohn des Geheimen Medizinalrates Prof. Dr. Albert Guttstadt in Berlin geboren und wuchs in Schöneberg in der Nähe des Nollendorfplatzes auf. Er hatte einen älteren Bruder, Richard Guttstadt, der in Mauthausen bestialisch ermordet wurde und an den in Frankfurt/Oder, Sophienstr. 10, ein Stolperstein erinnert. <br />
<br />
Friedrich Guttstadt besuchte das Falk-Realgymnasium und studierte anschließend Jura. Er verbrachte zumindest die Jahre 1900 bis 1901 als Student in Straßburg, wo er der Akademischen Turnverbindung Cheruscia-Burgund (ATV) beitrat. Dieser Verbindung blieb er ein Leben lang treu, 1906 schloss er sich der Berliner Sektion der Verbindung an und 1911 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Alte-Herren-Verbandes. <br />
<br />
Friedrich Guttstadt nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Er hatte 1916 eine Stelle als Amtsrichter in Bochum inne. Dort heiratete er 1919 die zwei Jahre jüngere Margarete Lipinski, Tochter eines Brauereidirektors aus Bochum, die gerade ihr Staatsexamen als Lehrerin abgeschlossen hatte. 1920 und 1922 kamen die Söhne Albert und Gerhard zur Welt. 1923 zog Friedrich Guttstadt mit seiner Familie zurück in seine Geburtsstadt Berlin, 1923 ist er als Landgerichtsrat, wohnhaft in der Landhausstr. 42, im Adressbuch eingetragen. Ab etwa 1925 war er beim Reichswirtschaftsgericht tätig. Ab 1933 wohnte die Familie in der Dallwitzstraße in Zehlendorf.<br />
<br />
Friedrich Guttstadt hatte auch jüdische Vorfahren, er selbst war evangelischer Christ. Wie lange er nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten noch als Richter tätig war, ist bisher nicht bekannt. Aus der ATV Cheruscia-Burgund schied er, ebenso wie weitere Mitglieder mit jüdischen Wurzeln, im Dezember 1934 aus, vermutlich um einem Ausschluss zuvorzukommen.<br />
<br />
Noch im Mai 1934 erwarb Friedrich Guttstadt ein Grundstück, um dort ein Haus zu bauen; im Sommer 1935 konnte die Familie ihr neues Heim in der Augustastr. 19 in Nikolassee, dem heutigen Reifträgerweg, beziehen. Doch immer mehr hatten auch die Guttstadts unter dem alltäglichen Rassismus zu leiden. Der ältere Sohn Albert wurde zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Im Oktober 1938 wurde er bei Arbeiten im Saargebiet lebensgefährlich verletzt. Über die darauf folgenden Wochen hat Margarete Guttstadt 1947 in einem Brief an eine Verwandte ausführlich berichtet: <br />
<br />
„… ich sprach telefonisch mit meinem Mann, dass ich meinen Jungen in ein Berliner Krankenhaus bringen würde. [...] in Berlin wollte mein Mann auf uns warten mit Helfern vom Krankenhaus. An dem Morgen, als ich nach Berlin kam mit meinem kranken Jungen, war mein Mann nicht auf dem Bahnhof. In derselben Nacht hatte ihn die Gestapo in das Konzentrationslager gebracht und ich wusste nicht, wo er war …<br />
<br />
Ich ging, um meinen Mann zu suchen, in das Konzentrationslager nahe Berlin. Sie wollten mich nicht hinein lassen. Aber ich erreichte es durch eine Lüge hineinzukommen: Ich sagte, ich komme von der englischen Presse und muss den Kommandeur sprechen. Ich habe einen Brief für ihn. (Den Brief hatte ich selbst geschrieben.) Sie gaben mir zwei SS-Männer mit Gewehren über den Schultern und sie brachten mich zum Adjutanten des Kommandeurs. Ich fragte ihn nach meinem Mann, der von der Gestapo weggebracht worden war. Als er hörte, dass ich nicht von der „englischen Presse“ kam (Ich hatte diese Lüge gewählt, weil ich durch Zufall gehört hatte, dass er die Englische Presse an dem Tag besuchte.), wollte er mich erschießen, aber ich erzählte ihm, er könnte mir meinen Mann geben und ich würde ihm meine Juwelen geben … Schließlich kam mein Mann. Drei Wochen war er im Lager, aber er war gebrochen und starb kurze Zeit später. Niemals kann ich seine trostlosen Augen vergessen. Er war ganz gesund und in bester Gesundheit, als ich ihn zuletzt sah, als er mich zum Zug nach Saarbrücken brachte, er war ein gebrochener und kranker Mann, als er aus dem K.Lager kam. 7 Monate lag mein Sohn im Krankenhaus, aber ich freue mich – er war gerettet.“<br />
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Quellen:<br />
<br />
<a href=http://guttstadt.eu/GG/Friedrich-1… />
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Jürgen Boeckh: Zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Erinnerungen eines jungen Christen 1933–1945, Berlin 2005

Friedrich Guttstadt wurde am 14. Februar 1882 als Sohn des Geheimen Medizinalrates Prof. Dr. Albert Guttstadt in Berlin geboren und wuchs in Schöneberg in der Nähe des Nollendorfplatzes auf. Er hatte einen älteren Bruder, Richard Guttstadt, der in Mauthausen bestialisch ermordet wurde und an den in Frankfurt/Oder, Sophienstr. 10, ein Stolperstein erinnert.

Friedrich Guttstadt besuchte das Falk-Realgymnasium und studierte anschließend Jura. Er verbrachte zumindest die Jahre 1900 bis 1901 als Student in Straßburg, wo er der Akademischen Turnverbindung Cheruscia-Burgund (ATV) beitrat. Dieser Verbindung blieb er ein Leben lang treu, 1906 schloss er sich der Berliner Sektion der Verbindung an und 1911 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Alte-Herren-Verbandes.

Friedrich Guttstadt nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Er hatte 1916 eine Stelle als Amtsrichter in Bochum inne. Dort heiratete er 1919 die zwei Jahre jüngere Margarete Lipinski, Tochter eines Brauereidirektors aus Bochum, die gerade ihr Staatsexamen als Lehrerin abgeschlossen hatte. 1920 und 1922 kamen die Söhne Albert und Gerhard zur Welt. 1923 zog Friedrich Guttstadt mit seiner Familie zurück in seine Geburtsstadt Berlin, 1923 ist er als Landgerichtsrat, wohnhaft in der Landhausstr. 42, im Adressbuch eingetragen. Ab etwa 1925 war er beim Reichswirtschaftsgericht tätig. Ab 1933 wohnte die Familie in der Dallwitzstraße in Zehlendorf.

Friedrich Guttstadt hatte auch jüdische Vorfahren, er selbst war evangelischer Christ. Wie lange er nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten noch als Richter tätig war, ist bisher nicht bekannt. Aus der ATV Cheruscia-Burgund schied er, ebenso wie weitere Mitglieder mit jüdischen Wurzeln, im Dezember 1934 aus, vermutlich um einem Ausschluss zuvorzukommen.

Noch im Mai 1934 erwarb Friedrich Guttstadt ein Grundstück, um dort ein Haus zu bauen; im Sommer 1935 konnte die Familie ihr neues Heim in der Augustastr. 19 in Nikolassee, dem heutigen Reifträgerweg, beziehen. Doch immer mehr hatten auch die Guttstadts unter dem alltäglichen Rassismus zu leiden. Der ältere Sohn Albert wurde zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Im Oktober 1938 wurde er bei Arbeiten im Saargebiet lebensgefährlich verletzt. Über die darauf folgenden Wochen hat Margarete Guttstadt 1947 in einem Brief an eine Verwandte ausführlich berichtet:

„… ich sprach telefonisch mit meinem Mann, dass ich meinen Jungen in ein Berliner Krankenhaus bringen würde. [...] in Berlin wollte mein Mann auf uns warten mit Helfern vom Krankenhaus. An dem Morgen, als ich nach Berlin kam mit meinem kranken Jungen, war mein Mann nicht auf dem Bahnhof. In derselben Nacht hatte ihn die Gestapo in das Konzentrationslager gebracht und ich wusste nicht, wo er war …

Ich ging, um meinen Mann zu suchen, in das Konzentrationslager nahe Berlin. Sie wollten mich nicht hinein lassen. Aber ich erreichte es durch eine Lüge hineinzukommen: Ich sagte, ich komme von der englischen Presse und muss den Kommandeur sprechen. Ich habe einen Brief für ihn. (Den Brief hatte ich selbst geschrieben.) Sie gaben mir zwei SS-Männer mit Gewehren über den Schultern und sie brachten mich zum Adjutanten des Kommandeurs. Ich fragte ihn nach meinem Mann, der von der Gestapo weggebracht worden war. Als er hörte, dass ich nicht von der „englischen Presse“ kam (Ich hatte diese Lüge gewählt, weil ich durch Zufall gehört hatte, dass er die Englische Presse an dem Tag besuchte.), wollte er mich erschießen, aber ich erzählte ihm, er könnte mir meinen Mann geben und ich würde ihm meine Juwelen geben … Schließlich kam mein Mann. Drei Wochen war er im Lager, aber er war gebrochen und starb kurze Zeit später. Niemals kann ich seine trostlosen Augen vergessen. Er war ganz gesund und in bester Gesundheit, als ich ihn zuletzt sah, als er mich zum Zug nach Saarbrücken brachte, er war ein gebrochener und kranker Mann, als er aus dem K.Lager kam. 7 Monate lag mein Sohn im Krankenhaus, aber ich freue mich – er war gerettet.“

Quellen:

http://guttstadt.eu/GG/Friedrich-1....

Jürgen Boeckh: Zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Erinnerungen eines jungen Christen 1933–1945, Berlin 2005