Ilse Friedrichs geb. Kadisch

Verlegeort
Segitzdamm 10
Historischer Name
Luisenufer 34
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
26. April 2014
Geboren
19. Juni 1898 in Golub-Dobrzyń / Gollub (Westpreußen)
Beruf
Apothekerin
Flucht
1939 Flucht nach Shanghai
Überlebt
13. April 1980 in Montclair, New Jersey, USA

Ilse Kadisch wurde am 19. Juni 1898 in Gollub in Westpreußen geboren. Nachdem durch den Versailler Vertrag 1919/20 Teile Westpreußens und damit auch Gollub an den polnischen Staat fielen, entschied sich die Familie Kadisch, nach Berlin zu gehen.<br />
<br />
Ilse war inzwischen Apothekerin geworden und heiratete im März 1922 den jungen Arzt Dr. Theodor Friedrichs, der gerade seine Approbation erhalten hatte und nun als Allgemeinpraktiker und Geburtshelfer in Kreuzberg tätig war: zunächst in der Mariannenstraße 33, dann in der Britzer Straße 32 (heute Kohlfurter Straße) und zuletzt am Luisenufer 34 (heute Segitzdamm).<br />
<br />
1924 kam der Sohn Heinz Gert, genannt Gertl, und 1926 Rolf Günther, später Frederick Rolf, zur Welt.<br />
<br />
Frederick Rolf erinnert sich an eine glückliche Zeit in der schönen Wohnung am Luisenufer 34 und an die gut gehende Praxis seines Vaters, bis die Nürnberger Rassengesetze die Lebensbedingungen für Juden so schwierig wie möglich machten.<br />
<br />
Im Dezember 1937 wurde Dr. Theodor Friedrichs wegen angeblicher illegaler Abtreibung verhaftet, nach ein paar Tagen aber wieder frei gelassen. Ende 1938 wurde ihm - wie allen jüdischen Ärzten - die Kassenzulassung entzogen.<br />
<br />
Die Familie musste die Wohnung am Luisenufer aufgeben und als Untermieter zu einer Familie in die Stenzelstraße (heute Blissestraße) in Wilmersdorf ziehen. Familie Friedrichs entschied sich, Deutschland zu verlassen.<br />
<br />
Zunächst wurde Rolf Günther im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt, wo er in Bath bei einer sehr verständigen Dame Unterkunft fand. Zwei Wochen später trat Dr. Friedrichs mit seiner Frau und dem älteren Sohn Gert die monatlange Zug- und Seefahrt ins Exil nach Shanghai an. Dort machte ihnen nicht nur das ungewohnte, schwer zu ertragende Klima und die vollkommen fremde Mentalität der Shanghaier zu schaffen, sondern auch die japanische Besatzung, die den jüdischen Emigranten das Leben noch schwerer machte als es ohnehin schon war. Aber es gelang Dr. Friedrichs seinem Beruf nachzugehen, eine Praxis zu eröffnen und einen bescheidenen Unterhalt für seine Familie zu besorgen. Ilse Friedrichs versorgte den Haushalt, half ihrem Mann in der Praxis und ermöglichte der Familie in ihrer liebevollen Weise die Nöte der Emigration erträglich zu machen. Sohn Gert wurde Elektriker, reparierte Haushaltsgeräte und hatte noch eine Nebenbeschäftigung als Pressefotograf für eine Shanghaier Zeitung.<br />
<br />
Nach Kriegsende war Familie Friedrichs klar, dass sie nicht in Shanghai bleiben konnte, aber es gelang ihnen erst im Juni 1947 Visa für die USA zu bekommen. Auch Rolf Günther, der sich nun Frederick Rolf nannte und in Großbritannien eine Schauspielausbildung absolviert hatte, gelang es, in die USA zu emigrieren. Nach neun Jahren konnte die Familie im Februar 1948 ein Wiedersehen in New York feiern. Doch diese Familienzusammenführung war nur ein Happy End für kurze Zeit: Gertl starb 1952 bei einem Autounfall. Er hatte acht Monate zuvor geheiratet. Seine Frau brachte ein halbes Jahr später ein Mädchen zur Welt.<br />
<br />
1948 gelang es Dr. Theodor Friedrichs seine amerikanische Lizenz zu bekommen und er praktizierte weitere 20 Jahre in New York.<br />
<br />
Ilse Friedrichs starb am 13. April 1980 in Montclair, New Jersey - sieben Wochen vor ihrem Mann.<br />
<br />
Sohn Frederick Rolf, der in Amerika erfolgreich als Schauspieler und Regisseur tätig ist, hat die Memoiren seines Vaters, in denen die einzelnen Etappen der demütigenden Vorbereitung zur Zwangsemigration und das Schicksal seiner Familie in Shanghai minutiös nachzulesen sind, ins Englische übersetzt. Das Buch wurde 2007 unter dem Titel “Berlin – Shanghai – New York. My Family’s Flight from Hitler” veröffentlicht.

Ilse Kadisch wurde am 19. Juni 1898 in Gollub in Westpreußen geboren. Nachdem durch den Versailler Vertrag 1919/20 Teile Westpreußens und damit auch Gollub an den polnischen Staat fielen, entschied sich die Familie Kadisch, nach Berlin zu gehen.

Ilse war inzwischen Apothekerin geworden und heiratete im März 1922 den jungen Arzt Dr. Theodor Friedrichs, der gerade seine Approbation erhalten hatte und nun als Allgemeinpraktiker und Geburtshelfer in Kreuzberg tätig war: zunächst in der Mariannenstraße 33, dann in der Britzer Straße 32 (heute Kohlfurter Straße) und zuletzt am Luisenufer 34 (heute Segitzdamm).

1924 kam der Sohn Heinz Gert, genannt Gertl, und 1926 Rolf Günther, später Frederick Rolf, zur Welt.

Frederick Rolf erinnert sich an eine glückliche Zeit in der schönen Wohnung am Luisenufer 34 und an die gut gehende Praxis seines Vaters, bis die Nürnberger Rassengesetze die Lebensbedingungen für Juden so schwierig wie möglich machten.

Im Dezember 1937 wurde Dr. Theodor Friedrichs wegen angeblicher illegaler Abtreibung verhaftet, nach ein paar Tagen aber wieder frei gelassen. Ende 1938 wurde ihm - wie allen jüdischen Ärzten - die Kassenzulassung entzogen.

Die Familie musste die Wohnung am Luisenufer aufgeben und als Untermieter zu einer Familie in die Stenzelstraße (heute Blissestraße) in Wilmersdorf ziehen. Familie Friedrichs entschied sich, Deutschland zu verlassen.

Zunächst wurde Rolf Günther im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt, wo er in Bath bei einer sehr verständigen Dame Unterkunft fand. Zwei Wochen später trat Dr. Friedrichs mit seiner Frau und dem älteren Sohn Gert die monatlange Zug- und Seefahrt ins Exil nach Shanghai an. Dort machte ihnen nicht nur das ungewohnte, schwer zu ertragende Klima und die vollkommen fremde Mentalität der Shanghaier zu schaffen, sondern auch die japanische Besatzung, die den jüdischen Emigranten das Leben noch schwerer machte als es ohnehin schon war. Aber es gelang Dr. Friedrichs seinem Beruf nachzugehen, eine Praxis zu eröffnen und einen bescheidenen Unterhalt für seine Familie zu besorgen. Ilse Friedrichs versorgte den Haushalt, half ihrem Mann in der Praxis und ermöglichte der Familie in ihrer liebevollen Weise die Nöte der Emigration erträglich zu machen. Sohn Gert wurde Elektriker, reparierte Haushaltsgeräte und hatte noch eine Nebenbeschäftigung als Pressefotograf für eine Shanghaier Zeitung.

Nach Kriegsende war Familie Friedrichs klar, dass sie nicht in Shanghai bleiben konnte, aber es gelang ihnen erst im Juni 1947 Visa für die USA zu bekommen. Auch Rolf Günther, der sich nun Frederick Rolf nannte und in Großbritannien eine Schauspielausbildung absolviert hatte, gelang es, in die USA zu emigrieren. Nach neun Jahren konnte die Familie im Februar 1948 ein Wiedersehen in New York feiern. Doch diese Familienzusammenführung war nur ein Happy End für kurze Zeit: Gertl starb 1952 bei einem Autounfall. Er hatte acht Monate zuvor geheiratet. Seine Frau brachte ein halbes Jahr später ein Mädchen zur Welt.

1948 gelang es Dr. Theodor Friedrichs seine amerikanische Lizenz zu bekommen und er praktizierte weitere 20 Jahre in New York.

Ilse Friedrichs starb am 13. April 1980 in Montclair, New Jersey - sieben Wochen vor ihrem Mann.

Sohn Frederick Rolf, der in Amerika erfolgreich als Schauspieler und Regisseur tätig ist, hat die Memoiren seines Vaters, in denen die einzelnen Etappen der demütigenden Vorbereitung zur Zwangsemigration und das Schicksal seiner Familie in Shanghai minutiös nachzulesen sind, ins Englische übersetzt. Das Buch wurde 2007 unter dem Titel “Berlin – Shanghai – New York. My Family’s Flight from Hitler” veröffentlicht.