Louis Henoch

Verlegeort
Stendaler Straße 22
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
17. Februar 2022
Geboren
16. November 1880 in Pleschen (Posen) / Pleszew
Beruf
Kaufmann
Deportation
am 16. Juni 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 09. Oktober 1944 nach Auschwitz-Birkenau
Ermordet
in Auschwitz

Die Stolpersteine, die heute hier von Gunter Demnig verlegt wurden, sind bestimmt für Louis und Johanna Henoch, die hier einst mit ihren Zwillingssöhnen Rolf und Freddy gelebt haben.
Louis war einer der 9 Geschwister meiner Uroma Lina. Er wurde am 16. November 1880, in Pleschen bei Posen geboren, welches heute in Polen liegt. Sein Vater Samuel, ein orthodoxer Jude hatte sich auf seiner Wanderschaft aus den SCHUM-Städten in Pleschen als Bäckermeister niedergelassen, da es dort eine große aufstrebende orthodoxe Gemeinde gab. Zusammen mit seiner ersten Frau Maria, die früh verstarb und seiner zweiten Frau Henriette hatte die Familie 10 Kinder. Keiner der Geschwister blieb in dem Ort, vielleicht wegen der strengen religiösen Regeln in der Gemeinde, vielleicht aber auch wegen dem Antisemitismus. Die beginnende Emigration 1880 reduzierte den Anteil der jüdischen Bevölkerung bis Anfang der dreißiger Jahre um 70%.
Drei der Geschwister ließen sich in Berlin nieder und eröffneten Geschäfte für Textil- und Schürzenwaren, Herrenkonfektion, Berufsbekleidung, Schuh- und Lederwaren und ein Tabakgeschäft, welches Louis und Johanna gleich hier um die Ecke, nur eine Minute Fußweg entfernt in der Perleberger Straße 23 betrieben.
Louis Frau Johanna, die am 17. Mai 1886 in Lautenburg in Preußen als Johanna Aronsohn geboren wurde, arbeitete im Geschäft mit, daher gab es für die beiden Zwillingssöhne, welche genau heute vor 102 Jahren, am 17. Februar 1920 geboren wurden ein Kindermädchen, welches den Haushalt führte und Rolf und Freddy beaufsichtigte, wenn Johanna im Laden gebraucht wurde.
Das Geschäft war von morgens um 7.00 Uhr bis abends um 19.00 Uhr geöffnet, hatte aber eine Mittagspause, in der Louis nach Hause zum Essen kam und im Anschluss ein Mittagsschläfchen einlegte, währenddessen die beiden Jungs ihre Hausarbeiten machten.
Die Geschäfte gingen gut, Johanna fuhr mit Rolf und Freddy in den Urlaub an die See oder in die Berge und auch Louis folgte seiner Familie später nach und sie verbrachten ein paar Tage gemeinsam im Familienurlaub.
Es begann die Weltwirtschaftskrise Ende 1929, die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich, der dann folgende Boykott des Nazi-Regimes gegen jüdische Geschäfte verstärkte diesen Zustand zunehmend. 1936 suchte Louis kleinere Räume für sein Tabakgeschäft, 1938 wurde sein Unternehmen liquidiert. Die Familie war ab diesem Zeitpunkt mittellos.
In der Zwischenzeit mussten die Brüder Rolf und Freddy mit 14 Jahren die Schule verlassen, denn jüdischen Kindern war diese verwehrt. Rolf fand eine Ausbildungsstelle als Kaufmann in einer Lederfirma. Der Boykott betraf anfangs nur jüdische Ladengeschäfte, aber nicht sofort die Produktionsfirmen. Er konnte seine Ausbildung dort beenden und arbeitete bis 1938 weiter, denn zu diesem Zeitpunkt wurden alle jüdischen Firmen liquidiert oder arisiert.
Im September 1938 während des Reichsparteitages versuchten Rolf und Freddy Nazi-Deutschland illegal Richtung Holland zu verlassen. Sie wollten zu ihrem Cousin Gerhard und dessen Familie, welchen die Flucht aus Breslau nach Amsterdam gelungen war, sie waren vorerst in Sicherheit. Die beiden Brüder wurden von der Gestapo aufgegriffen, zwei Wochen interniert und wieder den Eltern in Berlin übergeben. Inzwischen erklärten England und die USA sich bereit, Flüchtlinge aufzunehmen, die ein Visum zur Weiterreise in ein anderes Land vorweisen konnten. Dies war die Gelegenheit für Rolf und Freddy am 16. April 1939 nach England auszureisen mit einem Visum in der Tasche für Shanghai.

Louis Henoch war eines von 9 Geschwistern meiner Uroma Lina. Er wurde am 16. November 1880, im preußischen Pleschen (heute in Polen) geboren. Sein Vater Samuel, ein orthodoxer Jude, hatte sich, aus dem Rheingebiet kommend, in Pleschen als Bäckermeister niedergelassen. Dort gab es eine große, aufstrebende orthodoxe Gemeinde. Zusammen mit seiner ersten Frau Maria, die früh verstarb und seiner zweiten Frau Henriette hatte die Familie 10 Kinder. Keines der Geschwister blieb im Ort, vielleicht wegen der strengen religiösen Regeln in der Gemeinde, vielleicht auch wegen des Antisemitismus der Nachbarschaft. Die um 1880 beginnende Emigration reduzierte den Anteil der jüdischen Bevölkerung Pleschens bis Anfang der 1930er Jahre um 70 %.

Drei der Geschwister ließen sich in Berlin nieder und eröffneten Geschäfte für Textil- und Schürzenwaren, Herrenkonfektion, Berufsbekleidung, Schuh- und Lederwaren. Louis gründete ein Tabakgeschäft, welches er in der Nähe seiner Wohnung, Stendaler Str. 22 / Moabit, in der Perleberger Straße 23 betrieb.

Louis Frau Johanna, die am 17. Mai 1886 im preußischen Lautenburg geboren wurde, arbeitete im Geschäft mit. Daher gab es für die beiden Zwillingssöhne, Rolf und Freddy, welche am 17. Februar 1920 geboren wurden, ein Kindermädchen, welches den Haushalt führte und die Kinder beaufsichtigte, wenn Johanna im Laden gebraucht wurde.

Das Geschäft war von morgens um 7.00 Uhr bis abends um 19.00 Uhr geöffnet. Es hatte aber eine Mittagspause, in der Louis nach Hause zum Essen kam und im Anschluss ein Mittagsschläfchen einlegte, währenddessen die beiden Jungs ihre Hausarbeiten machten.
Die Geschäfte gingen gut, Johanna fuhr mit Rolf und Freddy in den Urlaub an die See oder in die Berge und auch Louis folgte seiner Familie, so oft es ging, nach. So verbrachten sie stets ein paar Tage gemeinsam im Familienurlaub.

Es kam die Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich und der ab 1933 folgende Druck des Nazi-Regimes auf jüdische Geschäfte, verstärkte diesen Zustand zunehmend. 1936 suchte Louis kleinere Räume für sein Tabakgeschäft. Schon1938 musste er sich den aggressiven Ausgrenzungen der Nazis gegen jüdische Geschäftsleute beugen und sein Unternehmen aufgeben. Die Familie war ab diesem Zeitpunkt mittellos.

Louis und Johanna versuchten daraufhin alles, um Deutschland verlassen zu können. Aber es fehlte nicht nur an Geld, sondern schlussendlich die Bereitschaft anderer Länder, Jüdinnen und Juden aufzunehmen. Louise, die Schwester von Louis, welche in den USA lebte, stellte alle möglichen Dokumente und Bürgschaften aus, um ihre Verwandten in das Land zu bringen. Doch das nütze alles nichts, die USA hatten die Einreise ausländischer Staatsbürger mit strengen Quoten versehen. Die Möglichkeiten zur Ausreise blieben dem Ehepaar– erst recht, nachdem der Zweite Weltkrieg begonnen hatte und Jüdinnen und Juden ab Oktober 1941 die Ausreise schließlich verboten war – verschlossen.

Louis und Johanna erhielten vermutlich um den 14. Juni 1943 die Benachrichtigung zur Räumung ihrer Wohnung und, darin implizit, ihrer bevorstehenden Deportation. In der Wohnungsberatungsstelle der Jüdischen Gemeinde, Oranienburger Str. 38 gaben die zwei ihren Wohnungsschlüssel, den Mietvertrag und eine Vermögensaufstellung ab. Ihre Wohnung wurde anschließend versiegelt und sie mussten sich in die Sammelstelle in der Levetzowstraße begeben.
Der Bestimmungsort ihres Transports, des sogenannten Alterstransports I/96 vom 16. Juni 1943 mit 429 jüdischen Menschen, war das „Ghetto“ Theresienstadt. Wenige Tage später, am 19. Juni 1943, wurde Berlin vom Gauleiter und Reichsminister Joseph Goebbels als „judenfrei“ deklariert.

Im Juni 1944 erlebten Louis und Johanna die Dreharbeiten für den Film „Theresienstadt – Dokumentarfilm aus dem Jüdischen Siedlungsgebiet“ auch bekannt unter dem Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“. Nachdem der Film fertiggestellt wurde, um dem Ausland gegenüber, den Massenmord der Shoah zu verschleiern, wurden Louis und Johanna in Viehwaggons verladen. Am 09. Oktober 1944 verließ ein Deportationszug Theresienstadt mit dem Ziel Auschwitz-Birkenau. Gleich nach ihrer Ankunft fiel die Entscheidung, dass die beiden nicht weiterleben dürfen.

Den Söhnen Rolf und Freddy gelang, nachdem ein erster Ausreiseversuch in den Fängen der Gestapo geendet hatte, 1939 über England und die USA die Flucht nach Shanghai.

Louis und Johanna waren Nachbarn, Teil der Gesellschaft und wurden unter den Augen der damaligen Berliner Bevölkerung abtransportiert und ausgelöscht. Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.
Die Stolpersteine bringen ihre Namen zurück an den Ort, den sie im Juni 1943 nicht freiwillig verlassen haben.