Leo (Leon) Leser Nussbaum wurde am 25. Februar 1923 geboren.
Wenn er nach seiner Kindheit in Berlin gefragt wurde, erzählte er von der außergewöhnlichen Barmitzvah seines Bruders oder wie die Nussbaums als Familie die jährliche Neujahrsaufführung von Beethovens 9. Sinfonie genossen. Über die Judenverfolgung sprach er nicht.
Als Leo mit elf Jahren in Bulawayo (gelegen in der britischen Kolonie Rhodesien, heute Simbabwe) ankam, war seine Schulkleidung eine Lederhose - völlig ungeeignet für die afrikanische Hitze und die britische Kolonialkultur. Er akklimatisierte sich aber bald und lernte Englisch, obwohl er seine Muttersprache, Deutsch, immer liebte. Er erzählte uns, dass er im Alter von dreizehn Jahren bereits alle Werke von Dickens gelesen hatte. Er besuchte die Milton High School, war ein hervorragender Schüler und erhielt ein Stipendium für ein Medizinstudium an der Universität von Kapstadt. Leo begeisterte sich sowohl für die Wissenschaft als auch für Kunst und Sport. Seine kleine Statur hinderte ihn nicht daran, Rugby zu spielen (Scrum Half) oder zu boxen (Bantamgewicht); außerdem ging er gern angeln und auf Großwildjagd.
Als junger Arzt reiste er ins Vereinigte Königreich und arbeitete als Registrar in Wales, bevor er in Schottland sein MRCP (Member of the Royal College of Physicians) erwarb. Danach kehrte er nach Bulawayo zurück, um als Allgemeinmediziner zu arbeiten. Im Jahr 1951 heiratete er Becky Abraham, eine südafrikanische Musikerin, und sie bekamen drei Kinder - Barbara, Naomi und Judy. Leo war ein engagierter, hart arbeitender Arzt. Die Menschen lobten ihn für seine fachkundigen Diagnosen und seine sanfte Art am Krankenbett. 1962 wurde er Präsident des rhodesischen Zweigs der British Medical Association und nahm an vielen medizinischen Konferenzen teil, auf denen er gelegentlich Vorträge hielt - einer davon wurde in The Lancet (1950) veröffentlicht, ein anderer (über die positiven Auswirkungen des Rotweintrinkens) im Journal of the American Medical Association (1963). Er war außerdem ehrenhalber klinischer Tutor an der Universität von Rhodesien, Mitglied des Rotary Clubs und Spendensammler für das Bulawayo Symphony Orchestra. Zur Entspannung genoss er Geselligkeit, Reisen, Angeln, Kartenspielen und teilte die Liebe zur Musik mit seiner Frau. In einem Jahr waren sie die rhodesischen Bridge-Meister. Vor allem aber war er ein Familienmensch.
1976, als Rhodesien in einen heftigen Bürgerkrieg verwickelt war, beschloss er auszuwandern; er zog Deutschland, Israel, Südafrika und die USA in Betracht - und entschied sich für Houston, Texas. Dort lehrte er mehrere Jahre lang Medizin an der Baylor University, bevor er sich in Fort Worth als Privatarzt niederließ. 1985 hatte sich sein Gesundheitszustand verschlechtert und er konnte nicht mehr arbeiten, so dass er nach Simbabwe zurückkehrte. Einige Monate später starb er und wurde in der Nähe seiner geliebten Eltern Bertha und Oscar auf dem jüdischen Friedhof in Bulawayo begraben.