Leo Nussbaum

Verlegeort
Torstraße 89
Historischer Name
Lothringer Straße 34/35
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
07. Oktober 2023
Geboren
25. Februar 1923 in Berlin
Flucht
1934 England, Südrhodesien
Überlebt

Leo Leser Nussbaum (oder "Leon"), wurde am 25. Februar 1923 geboren. Wenn er nach seiner Kindheit in Berlin gefragt wurde, erzählte er von der außergewöhnlichen Barmitzvah seines Bruders oder wie die Nussbaums als Familie die jährliche Neujahrsaufführung von Beethovens 9. Sinfonie genossen; über die Judenverfolgung sprach er nicht.
Als er mit 11 Jahren in Bulawayo ankam, war seine Schulkleidung eine Lederhose - völlig ungeeignet für die afrikanische Hitze und die britische Kolonialkultur - aber er akklimatisierte sich bald, lernte Englisch, obwohl er seine Muttersprache, Deutsch, immer liebte. Er erzählte uns, dass er im Alter von 13 Jahren bereits alle Werke von Dickens gelesen hatte. Er besuchte die Milton High School, war ein hervorragender Schüler und erhielt ein Stipendium für ein Medizinstudium an der Universität von Kapstadt. Leon begeisterte sich sowohl für die Wissenschaft als auch für Kunst und Sport. Seine kleine Statur hinderte ihn nicht daran, Rugby zu spielen (Scrum Half) oder zu boxen (Bantamgewicht); außerdem ging er gern angeln und auf Großwildjagd.  
Als junger Arzt reiste er ins Vereinigte Königreich und arbeitete als Registrar in Wales, bevor er in Schottland sein MRCP (Member of the Royal College of Physicians) erwarb. Danach kehrte er nach Bulawayo zurück, um als Allgemeinmediziner zu arbeiten. Im Jahr 1951 heiratete er Becky Abraham, eine südafrikanische Musikerin, und sie bekamen drei Kinder - Barbara, Naomi und Judy. Leon war ein engagierter, hart arbeitender Arzt. Die Menschen lobten ihn für seine fachkundigen Diagnosen und seine sanfte Art am Krankenbett.  Er war um 1962 Präsident des rhodesischen Zweigs der British Medical Association und nahm an vielen medizinischen Konferenzen teil, auf denen er gelegentlich Vorträge hielt - einer davon wurde in The Lancet (1950) veröffentlicht, ein anderer (über die positiven Auswirkungen des Rotweintrinkens) im Journal of the American Medical Association (1963). Er war außerdem klinischer Tutor ehrenhalber an der Universität von Rhodesien, Mitglied des Rotary Clubs und Spendensammler für das Bulawayo Symphony Orchestra. Zur Entspannung genoss er Geselligkeit, Reisen, Angeln, Kartenspielen und teilte die Liebe zur Musik mit seiner Frau. In einem Jahr waren sie die rhodesischen Bridge-Meister. Vor allem aber war er ein Familienmensch.
1976, als Rhodesien in einen heftigen Bürgerkrieg verwickelt war, beschloss er auszuwandern; er zog Deutschland, Israel, Südafrika und die USA in Betracht - und entschied sich für Houston, Texas. Dort lehrte er mehrere Jahre lang Medizin an der Baylor University, bevor er sich in Fort Worth als Privatarzt niederließ. 1985 hatte sich sein Gesundheitszustand verschlechtert und er konnte nicht mehr arbeiten, so dass er nach Simbabwe zurückkehrte. Er starb einige Monate später. Er ist in der Nähe seiner geliebten Eltern Bertha und Oscar auf dem jüdischen Friedhof in Bulawayo begraben.