Dora Nachum wurde am 24. Februar 1901 in Hamburg geboren. Ihr Vater Magnus Nachum hatte einen Altmetallhandel im Stadtteil Hammerbrook, ihre Mutter Alma geborene Goldschmidt war die Tochter eines Lederhändlers. Dora hatte zwei Schwestern, Gertrud (*1899) und Frieda (*1906).
Die drei Schwestern besuchten die Hamburger Paulsenstiftschule, eine private höhere Mädchenschule mit emanzipatorischer und reformpädagogischer Ausrichtung. Ursprünglich als Armenschule gegründet, unterrichtete sie inzwischen Mädchen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Die langjährige Direktorin, Anna Wohlwill, war Jüdin; sie legte großen Welt auf die Konfessionsunabhängigkeit ihrer Schule. In der Zeit, als die Nachum-Mädchen ihre Schule besuchten, war Anna Wohlwill bereits pensioniert, unterrichtete aber bis fast zu ihrem Tod 1919 weiter.
Dora machte nach der Schule eine Ausbildung zur Lehrerin für Krankenschwestern. Ihre Schwester Gertrud wurde medizinische Assistentin, Frieda Sozialarbeiterin. Bis 1930 lebte Dora allein in einer Wohnung in Hamburg-Altona.
1931 starb ihre Mutter. Bald darauf zog Dora nach Berlin, vielleicht gleichzeitig mit ihrem Vater. 1934 gründete dieser in Berlin-Tiergarten wiederum einen Altmetall-Großhandel. Die Geschäftsräume befanden sich in der Ottostraße, die allerdings in diesem Jahr in "Norkusstraße" umbenannt wurde – nach dem zum "Blutzeugen der Bewegung" erklärten Hitlerjungen Norkus, dessen Todestag zu einem Märtyrergedenktag der Nazis wurde. Heute heißt die Straße wieder Ottostraße.
Auch Doras Schwester Gertrud zog nach Berlin und heiratete dort. Frieda blieb in Hamburg und heiratete ebenfalls. Dora Nachum blieb ledig und war als Lehrerin berufstätig. Zum Zeitpunkt der sogenannten Minderheiten-Volkszählung 1939 wohnte sie in der Trautenaustraße 10, ihr Vater lebte in der Nähe seiner Metallhandlung in Tiergarten.
Wir wissen nicht, ob Dora und ihr Vater versucht haben, aus Deutschland zu fliehen. Magnus Nachum wurde im Sommer 1942 von Berlin aus erst nach Theresienstadt und dann in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt, wo man ihn am 26. September 1942 im Alter von 70 Jahren ermordete. Dora Nachum wurde am 12. März 1943 vom Güterbahnhof Moabit nach Auschwitz deportiert und gleich nach der Ankunft vergast. Sie war 42 Jahre alt.
Ihre Schwester Frieda und deren Mann waren schon im Herbst 1941 von Hamburg aus erst ins Ghetto Łódź und dann ins Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert worden, wo man sie tötete. Der dritten Schwester, Gertrud, gelang die Flucht nach Palästina. Nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete sie dort noch einmal und lebte mit ihrem zweiten Mann in einem Kibbuz.