Thomas Julius Rehfisch

Verlegeort
Württembergallee 26
Bezirk/Ortsteil
Westend
Verlegedatum
08. November 2021
Geboren
31. Januar 1918 in
Flucht
1934 England
Überlebt

Thomas Julius Rehfisch (später Dr. Thomas J. Rey) wurde am 31. Januar 1918 geboren. Seine Eltern waren Lilli Dora Rehfisch, geb. Stadthagen, (1891-1941) und Hans (Jose´) Rehfisch (1891-1960). Die Familien Rehfisch und Stadthagen waren angesehene Berliner Familien, die als Ärzte und Anwälte einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisteten. Darunter waren Thomas‘ Großvater Prof. Dr. Eugen Rehfisch (1862–1937), ein wegweisender Urologe und Kardiologe, sein Großonkel Arthur Stadthagen (1857-1917), ein SPD-Abgeordneter im Reichstag, und sein Onkel Paul Stadthagen (1893–1943), ein ausgezeichneter Bomberpilot des Ersten Weltkriegs.

Als Kinder spielten Thomas und seine jüngere Schwester Beate (später Beata Duncan) auf dem Fürstenplatz gegenüber der Württembergallee 26-27. Thomas pflegte einen Garten neben dem Haus; dort begann sein lebenslanges Interesse an der Gartenarbeit. In der Familienwohnung richtete er eine Dunkelkammer für die Entwicklung von Fotografien ein. Der Astronomie galt sein erstes wissenschaftliches Interesse und so installierte er sich auf dem Dach des Hauses ein Fernrohr, um den Nachthimmel beobachten zu können. Thomas entwickelte auch beeindruckende Fähigkeiten im Erlernen von Fremdsprachen und im Diskutieren. Er war Schüler des Französischen Gymnasiums in Berlin Mitte.

Im Januar 1934 brachte Thomas‘ Mutter, Lilli Rehfisch, ihre Kinder Thomas (damals schon 16 Jahre alt) und Beate (12 Jahre alt) mit Hilfe von Verwandten nach England, die dort lebten. Die Kinder besuchten dort zuerst die Bunce Court boarding school , eine fortschrittliche Schule, die von Deutschland nach Großbritannien verlegt worden war, und lebten später im Norden Londons.

1939 wurde Thomas Rehfisch als „Feindlicher Ausländer“ (Male Enemy Alien) erfasst, aber von einer Internierung als Flüchtling ausgenommen. Wahrscheinlich war dies seiner Beschäftigung als Junior Assistant bei der Prüfgeräteabteilung der Messr Murphy Radio Ltd. geschuldet. Am 1. März 1947 wurde Thomas Rehfisch britischer Staatsbürger; seine deutsche Staatsangehörigkeit war 1939 von der deutschen Regierung aufgehoben worden. In den späten 40er- Jahren änderte Thomas Rehfisch seinen Namen in „Rey“.

Viele Mitglieder seiner Familie, so auch seine Mutter Lilli Rehfisch, wurden im Holocaust ermordet. Diese traumatischen Verluste, von denen Thomas Rehfisch nach dem Ende des Krieges erfuhr, führten zu Jahren von Leid und Kummer.

Thomas selbst hatte gemäß der Familientradition seinen Bildungsweg in London fortgesetzt, oft als externer oder Teilzeit-Student, während er gleichzeitig arbeitete. Er erwarb höhere akademische Grade an der Universität von London, so einen Bachelor of Sciences in Elektrotechnik mit höchster Auszeichnung am Northampton Polytechnic Institute 1938, einen Bachelor of Arts in Mathematik mit Auszeichnung am Birkbeck College 1947 und einen Master of Arts am University College und am Birkbeck College 1951 und schließlich 1961 den Doktortitel in Elektrotechnik am Imperial College.

Ab den späten 1930er- Jahren bis 1955 arbeitete Thomas Rey an der Entwicklung von Prüfgeräten bei Messrs Murphy Radio Ltd. und United Insulator Co., als Dozent am Northampton Polytechnic Institut (University of London) und in der Forschung bei den Electrical and Musical Industries Ltd. (EMI).

In den späten 1940er- Jahren heiratete Thomas Rey Joan Wilson. Ihr Sohn Julian wurde im Februar 1949 geboren. Die Ehe wurde später geschieden.

1955 immigrierte Thomas Rey mit seiner zweiten Ehefrau Joyce, geb. Eke, in die USA, um für die Westinghouse Electric Corporation auf dem Gebiet der Entwicklung von Radarantennen zu arbeiten. Nachdem die Familie zunächst in Baltimore gelebt hatte, zog sie 1957 in die Gegend von Boston, wo Thomas Rey für das MIT Lincoln Laboratory arbeitete. Im Anschluss an seine Tätigkeit am MIT arbeitete Thomas Rey für einige Geräte- und Maschinenbaufirmen im Süden Neuenglands. Neben seiner Arbeit in der Industrie war er als Erfinder tätig, besaß mehrere Patente und gründete die Gesellschaft „Digilog“. Lebenslang war er Mitglied des „Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE)“ und veröffentlichte Artikel in der Zeitschrift des IEEE.

Thomas und Joyce Rey hatten drei Töchter: Pamela (geb. Dezember 1956) sowie Lilli und Toni (geb. Dezember 1958). Die Zwillingsschwestern wurden nach ihrer Großmutter und Großtante benannt, die beide im Holocaust ermordet waren. Die Ehe von Tom und Joyce Rey wurde später geschieden.

1963 wurde Dr. Thomas J. Rey Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika.

Etwa 34 Jahre lang lebte Tom auf einem 5,6 Hektar großen Besitz in Billerica , nördlich von Boston in Massachusetts, welchen er „Rolling Acres“ nannte. Er war am glücklichsten, wenn er seine vielen Gartenprojekte plante und ausführte. Einen „Gentleman Farmer“ nannte er sich selbst und er genoss die Früchte seiner Arbeit. Er fuhr auch fort seine vielen anderen Interessen zu verfolgen und zu vertiefen: die Erkundung von Sprache, Kunst, Kultur, Geschichte und Politik. Er genoss Camping, Wandern, Skifahren und Segeln, Schach und andere Spiele. Die Tagesereignisse betrachtete er gewöhnlich mit der Lupe einer tief verwurzelten Bindung an soziale Gerechtigkeit. Er war ein standhafter Umweltschützer.

Mit einem Abstand von 50 Jahren kehrte Thomas Rey in den späten 1980er- Jahren als „Abiturient ehrenhalber“ für ein Klassentreffen am Französischen Gymnasium nach Berlin zurück.

Dr. Thomas J. Rey starb am 19. September 1991 im Alter von 73 Jahren in seinem Haus in Billerica am myelodysplastischen Syndrom. Er wurde von seiner dritten Ehefrau, Marcia Damon Rey (später Reinke, inzwischen verstorben) seinen vier Kindern und 12 Enkelkindern und Urenkeln beerbt.