Lothar Kurt Tworoger

Verlegeort
Zehdenicker Str. 2
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
05. Dezember 2017
Geboren
25. Juni 1920 in Berlin
Beruf
Elektriker
Verhaftet
1943 in Gefängnis Berlin
Verhaftet
22. Dezember 1944 bis 10. Januar 1945 im KZ Buchenwald
Ermordet
10. Januar 1945 im KZ Buchenwald

Lothar Kurt Tworoger, geboren am 25.Juni 1920 in Berlin

Lothar Kurt Tworoger war das erste gemeiname Kind von Salo Tworoger, einem  Juden aus Schlesien, und seiner evangelischen Ehefrau Erna Scherbart. Er wurde nach dem Willen der Mutter evangelisch getauft. Salo Tworoger starb kurz nach der ehemals zynisch 'Reichskristallnacht' genannten Pogromnacht im November1938 an einem Herzschlag. Die Familie führt dies auf die Bedrohung durch die Nazis und die damit verbundene existenzielle Not zurück.

Für seine Mutter verschärfte sich die Lage, auch in finanzieller Hinsicht. Sie warnun allein mit ihm (er war 18 Jahre alt) und seinem jüngeren Bruder Joachim Hugo (16 Jahre). Lothar konnte noch eine Elektrikerlehre abschließen, durfte aber -als Halbjude- nicht in seinem Beruf  arbeiten.

Sein Bruder Joachim schrieb nach dem Krieg: „Mein Vater lebte mit seiner Familie in kümmerlichen Verhältnissen. Als das Hitler-Regime begann und damit die Aufwiegelung des Volkes gegen die Juden, begann für uns eine schwere Zeit. Denn wir sind Mischlinge I. Grades, ich und mein Bruder. Mein Vater ist Jude, meine Mutter Deutsche, wir beiden Kinder sind christlich getauft. In der Schule hab ich viele Pöbeleien von Seiten der Schüler und Lehrer erdulden müssen. Wenn ich auch evangelisch bin, so haben wir, ich und mein Bruder, nur Schikane und Bespitzelung und Denunziation kennengelernt. Wir hatten auch dann, als der jüdische Elternteil tot war, keine Ruhe.

Man schikanierte uns, indem man uns Dienstverpflichtungen in Rüstungsbetrieben gab, die unserem Wesen widersprachen. Bei irgendeiner Kleinigkeit drohte man mir und meinem Bruder mit der Gestapo. Gehässige nazistisch eingestellte Menschen haben uns dann wiederholte Male angezeigt. Daraufhin wurden wir wiederholte Male von der Gestapo verhaftet und in das bekannte Arbeitslager Wuhlheide ...  gesteckt.“

Die Brüder fühlten sich nicht jüdisch und deshalb zutiefst ungerecht  behandelt. Lothar wollte ein normales Leben führen und verliebte sich in eine Arierin. Aber wegen „wiederholter Arbeitsverweigerung“ sowie „Arbeitsuntreue“ wurde er am 14.10.1944 in Schutzhaft genommen. In der Schutzhaftkartei war er als „mosaischer Mischling I. Grades“ geführt. Zwei Tage vor Weihnachten 1944 wurde er  ins KZ Weimar-Buchenwald eingewiesen. Auf seiner Häftlings-Personal-Karte wird er als Häftling No.: 75.323 und mit dem roten Winkel der „Politischen“ geführt.

Lothar Kurt Tworoger wurde nur 24 Jahre alt. Schon nach knapp drei Wochen richtete man aus  dem KZ Buchenwald an  seine Mutter ein scheinbar sachliches Beileidsschreiben, das aber an Zynismus kaum zu überbieten war, da es aus einem KZ kom: „Sehr geehrte Frau Tworoger! Am 10.1.1945 verstarb Ihr Sohn Tworoger, Lothar im hiesigen Krankenhaus. Ich spreche Ihnen zu diesem Verlust mein Beileid aus und versichere Ihnen, daß er hier in guter Pflege war. Trotz Anwendung bester Medikamente und ausgezeichneter ärztlicher Hilfe war es nicht möglich, der Krankheit Herr zu werden. Irgendwelche letzten Wünsche hat Ihr Sohn nicht geäußert. SS-Standartenführer“

Die Tworoger-Brüder hassten die Nazis, sollten aber gezwungen  werden, für sie zu arbeiten. Also leisteten sie Widerstand. Das kostete Lothar Tworoger das Leben und Joachim Tworoger die Gesundheit.

Joachim Tworoger schrieb: „Meine Mutter ist durch Gram und Sehnsucht über diesen Verlust, da Lothar der Älteste und ihre Stütze war, vollkommen seelisch und körperlich zusammengebrochen“. Sie war 56 Jahren alt, als sie im Jahre 1946 starb. Er selbst überlebte seine Einkerkerung in Moabit wegen „Verdachts auf bewusste Rassenschande“ nur durch den Einmarsch der Roten Armee in Berlin.