Martin Cohn

Location 
Pappelallee 44
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
30 August 2023
Born
20 March 1897 in Schulitz (Posen) / Solec Kujawski
Occupation
Geschäftsmann
Verhaftet
1939 in Meseritz
Interniert
27 May 1942 to Sachsenhausen
Murdered
28 May 1942 in Sachsenhausen

Martin Cohn wurde am 20. März 1897 in Schulitz (poln. Solec) im Regierungsbezirk Bromberg der preußischen Provinz Posen geboren. Über die Eltern und seine ersten Lebensjahrzehnte wissen wir nichts.
Nach dem Ersten Weltkrieg fiel die Stadt nach den Festlegungen des Versailler Vertrags an Polen, sie wurde Teil des sog. polnischen Korridors. Für die deutsche Minderheit wurde das Leben danach schwierig, manche wurden in das Gebiet des Deutschen Reiches umgesiedelt, die verbliebenen Deutschen waren in der Folgezeit häufig Repressalien ausgesetzt. Um 1924 entschied sich auch Martins Mutter (vom Vater ist keine Rede) mit Martin und der 1901 geborenen Tochter Ada ins Deutsche Reich zu übersiedeln.
Die Familie zog nach Arnswalde (heute: Choszczno/Polen) in Brandenburg, Regierungsbezirk Frankfurt/Oder. Dort wohnten sie in der Steintorstraße 15, einem Wohn- und Geschäftshaus, das im Besitz einer Tante der beiden Kinder stand. Frau Gerber betrieb dort ein ‚Zeuggeschäft‘. Martin Cohn übernahm die Leitung dieses Geschäftes, bis die Tante es nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten1933 verkaufte. In dieser Situation verzog Martin Cohn nach Berlin, wo er in der Anonymität der Großstadt als Jude nicht so stark auffiel. Er eröffnete in der Nähe des ehemaligen Exerzierplatzes des Alexander-Garde-Grenadierregiments an der Schönhauser Allee ein Geschäft. Welcher Art dieses Geschäft war, ist unbekannt.1 Außerdem lebte bereits eine erheblich ältere Schwester, Else, Jg. 1883, schon in Berlin. Sie war verheiratet, hatte mit ihrem Ehemann Moritz Szamatolski drei Töchter, Käte, Anni und Irene, und lebte mit ihrer Familie seit 1924 in der Pappelallee 44.2
Bei der Volkszählung im Frühjahr 1939 war Martin Cohn im Gerichtsgefängnis in der Wilhelmstraße 7 in Meseritz, dem heutigen Międzyrzecz in der Woiwodschaft Posen, inhaftiert. Wie er dahin kam und warum er inhaftiert war, ist nicht bekannt.3
1940 wohnten Martin und seine Schwester Ada in der Pappelallee 44 bei ihrer Schwester Else. 4 Deren Wohnung war mittlerweile völlig überbelegt. Außer Else und Moritz lebten die beiden Töchter Irene und Käte, letztere mit ihrem Ehemann Erwin Wolff, und als Untermieter das Ehepaar Louis und Pesi Riwe Sommerfeld in der Wohnung. Mit Martin und Ada Cohn waren insgesamt also neun Erwachsenen in der Vierzimmerwohnung untergebracht.
Am Abend des 27. Mai 1942 wurde Martin Cohn ohne ersichtlichen Grund von der Gestapo verhaftet.
Im Rahmen einer ‚Racheaktion‘ wegen eines Brandanschlags der Gruppe Baum im Lustgarten auf die Hetzausstellung „Das Sowjet-Paradies“, wurden er und 153 weitere jüdische Männer aus Berlin in das KZ Sachsenhausen geschafft und am nächsten Tag dort erschossen. Im Rahmen dieser Racheaktion wurden am folgenden Tag weitere 96 jüdische Männer, ausgesucht aus den Insassen des Lagers, erschossen, so dass insgesamt 250 jüdische Männer in dieser von Goebbels initiierten Vergeltungsaktion starben.5 Die anschließend von der Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg durchgeführte ‚Vermögensverwertung‘ kommt zum abschließenden Ergebnis: „Kein Vermögen“, die Akte wurde schließlich am 10. 11. 1944 geschlossen und später vernichtet, erhalten blieb ein sog. Vermögensverzeichnis, eine Art ‚Schlussabrechnung‘.6
Die Schwester Ada Cohn hat den Bruder nicht lange überlebt. Am 9. Dezember 1942 wurde Ada zusammen mit Elsa und ihren beiden Töchtern Irene und Käte sowie deren Ehemann vom Güterbahnhof Putlitzstraße in Berlin-Moabit mit dem 24. Osttransport nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Alle wurden in Auschwitz ermordet.7 Das Schicksal der Mutter ist ungeklärt.

Quellen
1 Die Informationen stammen aus: F. Mörke/W. Palm, Jüdische Familien in Arnswalde, Heimatgruß-Rundbrief, hrsg.
vom Heimatkreis Arnswalde (mehrere Folgen), Heft 223/1993, S. 42
2 Vgl. hierzu den biographischen Text zu Else Szamatolski geb. Cohn, der im Zusammenhang mit dem für sie verlegten Stolperstein entstand (https://www.wikiwand.com/de/Liste_…
Zugriff am 24. 1. 2023).
3 Siehe die Ergänzungskarte zur Volkszählung aus der Datenbank des Bundesarchivs.
4 Vgl. hierzu die AJDC-Karteikarte ITS Arolsen Dok. Nr. 11260517 (ELSE SZAMATOLSKI).
5 Vgl. hierzu: Wolfgang Scheffler, Der Brandanschlag im Berliner Lustgarten im Mai 1942 und seine Folgen. In: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, 1984, S. 91–118
6 Vgl. hierzu die entsprechende Karteikarte im LHAB in Potsdam.
7 siehe Anm. 3.