Michaelis Leschnik

Verlegeort
Badstraße 44
Bezirk/Ortsteil
Gesundbrunnen
Verlegedatum
07. März 2018
Geboren
17. April 1877 in Czarnikau (Posen)/Czarnków
Beruf
Juwelier und Uhrmacher
Flucht in den Tod
13. März 1939 in Berlin

Michaelis Leschnik kam am 17. April 1877 in Czarnikau in der Provinz Posen, die damals zum Deutschen Reich gehörte, zur Welt. Als junger Mann zog er wie viele andere um die Jahrhundertwende in die wachsende Industriemetropole Berlin und schien bald erfolgreich zu sein. Er arbeitete als Uhrmachermeister, Juwelier und Optiker und eröffnete 1904 ein Geschäft in der Weddinger Badstraße 42–43. Ab 1906 kann man seinen Namen in den Berliner Adressbüchern finden, als Beruf wird „Uhrmacher“ aufgeführt. „Es war ein Geschäft, das auf dem Gesundbrunnen einen guten Namen hatte“, schrieb später eine Schulfreundin seiner Töchter für das Entschädigungsverfahren. Vermutlich lebte Michaelis Leschnik mit seiner Familie auch in diesem Haus, jedenfalls ist er 1907 und 1910 als Verwalter des Hauses aufgeführt. <br />
Im Januar 1905 heiratete Michaelis Leschnik auf dem Weddinger Standesamt Johanna Weinberg, die aus Wriezen an der Oder stammte. Im November 1905 kam Tochter Irene auf die Welt, und im März 1908 folgte ihr die Tochter Käthe Julie.<br />
Dass Michaelis seine Religion sehr am Herzen lag, lässt sich daraus schließen, dass er der letzte Vorsitzende des Synagogenvereins Ahavas Achim (Bruderliebe) war. Dieser Synagogenverein, gegründet 1899, hatte 1910 eine kleine Synagoge auf dem Hinterhof in der Prinzenallee 87 errichten lassen. <br />
Im Jahr 1924 zog Michaelis Leschnik mit seiner Familie ein paar Häuser weiter in die Badstraße 37, und anscheinend liefen sein Geschäft sehr gut, denn ab 1929 findet man im Adressbuch unter seinem Namen die Adresse eines zweiten Optiker-Geschäfts in der Beusselstraße 72. Auf einem alten Bild der Geschäftsauslage ist zu erkennen, dass das Geschäft Krankenkassen belieferte und sich auf den neuen Markt der Fotografie spezialisiert hatte. <br />
Im Jahr davor hatte die ältere Tochter Irene den Optiker Felix Zimmt geheiratet und 1931 folgte die Hochzeit der jüngeren Tochter Käthe mit dem Uhrmacher Leopold Simon. Sicherlich werden die Schwiegersöhne mit Michaelis Leschnik auch geschäftlich zu tun gehabt und sich gegenseitig unterstützt haben. Nachdem die Töchter ausgezogen waren, zogen Michaelis und Johanna Leschnik in die Badstraße 44. Die 3-Zimmer-Wohnung war gutbürgerlich eingerichtet und hatte eine Bibliothek und ein Klavier. Dass es Michaelis Leschnik ökonomisch sehr gut gegangen sein muss, lässt sich daran ablesen, dass er im Laufe der 1920er Jahre ein großes Mietshaus in der Nähe kaufte und außerdem Miteigentümer an einem weiteren Weddinger Mietshaus wurde.<br />
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich im Leben der Leschniks alles. Dem Geschäftsboykott im April 1933 und antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt, schloss Michaelis Leschnik sein Optik- und Fotogeschäft in der Beusselstr. in Tiergarten und verkaufte es im September 1933 weit unter Wert. Einen Monat später, im Oktober 1933, floh seine Tochter Irene mit ihrem Mann nach Palästina. Sie kam 1937 noch einmal nach Berlin zurück, um gemeinsam mit der Familie den 60. Geburtstag von Michaelis Leschnik zu begehen und blieb von April bis Juli. Es sollte das letzte Mal sein, dass Michaelis Leschnik seine Tochter Irene sah. „Am 9. November 1938 wurde dem Herrn Leschnik das ganze Geschäft vollständig zertrümmert und ausgeräumt. Das Haus Buttmanstr. (…) musste er verkaufen und sah nun, wie alles, was er in 35 Jahren größter Sparsamkeit und Arbeit aufgebaut hatte, kaputt ging“, so die Freundin seiner Töchter im Entschädigungsverfahren. Auch der Schöneberger Laden seines Schwiegersohnes Leopold Simon wurde ausgeraubt und zertrümmert, die Simons flohen mit ihren beiden Kindern zurück zu den Leschniks in den Wedding und zogen zu ihnen in die Badstraße. Michaelis Leschnik wurde dann wie alle jüdischen Menschen gezwungen, die sogenannte Judenvermögenssteuer zu zahlen – in seinem Fall 7500 Reichsmark; eine Summe, die er nicht mehr zur Verfügung hatte. Kurz darauf erlitt Michaelis Leschnik einen Herzanfall, den er knapp überlebte. Laut einem Brief seiner Frau Johanna wissen wir, dass er furchtbare Angst vor einer Emigration ins Ausland hatte, weil er sich nicht vorstellen konnte, für den Unterhalt sorgen zu können. Am Ende seiner Kräfte, gedemütigt und verzweifelt, nahm sich Michaelis Leschnik am 13. März 1939 in der nah gelegenen Panke das Leben. Johanna Leschnik ließ ihren Mann auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee bestatten, wo die Tochter Irene nach dem Krieg einen Gedenkstein für die ganze Familie aufstellen ließ.<br />

Michaelis Leschnik kam am 17. April 1877 in Czarnikau in der Provinz Posen, die damals zum Deutschen Reich gehörte, zur Welt. Als junger Mann zog er wie viele andere um die Jahrhundertwende in die wachsende Industriemetropole Berlin und schien bald erfolgreich zu sein. Er arbeitete als Uhrmachermeister, Juwelier und Optiker und eröffnete 1904 ein Geschäft in der Weddinger Badstraße 42–43. Ab 1906 kann man seinen Namen in den Berliner Adressbüchern finden, als Beruf wird „Uhrmacher“ aufgeführt. „Es war ein Geschäft, das auf dem Gesundbrunnen einen guten Namen hatte“, schrieb später eine Schulfreundin seiner Töchter für das Entschädigungsverfahren. Vermutlich lebte Michaelis Leschnik mit seiner Familie auch in diesem Haus, jedenfalls ist er 1907 und 1910 als Verwalter des Hauses aufgeführt.
Im Januar 1905 heiratete Michaelis Leschnik auf dem Weddinger Standesamt Johanna Weinberg, die aus Wriezen an der Oder stammte. Im November 1905 kam Tochter Irene auf die Welt, und im März 1908 folgte ihr die Tochter Käthe Julie.
Dass Michaelis seine Religion sehr am Herzen lag, lässt sich daraus schließen, dass er der letzte Vorsitzende des Synagogenvereins Ahavas Achim (Bruderliebe) war. Dieser Synagogenverein, gegründet 1899, hatte 1910 eine kleine Synagoge auf dem Hinterhof in der Prinzenallee 87 errichten lassen.
Im Jahr 1924 zog Michaelis Leschnik mit seiner Familie ein paar Häuser weiter in die Badstraße 37, und anscheinend liefen sein Geschäft sehr gut, denn ab 1929 findet man im Adressbuch unter seinem Namen die Adresse eines zweiten Optiker-Geschäfts in der Beusselstraße 72. Auf einem alten Bild der Geschäftsauslage ist zu erkennen, dass das Geschäft Krankenkassen belieferte und sich auf den neuen Markt der Fotografie spezialisiert hatte.
Im Jahr davor hatte die ältere Tochter Irene den Optiker Felix Zimmt geheiratet und 1931 folgte die Hochzeit der jüngeren Tochter Käthe mit dem Uhrmacher Leopold Simon. Sicherlich werden die Schwiegersöhne mit Michaelis Leschnik auch geschäftlich zu tun gehabt und sich gegenseitig unterstützt haben. Nachdem die Töchter ausgezogen waren, zogen Michaelis und Johanna Leschnik in die Badstraße 44. Die 3-Zimmer-Wohnung war gutbürgerlich eingerichtet und hatte eine Bibliothek und ein Klavier. Dass es Michaelis Leschnik ökonomisch sehr gut gegangen sein muss, lässt sich daran ablesen, dass er im Laufe der 1920er Jahre ein großes Mietshaus in der Nähe kaufte und außerdem Miteigentümer an einem weiteren Weddinger Mietshaus wurde.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich im Leben der Leschniks alles. Dem Geschäftsboykott im April 1933 und antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt, schloss Michaelis Leschnik sein Optik- und Fotogeschäft in der Beusselstr. in Tiergarten und verkaufte es im September 1933 weit unter Wert. Einen Monat später, im Oktober 1933, floh seine Tochter Irene mit ihrem Mann nach Palästina. Sie kam 1937 noch einmal nach Berlin zurück, um gemeinsam mit der Familie den 60. Geburtstag von Michaelis Leschnik zu begehen und blieb von April bis Juli. Es sollte das letzte Mal sein, dass Michaelis Leschnik seine Tochter Irene sah. „Am 9. November 1938 wurde dem Herrn Leschnik das ganze Geschäft vollständig zertrümmert und ausgeräumt. Das Haus Buttmanstr. (…) musste er verkaufen und sah nun, wie alles, was er in 35 Jahren größter Sparsamkeit und Arbeit aufgebaut hatte, kaputt ging“, so die Freundin seiner Töchter im Entschädigungsverfahren. Auch der Schöneberger Laden seines Schwiegersohnes Leopold Simon wurde ausgeraubt und zertrümmert, die Simons flohen mit ihren beiden Kindern zurück zu den Leschniks in den Wedding und zogen zu ihnen in die Badstraße. Michaelis Leschnik wurde dann wie alle jüdischen Menschen gezwungen, die sogenannte Judenvermögenssteuer zu zahlen – in seinem Fall 7500 Reichsmark; eine Summe, die er nicht mehr zur Verfügung hatte. Kurz darauf erlitt Michaelis Leschnik einen Herzanfall, den er knapp überlebte. Laut einem Brief seiner Frau Johanna wissen wir, dass er furchtbare Angst vor einer Emigration ins Ausland hatte, weil er sich nicht vorstellen konnte, für den Unterhalt sorgen zu können. Am Ende seiner Kräfte, gedemütigt und verzweifelt, nahm sich Michaelis Leschnik am 13. März 1939 in der nah gelegenen Panke das Leben. Johanna Leschnik ließ ihren Mann auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee bestatten, wo die Tochter Irene nach dem Krieg einen Gedenkstein für die ganze Familie aufstellen ließ.