Friedrich Böhm

Verlegeort
Bayerische Straße 33
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
06. Juni 2018
Geboren
08. Juli 1888 in Gleiwitz (Schesien) / Gliwice
Deportation
am 06. März 1943
Ermordet
1943 in Auschwitz

Friedrich Boehm wurde am 8. Juli 1888 in Gleiwitz, Schlesien, geboren - heute Gliwice, Polen. Zu dieser Zeit stellten Juden mit etwa 1880 Einwohnern rund 16% der Gleiwitzer Bevölkerung dar. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die industrielle Entwicklung von Gleiwitz viele Menschen aus dem ländlichen Umland angezogen. An diesem wirtschaftlichen Aufschwung waren etliche jüdische Unternehmer beteiligt.

Es konnte nicht festgestellt werden, wer Friedrichs Eltern waren. Dokumente sind nicht erhalten, Adressen können nicht zugeordnet werden, da der Name Boehm oder Böhm sehr häufig ist. Im Gleiwitzer Adressbuch von 1891 sind 10 Familien mit diesem Namen verzeichnet, Kaufleute, ein Glaser, ein Lokomotivheizer, auch ein Fabrikarbeiter und drei Witwen. Um die Jahrhundertwende, aber vor allem nach der Teilung Oberschlesiens 1921, zogen viele Juden westwärts, da nun Gleiwitz sehr nah an der polnischen Grenze lag.

Mag sein, dass Friedrichs Familie sich schon früh in Berlin niederließ, möglich ist auch, dass Friedrich im Ersten Weltkrieg an die Front musste und danach allein nach Berlin zog. Hier ist das Adressbuch noch weniger hilfreich: der Name Böhm füllt mehrere Seiten, Friedrich oder Fritz eine ganze Spalte. Die erste gesicherte Nachricht über seinen Verbleib finden wir 1939, aus Anlass der Volkszählung vom 17. Mai 1939.

Bei dieser  Volkszählung wurden Juden in einer gesonderten Kartei erfasst, die es den Nationalsozialisten später ermöglichen sollte, Maßnahmen gegen Juden leichter durchzuführen. Friedrich Boehm wurde in der Bayerischen Strasse 33 registriert, wo er offensichtlich zur Untermiete wohnte. Zu diesem Zeitpunkt, ein halbes Jahr nach den Pogromen vom November 1938, waren schon zahlreiche antisemitische und diskriminierende Verordnungen in Kraft. Juden durften z.B. keine  Theater, Kinos oder Museen besuchen, zu bestimmten Zeiten durften sie gar nicht mehr auf die Straße, durften nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags einkaufen. Alle Wertgegenstände mussten sie abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt, ihre Konten wurde zu „Sicherheitskonten“ erklärt, von denen sie nur durch „Sicherungsanordnung“ festgelegte Beträge für ein Existenzminimum abheben durften. Später, ab September 1939, hatten sie den Judenstern zu tragen, sie wurden auch zu Zwangsarbeit herangezogen.

Auch Friedrich Boehm wurde höchstwahrscheinlich zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie verpflichtet, da er 1942 zunächst von der Deportation verschont blieb. Ihm war mittlerweile eine andere Wohnung - vermutlich nur ein Zimmer – zur Untermiete in der Stenzelstraße 2 (heute Blissestraße) zugewiesen worden. 

Schon Ende 1942 war jedoch beschlossen worden, die jüdischen Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie allesamt zu deportieren. 15.100 waren Anfang 1943 in Berlin noch registriert. Am 27. Februar 1943 begann dann in der Hauptstadt die sogenannte „Fabrikaktion“: Ohne weitere Vorwarnung wurden die Arbeiter und Arbeiterinnen am Arbeitsplatz in den vorher abgeriegelten Fabriken festgenommen und in mehrere, zum Teil provisorische Sammellager transportiert. Verwandte wurden später in den Wohnungen verhaftet. Insgesamt dauerte die Großrazzia mehrere Tage und rund 8000 Juden wurden festgenommen. Ungefähr 4000 weitere konnten rechtzeitig untertauchen. Der 55-jährige Friedrich Boehm gehörte wohl nicht zu ihnen. Die Verhafteten wurden in fünf „Transporten“ nach Auschwitz deportiert, in dem letzten am 6. März 1943 befand sich Friedrich Boehm, auf der Deportationsliste mit der Nr. 572 aufgeführt. Nur 153 Männer und 65 Frauen von den über 700 Häftlingen in diesem Zug wurden zur Zwangsarbeit aussortiert. Die anderen bekamen eine „Sonderbehandlung“, ein verschleiernder NS-Begriff für die Ermordung in den Gaskammern. Welches dieser Schicksale Friedrich Boehm erfuhr, wissen wir nicht. Das Lager und den Krieg hat er nicht überlebt.