Max Bergwerk

Verlegeort
Bleibtreustraße 17
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
14. April 2015
Geboren
10. Oktober 1876 in Kalusch (Galizien) / Kalusa
Deportation
am 27. November 1941 nach Riga
Ermordet
30. November 1941 in Riga-Rumbula

Max Meier Bergwerk wurde am 10. Oktober 1876 in Kalusz/Galizien geboren. Kalusz war damals polnisch und wegen seiner Salzindustrie bekannt, heute liegt es in der Westukraine. Da keine Familie Bergwerk in Berlin vor der Jahrhundertwende in den Adressbüchern zu finden ist, kann man annehmen, dass Max Bergwerk ohne seine Eltern erst als junger Mann nach Berlin kam. Laut Militärpass diente er 1900 – und vermutlich die Jahre danach – beim k.u.k. 9. Infanterie-Regiment bei der Festung Przemyel (damals Österreich, heute Polen). 1903 ist er erstmals im Adressbuch als „Handelsmann“ in der Auguststraße 46a eingetragen, 1908 spezifiziert es, dass er in Partiewaren handelt, also in verbilligten Restposten. Erst in Berlin vermutlich lernte er die 15 Jahre jüngere Klara Haia Hochstadt kennen. Klara (sie wurde zunächst mit K geschrieben) war am 24. Januar 1891 in Bacau, Rumänien, geboren worden als Tochter des Kaufmannes Salomon Hochstadt und seiner Frau Amalie geb. Hochberg. Die Familie Hochstadt siedelte 1900 nach Berlin um, erst in die Münzstraße, später in die Alte Schönhauser Straße, praktisch um die Ecke. Salomon Hochstadt handelte zunächst mit Bijouterie, später mit Strümpfen und Handschuhen. Möglich, dass auch er mit „Partiewaren“ zu tun hatte.<br />
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1911 ging Max Bergwerk nach Braunschweig und gründete oder vertrat dort als Geschäftsführer eine Firma namens „Berliner Partiewarengesellschaft GmbH Manufaktur und Kurzwarenhandlung“. Ein Jahr später hatte die Firma eine Zweigstelle und eine zweite Geschäftsführerin: Fräulein Klara Hochstadt. Auch sie war nach Braunschweig gezogen und wohnte im gleichen Haus wie Max, Bohlenweg 44. Nach noch zwei Jahren war das Haus, in dem sich die Zweigstelle befand, „Höhe“ hieß die Straße, auf Klaras Namen eingetragen. Während des Krieges scheinen die Geschäfte auch gut gelaufen zu sein, den 1921 war Max nun der Besitzer des Hauses Theaterwall 4, in dem er – und Klara – wohnten. Am 26. Mai 1921 heirateten die beiden in Wien, sie hatten noch die Österreichische Staatsbürgerschaft. Erst 1923 beantragten sie die Einbürgerung. 1921 kaufte Max ein weiteres Haus, Hagenbrücke 6 und 7, wo er zuvor für wenige Monate ein Versandhaus für „Manufaktur-, Woll- und Weißwaren und ähnl.“ mit einem Compagnon betrieben hatte, Henry Sprung, der auch aus Galizien stammte. Bei der Berliner Partiewarengesellschaft blieb Klara auch als Ehefrau Geschäftsführerin. Am 10. März 1927 wurde ihre Tochter Rita geboren.<br />
<br />
1925 war die GmbH aufgelöst und Max ließ die Firma auf seinen Namen ins Handelsregister eintragen, Prokura hatte seine Frau, vier Angestellte wurden beschäftigt. 1933 betrieb Max Bergwerk noch zusätzlich die „Braunschweig Immobilien-Gesellschaft“. Dann kam der Bruch. Max und Klara zogen mit Rita am 9. Mai 1933 nach Berlin – Hals über Kopf? Wir wissen es nicht, aber die Tatsache, dass er seine Firmen nicht in die Hauptstadt übertrug, spricht nicht für eine langfristige Planung. Hatten die Judenboykotte vom 1. April 1933 ihn dazu getrieben?<br />
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Bergwerks wohnten in Berlin zunächst in der Wielandstraße 24, Berufsbezeichnung „Kaufmann“. 1934 war indes auch – oder gerade – in Berlin abzusehen, dass das Leben für Juden aufgrund der antisemitischen Regierungspolitik schwieriger werden würde. Judenfeindliche Schilder wurden allenthalben aufgestellt, im September 1935 wurden die sogenannten Nürnberger Gesetze verabschiedet. Sie definierten, wer als „deutschblütig“, „Mischling“ oder „Jude“ galt und verboten Ehen sowie Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Nichtjuden. Nachdem sich 1936 wegen der Olympischen Spiele die NS-Regierung zurückgehalten hatte, folgten ab 1937 weitere entwürdigende antijüdische Verordnungen. Ein Höhepunkt der Diskriminierung und Verfolgung wurde dann die Zeit nach den Pogromen im November 1938. Zu diesem Zeitpunkt lebten Bergwerks bereits in der Bleibtreustraße 17, in die sie 1937 gezogen waren. Binnen weniger Wochen wurde eine Flut von antisemitischen Verordnungen erlassen, die Juden nicht nur aus dem wirtschaftlichen sondern überhaupt aus dem öffentlichen Leben ausschloss. Unter anderem war ihnen Besuch von öffentlichen Veranstaltungen wie Theater, Kino u.ä. verboten, Verkehrsmittel konnten sie nur beschränkt benutzen, sie durften zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Bannbezirken nicht auf die Straße, nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags war ihnen erlaubt einzukaufen. Wertgegenstände mussten sie abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt. Ab 19. September 1941 hatten sie den Judenstern zu tragen. Bei der Volkszählung im Mai 1939 mussten sie sich auf besondere Ergänzungskarten eintragen lassen. Viele Juden waren schon genötigt worden, ihre Wohnungen aufzugeben, andere sahen sich gezwungen, Untermieter aufzunehmen. Bei Bergwerks wohnten 1939 noch zwei jüdische Ehepaare, Emil und Edith Joskowitz und Erwin und Elly Rothschild mit ihrem kleinen Sohn Dan. Die Ergänzungskarten wurden später unter anderem zur Grundlage für die Zwangsverpflichtung zur Arbeit - wir wissen nicht sicher, ob Max und Clara (jetzt meistens mit C geschrieben) auch herangezogen wurden. <br />
<br />
Im November 1941 wurden Max, Clara und die 14-jährige Rita von der Gestapo abgeholt und in die als Sammellager missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 gebracht. Von dort hatten sie sich am 27. November zum Bahnhof Grunewald, Gleis 17, zu begeben, wo sie und 1050 weitere Opfer in einen Sonderzug nach Riga gepfercht wurden. Dieser war der erste Zug aus Berlin nach Riga, Ziel sollte das Rigaer Ghetto sein. Aber als sie am frühen Morgen des 30. Novembers 1941 in Lettland ankamen, wurden ausnahmslos alle im nahen Wald von Rumbula erschossen, eine „Eigenmächtigkeit“ des SS-Führers Friedrich Jeckeln, die ihm eine Rüge von Himmler einbrachte. Himmler hatte dieses Schicksal nur „Arbeitsunfähigen“ zugedacht. Der 30. November 1941 wurde der Todestag von Max, Clara und Rita Bergwerk.<br />
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Max Bergwerks kurzzeitiger Geschäftspartner Henry Sprung, 1870 in Tarnow geboren, wurde am 30. Juni 1943 ab Hannover nach Theresienstadt deportiert und erlag nach Recherchen von Schülern aus Braunschweig (http://www.stolpersteine-fuer-brau…) am 28. April 1944 den unmenschlichen Lebensbedingungen in Auschwitz . Zum Gedenken an Henry Sprung und Familie (seine Frau Berta sowie die Kinder Liesbeth und Siegbert) liegen Stolpersteine in Braunschweig vor dem Haus Theaterwall 16.<br />
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Max Meier Bergwerk wurde am 10. Oktober 1876 in Kalusz/Galizien geboren. Kalusz war damals polnisch und wegen seiner Salzindustrie bekannt, heute liegt es in der Westukraine. Da keine Familie Bergwerk in Berlin vor der Jahrhundertwende in den Adressbüchern zu finden ist, kann man annehmen, dass Max Bergwerk ohne seine Eltern erst als junger Mann nach Berlin kam. Laut Militärpass diente er 1900 – und vermutlich die Jahre danach – beim k.u.k. 9. Infanterie-Regiment bei der Festung Przemyel (damals Österreich, heute Polen). 1903 ist er erstmals im Adressbuch als „Handelsmann“ in der Auguststraße 46a eingetragen, 1908 spezifiziert es, dass er in Partiewaren handelt, also in verbilligten Restposten. Erst in Berlin vermutlich lernte er die 15 Jahre jüngere Klara Haia Hochstadt kennen. Klara (sie wurde zunächst mit K geschrieben) war am 24. Januar 1891 in Bacau, Rumänien, geboren worden als Tochter des Kaufmannes Salomon Hochstadt und seiner Frau Amalie geb. Hochberg. Die Familie Hochstadt siedelte 1900 nach Berlin um, erst in die Münzstraße, später in die Alte Schönhauser Straße, praktisch um die Ecke. Salomon Hochstadt handelte zunächst mit Bijouterie, später mit Strümpfen und Handschuhen. Möglich, dass auch er mit „Partiewaren“ zu tun hatte.

1911 ging Max Bergwerk nach Braunschweig und gründete oder vertrat dort als Geschäftsführer eine Firma namens „Berliner Partiewarengesellschaft GmbH Manufaktur und Kurzwarenhandlung“. Ein Jahr später hatte die Firma eine Zweigstelle und eine zweite Geschäftsführerin: Fräulein Klara Hochstadt. Auch sie war nach Braunschweig gezogen und wohnte im gleichen Haus wie Max, Bohlenweg 44. Nach noch zwei Jahren war das Haus, in dem sich die Zweigstelle befand, „Höhe“ hieß die Straße, auf Klaras Namen eingetragen. Während des Krieges scheinen die Geschäfte auch gut gelaufen zu sein, den 1921 war Max nun der Besitzer des Hauses Theaterwall 4, in dem er – und Klara – wohnten. Am 26. Mai 1921 heirateten die beiden in Wien, sie hatten noch die Österreichische Staatsbürgerschaft. Erst 1923 beantragten sie die Einbürgerung. 1921 kaufte Max ein weiteres Haus, Hagenbrücke 6 und 7, wo er zuvor für wenige Monate ein Versandhaus für „Manufaktur-, Woll- und Weißwaren und ähnl.“ mit einem Compagnon betrieben hatte, Henry Sprung, der auch aus Galizien stammte. Bei der Berliner Partiewarengesellschaft blieb Klara auch als Ehefrau Geschäftsführerin. Am 10. März 1927 wurde ihre Tochter Rita geboren.

1925 war die GmbH aufgelöst und Max ließ die Firma auf seinen Namen ins Handelsregister eintragen, Prokura hatte seine Frau, vier Angestellte wurden beschäftigt. 1933 betrieb Max Bergwerk noch zusätzlich die „Braunschweig Immobilien-Gesellschaft“. Dann kam der Bruch. Max und Klara zogen mit Rita am 9. Mai 1933 nach Berlin – Hals über Kopf? Wir wissen es nicht, aber die Tatsache, dass er seine Firmen nicht in die Hauptstadt übertrug, spricht nicht für eine langfristige Planung. Hatten die Judenboykotte vom 1. April 1933 ihn dazu getrieben?

Bergwerks wohnten in Berlin zunächst in der Wielandstraße 24, Berufsbezeichnung „Kaufmann“. 1934 war indes auch – oder gerade – in Berlin abzusehen, dass das Leben für Juden aufgrund der antisemitischen Regierungspolitik schwieriger werden würde. Judenfeindliche Schilder wurden allenthalben aufgestellt, im September 1935 wurden die sogenannten Nürnberger Gesetze verabschiedet. Sie definierten, wer als „deutschblütig“, „Mischling“ oder „Jude“ galt und verboten Ehen sowie Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Nichtjuden. Nachdem sich 1936 wegen der Olympischen Spiele die NS-Regierung zurückgehalten hatte, folgten ab 1937 weitere entwürdigende antijüdische Verordnungen. Ein Höhepunkt der Diskriminierung und Verfolgung wurde dann die Zeit nach den Pogromen im November 1938. Zu diesem Zeitpunkt lebten Bergwerks bereits in der Bleibtreustraße 17, in die sie 1937 gezogen waren. Binnen weniger Wochen wurde eine Flut von antisemitischen Verordnungen erlassen, die Juden nicht nur aus dem wirtschaftlichen sondern überhaupt aus dem öffentlichen Leben ausschloss. Unter anderem war ihnen Besuch von öffentlichen Veranstaltungen wie Theater, Kino u.ä. verboten, Verkehrsmittel konnten sie nur beschränkt benutzen, sie durften zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Bannbezirken nicht auf die Straße, nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags war ihnen erlaubt einzukaufen. Wertgegenstände mussten sie abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt. Ab 19. September 1941 hatten sie den Judenstern zu tragen. Bei der Volkszählung im Mai 1939 mussten sie sich auf besondere Ergänzungskarten eintragen lassen. Viele Juden waren schon genötigt worden, ihre Wohnungen aufzugeben, andere sahen sich gezwungen, Untermieter aufzunehmen. Bei Bergwerks wohnten 1939 noch zwei jüdische Ehepaare, Emil und Edith Joskowitz und Erwin und Elly Rothschild mit ihrem kleinen Sohn Dan. Die Ergänzungskarten wurden später unter anderem zur Grundlage für die Zwangsverpflichtung zur Arbeit - wir wissen nicht sicher, ob Max und Clara (jetzt meistens mit C geschrieben) auch herangezogen wurden.

Im November 1941 wurden Max, Clara und die 14-jährige Rita von der Gestapo abgeholt und in die als Sammellager missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 gebracht. Von dort hatten sie sich am 27. November zum Bahnhof Grunewald, Gleis 17, zu begeben, wo sie und 1050 weitere Opfer in einen Sonderzug nach Riga gepfercht wurden. Dieser war der erste Zug aus Berlin nach Riga, Ziel sollte das Rigaer Ghetto sein. Aber als sie am frühen Morgen des 30. Novembers 1941 in Lettland ankamen, wurden ausnahmslos alle im nahen Wald von Rumbula erschossen, eine „Eigenmächtigkeit“ des SS-Führers Friedrich Jeckeln, die ihm eine Rüge von Himmler einbrachte. Himmler hatte dieses Schicksal nur „Arbeitsunfähigen“ zugedacht. Der 30. November 1941 wurde der Todestag von Max, Clara und Rita Bergwerk.

Max Bergwerks kurzzeitiger Geschäftspartner Henry Sprung, 1870 in Tarnow geboren, wurde am 30. Juni 1943 ab Hannover nach Theresienstadt deportiert und erlag nach Recherchen von Schülern aus Braunschweig (http://www.stolpersteine-fuer-brau…) am 28. April 1944 den unmenschlichen Lebensbedingungen in Auschwitz . Zum Gedenken an Henry Sprung und Familie (seine Frau Berta sowie die Kinder Liesbeth und Siegbert) liegen Stolpersteine in Braunschweig vor dem Haus Theaterwall 16.