Martin Arendt

Verlegeort
Fechnerstraße 6a
Historischer Name
Walter-Fischer-Straße 6
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
12. Mai 2023
Geboren
16. Juli 1883 in Bad Polzin (Pommern) / Połczyn-Zdrój
Beruf
Destillateur, Wein-Großhändler
Interniert
27. Mai 1942 bis 05. Oktober 1942 in Sachsenhausen
Deportation
am 05. Oktober 1942 nach Bernburg/Saal
Ermordet
07. Oktober 1942 in Bernburg/Saal

Martin Arendt wurde am 16. Juli 1883 in Bad Polzin, Belgard / Pommern, als Sohn von Abraham Adolf Arendt und seiner Frau Luise, geb. Dobryznski, in eine jüdische Kaufmannsfamilie hineingeboren.

Die Familie betrieb in Berlin-Mitte einen Wein-Großhandel, die „Allgemeine Wein- und Spirituosen-Vertriebs-GmbH", Krausenstraße 41. Martin Arendt erlernte den Beruf des Destillateurs und arbeitete im elterlichen Geschäft mit. Die Firma wurde zunächst von seinem Vater Abraham Adolf Arendt geführt. 1912 übernahm Martin Arendt die Geschäftsführung und leitete die Weinhandlung gemeinsam mit seiner Mutter Luise Arendt 

Die Weinhandlung erwirtschaftete gute Umsätze - es wurden große Mengen von Rhein-, Mosel- und Burgunderweinen, Sekt und Liköre umgesetzt. 

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 ging der Warenabsatz der Weinhandlung zurück, da jüdische Firmen systematisch boykottiert und ausgegrenzt wurden. Die Lieferketten und Umsätze brachen zunehmend weg und Kunden kamen nicht mehr. Die Firma geriet infolgedessen in Zahlungsschwierigkeiten und wurde gepfändet. Sie wurde einem neuen - natürlich nicht-jüdischen - Inhaber übereignet, der Martin Arendt Ende 1938 entließ.

Martin Arendt hatte am 27. August 1919 Margarete Ehrlich aus Arnswalde geheiratet und war mit ihr in eine komfortable Wohnung im Vorderhaus der Landhausstraße 36 in Berlin-Wilmersdorf gezogen. Hier wurde ihre Tochter Ilse am 18. September 1920 geboren. Später zog die Familie in die Walter-Fischer-Straße 6 um. Diese Wohnung war gutbürgerlich eingerichtet mit Musikzimmer, Bechstein-Flügel und Perserteppichen in allen Räumen.

Von 1939 bis 1942 wurde Martin Arendt zu schwerer Zwangsarbeit bei den Firmen AEG und Siemens & Halske in Berlin verpflichtet und am 27. Mai 1942 aufgrund eines polizeilichen Sondererlasses im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert - mit der Häftlingsnummer 42608. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend, da Misshandlungen, Mangelernährung, fehlende medizinische Versorgung und katastrophale hygienische Verhältnisse an der Tagesordnung waren.

Am 5. Oktober 1942 wurde er mit einem „Krankentransport" unter dem Tarnnamen „Kräutergarten“ in die Tötungsanstalt Bernburg/Saale verbracht, wo er am 7. Oktober 1942 im Rahmen des Euthanasieprogramms T4 ermordet wurde. Das Standesamt Oranienburg gab in der Sterbeurkunde als Sterbeort das Konzentrationslager Sachsenhausen an, um die wahre Todesursache zu verschleiern. 

Das Schreiben des Lagerkommandanten des KZ Sachsenhausen an Margarete Arendt vom 14. November 1942, in dem er ihr den Tod ihres Mannes mitteilte, spricht in seiner formalen Gnadenlosigkeit für sich:

Ihr Ehemann Martin I. Arendt, geboren 16.07.1883, ist am 07.10.1942 an den Folgen von Herz- und Kreislaufschwäche bei allgemeiner Körperschwäche im hiesigen Krankenhaus verstorben. Die Leiche wurde am 11.10.1942 im staatlichen Krematorium eingeäschert. Der Totenschein ist anliegend beigefügt. Der Lagerkommandant, i.A. Unterschrift“. 

Diese Angaben waren gefälscht, denn Martin Arendt verstarb nicht im Krankenhaus des KZ Sachsenhausen, sondern wurde Opfer der Krankenmordaktion „14f13“ in der T4-Tötungsanstalt Bernburg/Saale. Die Nachricht vom Tod ihres Mannes erreichte Margarete Arendt nicht mehr, da sie bereits gemeinsam mit ihrer Mutter Martha Ehrlich geb. Hirsch am 3. Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden war.