Käthe Brigitte Türk

Verlegeort
Kaiserdamm 103/104
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
15. November 2023
Geboren
03. Januar 1906 in Berlin
Flucht
1939 England
Überlebt

Käthe Brigitte Türk wird am 3. Januar 1906 als Tochter von Margarete geb. Katz und Dr. Siegmund Türk in Berlin geboren. Bald nach ihrer Geburt lassen ihre Eltern sie protestantisch taufen, die selbst jüdischen Glaubens sind.

Über Brigittes Lebensweg bis zu ihrer Emigration 1939 ist wenig bekannt. Sie hat ein enges Verhältnis zu ihrer Mutter und zu ihrem Bruder Hans; es wird davon ausgegangen, dass sie auch als junge Frau weiterhin bei ihrer Mutter in Berlin lebt, zuletzt am Kaiserdamm. Brigitte ist ledig.

Am 15. Februar 1939 flieht sie im Alter von 33 Jahren von Berlin nach London. In England leben bereits Max Leon, der Bruder ihres späteren Stiefvaters Charles Leon, und dessen Cousin Paul Heinemann, sodass sie eine erste familiäre Anlaufstelle hat.

In der Folge wird Brigitte ihre deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, bis 1954 bleibt sie staatenlos.

Brigitte verwöhnt ihre Mutter in Berlin nicht gerade mit Neuigkeiten aus ihrem Leben. Ihre Mutter wünscht sich sehr, dass Brigitte ebenfalls nach Kabul zu Hans ausreist, aber Brigittes Bemühungen um einen Schiffsplatz sind erfolglos.

Schließlich kann ihre weitere Ausreise nach Afghanistan zu Bruder Hans nicht realisiert werden. Sie bleibt bis Kriegsende in England. In den 60ger Jahren berichtet sie in ihren Erzählungen, dass sie während des Krieges in England als Hausdame gearbeitet habe und die englische Sprache erlernt habe.

Nach Kriegsende reist sie beruflich nach Deutschland und arbeitet für die britische und die amerikanische Besatzungsmacht in Deutschland. Sie ist unter der Militäradresse OCCWC-Room 817-APO 696 A. US Army Europe in Stuttgart gemeldet.

Sie arbeitet als Dolmetscherin bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, wo sie Robert Kempner begegnet, der Stellvertreter des amerikanischen Chefanklägers Jackson ist. Ein Mitarbeiter Kempners hatte im März 1947 das Wannsee-Protokoll gefunden. In der Folgezeit engagiert sich Kempner für die Bestrafung nationalsozialistischer Täter und die Entschädigung der Opfer. Brigitte bleibt Kempner im Lauf ihres Lebens verbunden.

Für Brigitte ist Deutschland keine Heimat mehr. Im Frühjahr 1948 trifft sie nach langer Zeit ihren Bruder Hans in der Schweiz wieder und berichtet von ihrer bevorstehenden Auswanderung in die USA.

Am 10. Juli 1948 trifft sie mit Flugzeug NC-90927 (Flagship „Norway“ AmericanOverseas Airlines AOA) als „Brigitte Turk“ in New York ein. Sie lässt sich in der Folge an der Westküste in Seattle nieder, arbeitet als Versandsachbearbeiterin. In Seattle pflegt sie Kontakt mit anderen „Refugees“ und ist in deren Gemeinschaft integriert.

1953 beantragt sie nach fünf Jahren Aufenthalt in den USA die amerikanische Staatsbürgerschaft und lässt ihren Namen in „Brigid Turk“ ändern. Sie heiratet nicht, bleibt kinderlos.

Nach dem Tod ihres Bruders 1965 unternimmt sie einen Rückkehrversuch nach Deutschland. Mit Anfang 60 zieht sie mit ihrem gesamten Hausstand nach Köln-Deutz. Der Rückkehrversuch scheitert. Nach ca. zwei Jahren entschließt sie sich, nach Seattle zurückzukehren, sie konnte in Deutschland nicht Fuß fassen.

Bis in die 1980ger Jahre kommt sie einmal im Jahr für sechs Wochen als Touristin nach Europa. Sie trifft sich mit Schwägerin Erika in Baden-Baden und Locarno, wo sich jeweils im September viele “Refugees“ aus den verschiedensten Ländern begegnen. In dieser Gesellschaft ist auch Robert Kempner ein gern gesehener Gast.

Mit zunehmendem Alter werden die Reisen beschwerlicher. Brigitte bleibt in den USA und steht noch länger mit Schwägerin Erika in Briefkontakt.

Brigitte stirbt am 22. Juni 1999 im Alter von 93 Jahren in Seattle.